Glorreiche Vergangenheit, aber: No Future "The Roots Of Trash & Garage"
23.07.2011, 09:50 UhrVor Jahren, als die Hamburger Wochenschrift "Die Zeit" neues Layout und neuen Inhalt mit dem Werbespot begleitete "Der Kampf gegen die Dummheit hat begonnen!", seufzte ein realistischer Pessimist "Der Kampf ist längst verloren!". Der Mann hat sich geirrt: Gegen diesen Trend stemmt sich ein kleines, aber feines Unternehmen aus dem schwarzwäldischen Ballrechten-Dottingen, das sich – neben vielen anderen nützlichen Dingen – dem Deutschland-Vertrieb des im Südwesten Londons gelegenen New Malden ansässigen Labels "Chrome Dreams" verschrieben hat.
Jetzt hat besagte Firma eine Doppel-CD herausgebracht, deren Erscheinen notwendiger nie war: "The Roots Of Trash & Garage". Vorbemerkt sei, dass der Titel irreführend ist. Es geht weniger um die Wurzeln der ohnehin schwer einzuordnenden Oberbegriffe "Trash", zu gut Deutsch Müll, oder Garagen-Rock. Es sei denn, man heißt den Lennon-Brüller "Money" von "With The Beatles", dem zweiten Album der Fab Four", Trash respektive Garagenrock.
Sei’s drum. Die Edition ist gleichwohl eine Reise in jene Vergangenheit, in welcher alles begann. Los geht’s mit Ma Rainey und ihrem ewiggrünen "See, See Rider". 1925 (!) populär geworden, war der Song den Animals aus dem nordenglischen Newcastle um Leadsänger Eric Burdon immer noch eine Cover-Version wert. Gleiches gilt für das "enfant terrible" des Rock and Roll, Jerry Lee Lewis und viele andere mehr.
Oder nehmen wir Eddie Cochrans "Weekend". Nach Jahren nachgespielt von der leider vergessenen britischen Band "The Move". Oder "She Said Yeah" von Larry Williams, das die Rolling Stones auf Anraten von Beatle Paul McCartney auf ihrer 65er Scheibe "Out Of Our Heads" veröffentlichten. Auch die Animals spielten den Song nach. "(Get Your Kicks On) Route 66" wurde 1946 erstmalig von Nat "King" Cole aufgenommen. Die Stones spielten es 1964, angelehnt an die 61er Einspielung von Chuck Berry, auf ihrer ersten Langspielplatte als Opener. "Good Morning, Little Schoolgirl" von dem als Sonny Boy Williamson bekannt gewordenen John Lee Curtis Williamson und "Smokestack Lightning” von Chester Arthur Burnett, der als Howlin’ Wolf in die Geschichte des Blues einging, inspirierten die englischen Yardbirds.
50 Tracks enthält das Album insgesamt. Wer also wissen will, woher der "Hippy Hippy Shake", eine Nummer zwei der UK Charts von den Swinging Blue Jeans stammt, oder warum die US-amerikanischen Surfinstrumentalisten The Ventures so und nicht anders spielen, sollte sich die beiden Scheiben nicht entgehen lassen. Ob darauf nun die Ursprünge des Trash zu finden sind oder nicht, sie sind eines der besten Mittel gegen heurigen Musikmüll.
Quelle: ntv.de