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Taken By A Mama? Maybe! Unser Song für Lena

In der Hand der Zuschauer: Lena.

In der Hand der Zuschauer: Lena.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Entscheidung rückt unausweichlich näher. Nun liegt es endgültig in der Hand der Zuschauer, mit welchem Lied Lena beim Song Contest in Düsseldorf antreten wird. Zeit also für einen letzten Check.

Aller guten Dinge sind bekanntlich drei - und nicht etwa "five", wie Sarah Knappik meint. Und so fällt dann auch in der dritten Show von "Unser Song für Deutschland" die finale Entscheidung, welches Lied Lena beim Song Contest in Düsseldorf vortragen wird.

Über die zwei vorangegangenen Sendungen, das Auswahlverfahren insgesamt und die angestrebte Titelverteidigung an sich wurde ja schon viel gesagt, geschrieben und geschimpft. Und auch wir werden das alles natürlich noch einmal Revue passieren lassen. Zur richtigen Zeit. Dann nämlich, wenn unser Song für Deutschland gefunden ist und sich der Vorhang über den diesjährigen (Song-)Vorentscheid ein für allemal gesenkt hat. Mit anderen Worten: Liebe Büroleser, Sie sollten ruhig auch mal am Samstag die Nachrichtenseite Ihres Vertrauens aufrufen!

Hier und jetzt jedoch wollen wir ausschließlich einen Blick auf die noch zur Auswahl stehenden sechs Titel werfen. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht jetzt schon unsere(n) Favoriten ausfindig machen könnten! Die Songs in der Einzelkritik:

Maybe

Ohrwurm-Potenzial hat das Ding allemal. Obwohl wir das Lied erst zwei, drei Mal gehört haben, können wir es jetzt schon im Geiste mitsingen: "Maybe you gonna dance with me, maybe yes or maybe not. Maybe, but actually it doesn't really matter a lot." Und das war aus dem Stegreif - isch schwöre! "Maybe" ist wohl der Song im Feld der Finaltitel, der am ehesten als klassischer Popsong durchgeht: Eine hübsche Melodie, ein verdammt eingängiger Refrain, keine Ecken und Kanten. Er ist durchweg radiotauglich und Hitparaden-verdächtig. Das klingt auf der einen Seite gut, birgt auf der anderen allerdings die große Gefahr, im Wust ähnlich gelagerter Beiträge in Düsseldorf unterzugehen. Geschrieben haben das Lied die Berliner Jungs Daniel Schaub und Pär Lammers, denen der Coup geglückt ist, gleich mit zwei Stücken ins Finale von "Unser Song für Deutschland" einzuziehen - neben "Maybe" auch mit …

Push Forward

Hätte eine Ballade wirklich keine Chance in Düsseldorf?

Hätte eine Ballade wirklich keine Chance in Düsseldorf?

(Foto: dapd)

Es ist die einzige Ballade, die zur Auswahl steht. Stefan Raab äußerte genau die Befürchtung, die uns bei "Maybe" umtreibt - dass "Push Forward" zwischen all den ukrainischen Kettensägen und Schneidbrennern beim Song Contest ins Hintertreffen geraten könnte. Andererseits: Lena läuft gerade bei Herz-Schmerz-Stücken auf der Bühne zu Hochform auf. So lieferte sie schon bei "Unser Star für Oslo" im vergangenen Jahr mit "Mr. Curiosity" von Jason Mraz einen ihrer stärksten Auftritte. Und: "Push Forward" hat durchaus Gänsehaut-Potenzial. Obendrein würde damit dem europäischen Song-Contest-Publikum nach dem beschwingten "Satellite" eine ganz andere Seite von Lena gezeigt. Vielleicht fällt den Zuschauern dann ja gar nicht auf, dass wir zwei Jahre hintereinander mit der selben Interpretin an den Start gehen …

A Million And One

Die Sache mit "A Million And One" entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn tatsächlich entspricht das Lied von Machart und Songstruktur am meisten den Stücken moderner Singer-Songwriter wie Kate Nash oder Lisa Mitchell, denen Lena nicht zuletzt ihren Erfolg im Vorentscheid des vergangenen Jahres zu verdanken hatte. Zugleich aber ist "A Million And One" aus der Feder der Mousse-T.-Kumpel Errol Rennalls und Stavros Ioannou wohl der schwächste Finalbeitrag. Irgendwie plätschert das Lied vor sich hin, als könne es sich nicht entscheiden, ob es ein Popsong oder - mit seinen Zupfklängen - doch eher die musikalische Untermalung einer Ballettstunde sein will. Darüber schwebt Lenas elfenhafter Gesang. Das Problem ist nur: Lena ist keine Elfe, alter Finne.

What Happened To Me

Das Lied, das Lena besonders am Herzen liegt. Deshalb, weil sie selbst die Grundidee zu ihm beigesteuert und an ihrer Ausarbeitung mitgewirkt hat. So heißt es jedenfalls offiziell. In der Endfassung aber klingt "What Happened To Me" vor allem nach einem: Stefan Raab. Die für den songschreibenden Entertainer typischen funky, souly, seventy Sounds triefen aus jeder Pore - wie auch beim zweiten Finalsong, der aus Raabs Feder stammt, …

Mama Told Me

Darum lassen sich die beiden Lieder an dieser Stelle wunderbar zusammenfassen. Dabei schlägt "Mama Told Me" im direkten Vergleich "What Happened To Me" um Längen. Das liegt nicht nur daran, dass "Mama Told Me" einem die geballte Power seiner Bläser ins Gesicht streckt und deutlich mehr groovt als der von seiner Instrumentierung doch arg an Schlaghosen-Disco erinnernde andere Raab-Song. Das liegt auch an der Performance. Bei "Mama Told Me" passierte mal so richtig was auf der Bühne zwischen Lena und ihren Background-Girls. Das kam nicht nur beim Studiopublikum der zweiten Show von "Unser Song für Deutschland" sicht- und hörbar gut an, sondern schwappte auch bis zu uns ins Wohnzimmer herüber.

"Mama Told Me" - da geht was.

"Mama Told Me" - da geht was.

(Foto: picture alliance / dpa)

Trotzdem: Ein Kumpel von uns fragte neulich, ob "Mama Told Me" eigentlich "Wadde Hadde Dudde Da" mit neuem Text sei. Und ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Als Komponist erweist sich Raab leider als weit weniger einfallsreich als in seinem Job als Entertainer. Das ist aus mindestens drei Gründen ärgerlich. Erstens, weil Raab keine Scheu hatte, gleich drei seiner Songs ins Rennen zu schicken. Unter den ursprünglich einmal zwölf zur Wahl stehenden Liedern befand sich mit "That Again" ja sogar noch ein weiteres Werk von ihm. Zweitens, weil man den Eindruck hat, dass Raab Lena sein favorisiertes Soundkorsett geradezu überstülpt. Mit den musikalischen Vorlieben der Hannoveranerin zu Zeiten von "Unser Star für Oslo" hat das jedenfalls nicht allzu viel zu tun. Und drittens, weil der von Raab bevorzugt kreierte Funky-Sound einfach nicht hip und zeitgemäß ist. Der 44-Jährige muss aufpassen, dass er sich hier nicht zu viel von Ralph Siegel abguckt, der wahrscheinlich "Ein bisschen Frieden" auch noch immer für einen Kracher hält.

Taken By A Stranger

Genau das, was Raabs Lieder vermissen lassen, bringt "Taken By A Stranger" mit. Der Song ist cool, trendy und hat das gewisse Etwas. Ein Stück weit erklärt sich das, wenn man einen Blick auf seine Autoren - Nicole Morier, Gus Seyffert und Monica Birkenes - wirft. So schrieb Morier etwa schon für Britney Spears, und Seyffert arbeitete unter anderem mit The Bird And The Bee zusammen. Ja, genau jenes Duo, von dem Lena damals bei "Unser Star für Oslo" das Lied "Diamond Dave" zum Besten gab. Eben deshalb, weil "Taken By A Stranger" neu und anders klingt, avancierte das Stück in der ersten Show von "Unser Song für Deutschland" zum Publikumsliebling. Stellt sich nur die Frage, ob auch das gesamteuropäische Song-Contest-Publikum bis in den letzten Winkel Albaniens reif dafür ist. Einen Test wäre das allemal wert. Zum einen, weil man sich mit dem Song in Düsseldorf ganz und gar nicht zu schämen bräuchte. Zum anderen, weil man im Falle des von ja so vielen prophezeiten Lena-Flops die Schuld getrost auf dem Lied abladen könnte. Hey, wir waren cool, aber die Welt dafür noch nicht bereit.

Und was folgt daraus?

Somit - täterätä - ergeben sich Fazit und Prognose wie folgt: Unsere Favoriten heißen - in aufsteigender Reihenfolge - "Push Forward", "Mama Told Me" und "Taken By A Stranger". Wenn Lena einen guten Tag erwischt, kann sie es mit "Push Forward" allen Unkenrufen zum Trotz in Düsseldorf ziemlich weit nach vorne schaffen. "Mama Told Me" ist eine relativ sichere Bank. Song und Auftritt sind so schmissig, dass man damit zumindest nicht komplett abschmieren dürfte. Für einen Platz im Mittelfeld dürfte das auf jeden Fall reichen, aber wohl kaum für den Sieg. "Taken By A Stranger" indes ist volles Risiko. Beim Song-Contest-Publikum weiß man bekanntlich nie so ganz genau, wo man dran ist. Und so könnte es damit genauso voll in die Hose gehen, wie es die scheinbar unmögliche Titelverteidigung möglich machen könnte. Man darf gespannt sein, wie risikofreudig die deutschen TV-Zuschauer sind.

Quelle: ntv.de

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