"Stecht ihr noch Arschgeweihe?" Tätowierer mit Leib und Seele
27.06.2011, 14:46 Uhr
Tattoos sind in letzter Zeit gerne textlastig, wie hier bei Megan Fox.
(Foto: REUTERS)

Schmetterlinge - auch sehr beliebt.
Das ist etwas, was man nicht kaufen kann! Geben Sie's zu, Sie haben eins oder Sie haben schon mal darüber nachgedacht, sich ein Tattoo stechen zu lassen. Rund ein Viertel der deutschen Bevölkerung zwischen Mitte 20 und Mitte 30 soll tätowiert sein - und ein Ende des Trends ist nicht abzusehen.
Wer wissen möchte, wie es bei Tätowierern wirklich zugeht, der sollte sich entweder live in einem Tattoo-Studio umschauen oder, wenn er das nicht schafft oder sich nicht traut, die DVD "12. Internationale Hamburger Tattoo Convention" ansehen. Hier geht es um Hamburg, den Rest der Welt und die Jungs und Mädels mit den flinken Nadeln, die uns Kunstwerke auf beziehungsweise unter die Haut pflastern, die für immer sind.
Fans werden begeistert sein, weil sie wissen, wie familär, rockig, entspannt und kreativ es dort zugeht, Skeptiker werden erstaunt sein, dass ein Tattoo mehr bedeuten kann als ein paar Stiche, die man sich betrunken in Bangkok setzen lassen kann. In der Hansestadt jedenfalls treffen sich in schöner Regelmäßigkeit die besten Tätowierer der Welt und dass die interessante Geschichten zu erzählen haben, kann sich eigentlich jeder denken. Wer Lust hat auf einen Klassiker wie Anker, "I love Mutti" oder Schmetterlinge, erfährt von Frank Krabbenhöft vom Hamburger Tattoo-Studio "Endless Pain" und Veranstalter der Convention seit 17 Jahren, kurz und bündig mehr darüber.
n-tv.de: Erzähl' mal ein bisschen was von der Stimmung auf der Tattoo Convention in Hamburg - warum denkt ihr, ist es dort so außergewöhnlich?
Frank Krabbenhöfft: Wir haben immer versucht, den Spagat zwischen Messe und freundschaftlichem internationalem Treff der Tätowierer hinzulegen - und das ist uns bisher auch gelungen. Wir sind nicht einfach ein Veranstalterteam oder Eventmanagement, sondern Tätowierer mit Haut, Haar, Leib und Seele: Und das spürt man auch. Das ist etwas, was man nicht kaufen kann, das hat man - oder hat man nicht.
Wie wichtig ist es denn, dass das in Hamburg stattfindet?
Hamburg als Hafenstadt war sicherlich die Geburtsstätte der Tätowierung in Deutschland - somit glaube ich, dass hier auch der Geist der Tätowierung am spürbarsten ist und deswegen auch so eine Convention am meisten Sinn oder Spaß macht.
Würde das auch in Braunschweig oder Passau oder Magdeburg so über die Bühne gehen?
Ja - aber anders.
Hat man als Hamburger besondere Verbindungen zu Tattoos? Denkt man mal an die Seefahrt …
Ja, alleine schon durch die geschichtliche Verbundenheit kommt man anders damit in Berührung. Aber das soll nicht heißen, dass man nur hier die Tätowierung zu schätzen weiß. Wir leben und denken ja nunmal viel globaler als früher, und allein schon durch das Internet, Handy, Twitter und Facebook ist die Tätowierung allgegenwärtig.
Jetzt sind Tattoos ja wahrlich keine einzigartigen Merkmale mehr, die nur Seefahrern, besonders Coolen, Maoris oder Harley-Typen zuzuordnen sind. Wie erklärt ihr euch den Boom von Tattoos?
Tattoos waren schon immer ein Teil der Gesellschaft, aber durch die große Medienpräsenz sind sie jetzt einem größeren Publikum zugänglich gemacht worden. Daher auch das gesteigerte Interesse, würde ich sagen. Aber der immer größer werdende Wunsch nach Individualität und "Anders-sein-wollen" ist sicher auch ein Grund für den permanenten Erfolg.
Wer lässt sich denn eines machen?
Kann man gar nicht mehr so genau sagen, das geht durch alle Bevölkerungsschichten.
Was ist der häufigste Beweggrund?
Ich denke, die meisten Leute wollen etwas an ihrem Aussehen verändern. Oder sie wollen mit einem Tattoo zum Ausdruck bringen, dass sich gerade etwas in ihrem Leben verändert hat.
Kennt ihr Leute, die es bereut haben?
Ja, aber aus den unterschiedlichsten Gründen, die ich hier mal lieber nicht näher erläutern will.
Was ist der momentane Trend?
Das geschriebene Wort erfreut sich im Augenblick größter Beliebtheit.
Gibt es ein besonders beliebtes Motiv?
Ja, die All-Time-Favourites sind und bleiben wohl Namen und Sterne.
Würdet ihr zu einem weißen Tattoo raten?
Nein, weil es nie dauerhaft weiß bleibt.
Stecht ihr noch Arschgeweihe? Oder habt ihr Skrupel?
Wir tätowieren nur Bilder, die aus unserer Sicht dauerhaft vertretbar sind.
Fragt ihr auch wirklich immer nach dem Alter der Kunden?
Ja, na selbstverständlich! Das gehört dazu. Wir wollen auf keinen Fall hysterische Eltern im Laden haben.
Welches ist das beliebteste Körperteil für ein Tattoo?
Ganz unspektakulär: Der Oberarm.
Habt ihr euch schonmal "verschrieben"? Und wenn, was dann?
Nein, haben wir nicht. Wir sind immer höchstgradig konzentriert, so dass das unmöglich ist.
Was macht ihr mit Typen, die mit politisch unkorrekten Wünschen kommen?
Ganz einfach: Die lehnen wir ab. Wir wollen unseren guten Ruf nicht auf's Spiel setzen.
Ihr wollt euch mit eurer DVD von Dokus im Fernsehen abheben, warum? Was stört euch an den TV-Dokus? Werden Tattoo-Künstler und Tattoo-Träger dort falsch dargestellt?
Ja, alles ist realitätsverzerrt. Das ist meistens totaler Quatsch und trägt dazu bei, ein falsches Bild der Tätowierer-Szene zu verbreiten.
Was sind die Pläne für die nächste Convention? Wie könnt ihr euch steigern?
Zum Teil bleiben wir natürlich Altbewährtem treu, versuchen aber immer wieder, aktuelle Trends zu berücksichtigen und traditionelle Schwerpunkte zu setzen.
Mit Frank Krabbenhöfft vom Hamburger Tattoo-Studio "Endless Pain" sprach Sabine Oelmann
Die DVD "12. Internationale Hamburger Tattoo Convention" ist am 24.Juni bei RODREC./ Cargo Rec. erschienen
Quelle: ntv.de