Kino

The Kinks Die Band, die Olympia krönte

Ray Davies bei seinem Konzert auf der Abschlusszeremonie der Olympischen Spiele 2012.

Ray Davies bei seinem Konzert auf der Abschlusszeremonie der Olympischen Spiele 2012.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bei der Abschlussveranstaltung der Olympischen Spiele tritt ein Mann auf, der Musikgeschichte geschrieben hat: Ray Davies. Seine Band The Kinks hat musikalische Maßstäbe gesetzt und gilt als Vorbild von Britpopbands wie Blur und Pulp. Die Auftritte der Kinks bei der BBC gibt es jetzt in einer Prachtausgabe.

Wer hierzulande den Namen Ray Davies vergessen hatte oder nicht kannte, wurde spätestens bei der Abschlusszeremonie der Olympischen Sommerspiele in London (wieder) hellhörig. Der Mann, der wie kein anderer in den Swinging Sixties die Welt des britischen Durchschnittsbürgers beschrieb und karikierte, steht auf der lichtüberfluteten Bühne und gibt sein unsterbliches "Waterloo Sunset" zum Besten: Solange er aus seinem Fenster den Sonnenuntergang über dem schmutzigen alten Fluss in der Nähe der Waterloo Station beobachten kann, ist er im Paradies. "Waterloo Sunset", das es mit Davies‘ Kinks 1967 nur auf Platz 2 der britischen Charts schaffte.

Ausgerechnet die – durchaus gelungene – Tremeloes-Coverversion von "Silence Is Golden", eines Frühsechzigerhits der US-Gesangsgruppe The Four Seasons hatte sich auf dem obersten Treppchen festgekrallt. Davies‘ anspruchsvolle Eigenkomposition wurde trotzdem unsterblich. In der vorliegenden Ausgabe spielen die Kinks den Song gleich mehrmals. Die beiden schönsten Versionen sind die aus der BBC-Show "Top Gear" 1968 und der "Emma Freud Show" 1994. Klebt die 68er-Fasung sehr am Plattenoriginal, so wurde die aus den 90er Jahren zu einer wunderschönen Unplugged-Ballade.

Kein kommerzieller Erfolg

Der Kinks-Sänger im Jahr 1995 bei einem Auftritt in Cleveland.

Der Kinks-Sänger im Jahr 1995 bei einem Auftritt in Cleveland.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Die Edition bietet einen einzigartigen Überblick über das Schaffen der Band, die neben Beatles, Rolling Stones und Who zu den einflussreichsten Formationen jenes Phänomens wurden, dem die Nordamerikaner halb freudig, halb erschrocken den Namen "British Invasion" gaben. Engländer, Schotten, Iren und Waliser brachten Rock and Roll und Blues dorthin zurück, wo er längst vergessen war. So spielten auch die Kinks auf ihren ersten Platen respektive bei ihren ersten Auftritten in der BBC noch Nummern wie "Cadillac" und "Little Queenie" aus der Feder des Altmeisters Chuck Berry. Schon bald aber überwogen die selbstgeschriebenen Titel, die von den Songs der Urväter des R'n'R und des Blues‘ inspiriert waren. "I Wonder Where My My Is Tonight" lehnt sich rhythmisch an "Everybody Needs Somebody To Love" von Solomon Burke an; inhaltlich geht es wie bei Bo Diddley und vielen anderen Rock and Rollern um ihr Mädchen, das plötzlich verschwunden ist, was dann höchstes Erstaunen auslöst. Ray Davies, der die meisten Songs der Kinks verfasste, meinte Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger, mit seiner Musik die Welt verändern zu müssen. Das ist löblich für einen, der sich selbst als Sozialist sieht. Herausgekommen sind wunderbare Langspielplatten. "The Kinks Are Village Green Preservation Society". Zum Beispiel. Allein: Der nachdenkliche Text kam bei der Mehrheit der Briten nicht an. Die BBC lud die Kinks trotzdem immer wieder zu Liveshows ein. Im Fernsehen wie im Hörfunk. Doch der kommerzielle Erfolg wollte sich nicht einstellen.

"Phobia" floppt

Der Erfolg eines anspruchsvollen Hardrocks à la Deep Purple mag die Kinks dazu bewogen haben, sich auf ähnliche Bahnen zu begeben. Heraus kamen Flops wie 1993 das Album "Phobia", von dem sich auf dieser Edition Auszüge wiederfinden.

Sicher: Ray Davies war der "spiritus rector" der Band, die sich nach dem englischen "kinky", zu gut Deutsch: schrullig oder spleenig, nannte. Doch sein Bruder Dave hat als Leadgitarrist entscheidend zum Erfolg beigetragen. Das Riff des ersten Kinks-Hits "You Really Got Me" spielt er auch bei den Auftritten im britischen Staatsrundfunk wie auf dem Original. Auch als Sänger war der Mann, den Ray im Gespräch mit dem Schreiber dieser Zeilen einmal seufzend "ooh, my brother Dave" nannte, erfolgreich. Sein "Death Of A Clown" wurde 1967 ein Riesenerfolg. Der Song findet sich wie "Susannah Is Still Alive" und "Lincoln County" auf der vorliegenden Edition wieder. Fünf CDs, die ein Genuss sind. Und dann die DVD, auf der die Gruppe mit ihren Rüschenhemden zu sehen ist, mit dem Taschentuch auf der kleinen Trommel von Pete Quaife, Drummer bis 1969 und viel zu früh von dieser Welt gegangen. Auf der Scheibe sind – wie auf den CDs – selbstverständlich auch die Superhits "Lola" und "Apeman" vertreten. Highlights wie "Come Dancing" zeigen eine glückliche Band, die es nach Jahren der Abwesenheit in den Hitparaden 1983 sogar auf den sechsten Platz der US-Charts schaffte. Ihr letzter Hit in den Vereinigten Staaten war 1965 "Tired Of Waiting For You", eine Nummer eins. Auch der Song ist mit von der DVD-Party. Punktum: Lange hat’s bis zu einer Veröffentlichung von BBC-Auftritten der Band gebraucht. Doch was lange währt, wird bekanntlich endlich gut. Ausgezeichnet, um exakt zu sein.

The Kinks At The BBC, Limited Edition Box-Set.

Quelle: ntv.de

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