Tag der selbstgemachten Musik Die Welt feiert die "Fête de la Musique"
21.06.2011, 13:07 Uhr
"Fête de la Musique" - die Welt im Zeichen der Musik.
(Foto: MUTESOUVENIR | KAI BIENERT)
Sie ist ein französischer Exportschlager par excellence: die "Fête de la Musique". Mittlerweile begehen zeitgleich Hunderte Städte auf der ganzen Welt dieses Fest, darunter 22 in Deutschland. Den größten Konzertreigen hierzulande gibt es in Berlin. Allein in der Hauptstadt laden mehr als 100 Bühnen zum Mitfeiern ein. n-tv.de sprach mit der Pressereferentin der Berliner "Fête de la Musique", Ines Schilgen, über Geschichte und Idee der Veranstaltung.
n-tv.de: Musikfestivals gibt es heute viele. Was macht die "Fête de la Musique" zu etwas Besonderem?
Ines Schilgen: Die "Fête de la Musique" ist eigentlich gar kein Festival, weil es in dem Sinn keine Programmmacher gibt, die sich überlegen, was da jetzt auf die Bühne oder die Straße soll. Die "Fête Company", die das in Berlin organisiert, hat vielmehr eine koordinierende Aufgabe. Die Leute sind aufgerufen, das Fest der Musik zu feiern, Bühnen anzumelden oder sich für das akustische Musizieren zu begeistern. Wir organisieren eigentlich nur, dass das Ganze mit den Behörden einvernehmlich geregelt, genehmigt und durchführbar ist, und machen die Öffentlichkeitsarbeit dazu.
In diesem Jahr gibt es in Berlin mehr als 100 Bühnen. Wie lange dauert die Vorbereitung auf dieses Ereignis?
Das nimmt uns etwa ein halbes Jahr in Anspruch. Die Anmeldungen der Bühnen gehen üblicherweise bis Ende Februar ein. Bis dahin haben auch Musiker, die gerne auf einer der Bühnen mitmachen würden, Zeit, sich zu melden. Allerdings können wir oftmals nur einen Bruchteil dieser Musiker an eine der Bühnen vermitteln, da viele Bühnen ihr Programm selbst zusammenstellen.
Eigentlich stammt die "Fête de la Musique" aus Frankreich. Wie kam es dazu?
Die Idee ist 1982 entstanden. Damals war Jack Lang französischer Kulturminister. Sein Ministerium führte eine Erhebung durch, bei der herauskam, dass fünf Millionen Franzosen in der Lage sind, ein Instrument zu spielen oder zu singen. Jack Lang wollte das mal sichtbar machen und rief alle Leute, die musizieren können, auf, für eine halbe Stunde in Paris auf die Straße zu gehen. Ihm war wohl sehr bange, ob das überhaupt jemand mitmacht. Aber, siehe da: Viele sind seinem Aufruf gefolgt. Und sie sind nicht etwa nach einer halben Stunde zurück nach Hause gegangen, sondern auf der Straße geblieben und haben gefeiert. So gesehen ist es der Tag der selbstgemachten Musik.
Wie ist die Idee nach Deutschland herübergeschwappt?
Nach Deutschland kam sie meines Wissens schon 1984 - zunächst nach Hamburg und München. In Berlin war es so, dass 1994 eine Delegation aus Frankreich zu Gast war, die dem Kultursenat davon erzählte. Der Senat fand das wohl eine feine Sache, so dass es die "Fête de la Musique" in Berlin seit 1995 gibt. Aber inzwischen wird dieses Fest tatsächlich auf der ganzen Welt gefeiert, in rund 340 Städten. Das sind Städte wie Chicago, San Francisco und New York oder Osaka in Japan. Aber auch in Südamerika und Afrika wird die "Fête" gefeiert. Sie hat wirklich in der ganzen Welt einen unglaublichen Erfolg - und das überall immer zeitgleich am 21.6.
Allein in Deutschland beteiligen sich mittlerweile 22 Städte. Was sind die Voraussetzungen für die Teilnahme?
Es ist relativ einfach, mit dabei zu sein. Wichtig ist nur, das Reglement, auf das man sich international geeinigt hat, einzuhalten. Dieses besagt, dass der Eintritt frei ist, die Musiker gratis spielen, die Konzerte möglichst frei zugänglich sind, alle Stile erlaubt sind und Profis wie auch Laien mitmachen können. Von daher können auch viele Städte und Gemeinden in Deutschland mitmachen. Die Art und Weise, wie das dann im Einzelnen organisiert ist, kann jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Das kann an ein französisches Kulturinstitut oder - wie in Hanau - an einen Kulturmanagement-Studiengang angekoppelt sein, der die Organisation der "Fête de la Musique" jedes Jahr als Projektarbeit durchführt. Oder es ist eben wie in Berlin, wo das Ganze mit Mitteln des Kultursenats durchgeführt wird.
Teil des Reglements ist also, dass die Musiker gratis auftreten. Verdient sonst jemand etwas an dem Fest?
Nein. Ein Grundmerkmal der "Fête de la Musique" und damit auch ein Unterschied zu anderen großen Festivals ist, dass sie ein nicht-kommerzielles Fest ist. Es geht darum, zu feiern. Indem die Musiker spielen, schenken sie etwas. Und indem das Publikum kommt und Anteil nimmt, schenkt es Aufmerksamkeit zurück. So gesehen ist es ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Die Bühnen, wenn sie größer und aufwändiger sind, kosten natürlich etwas. Die Lichttechnik etwa oder das spätere Aufräumen des Geländes wollen ja bezahlt sein. Diese Kosten trägt im Zweifelsfall der Bühnenbetreiber, was er aber etwa über Sponsoring oder andere Fördermittel regeln kann.
Das Problem bei einem Fest dieser Größe mit mehr als 100 Bühnen ist: Man kann nicht alles sehen. Was raten Sie dem Besucher in Berlin, um den Überblick zu behalten?
Bei über 100 Bühnen ist das inzwischen tatsächlich schwierig. In Berlin gibt es einige Ballungszentren, in denen sich viele Bühnen tummeln - das sind Kreuzberg, Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Am schlauesten wäre es wahrscheinlich, auf unsere Webseite zu gehen. Dort haben wir eine Berlin-Karte, auf der alle Bühnen eingetragen und direkt mit dem Programm verlinkt sind. Es gibt auch eine Version zum Download für Smartphones, so dass man das Programm unterwegs dabeihaben kann. So kann man schauen, wo einen am ehesten auch der Geschmack hintreibt. Es kommt ja nicht zuletzt auch darauf an, was man gerne hören möchte.
Mit Ines Schilgen sprach Volker Probst
Quelle: ntv.de