Muss man gehört haben Der unglaubliche Herr Grohl
04.11.2014, 15:12 Uhr
Dave Grohl - für immer ein Fighter auf allen Kanälen.
(Foto: imago stock&people)
Drummer sitzen hinten, drummen und das war's? Nicht Dave Grohl. Seit dem Ende von Nirvana tut er sich als umtriebiger Multitasker hervor. Zum Erscheinen des neuen Foo-Fighters-Albums "Sonic Highways" ein Blick auf sein opulentes Oeuvre.
Sein erstes Konzert ist eines der US-Band Naked Raygun, Dave Grohl ist gerade einmal Teenager, liebt Punkrock und ist sofort gebannt. Der Sound jener wenig bekannten Kultband zeichnet in Sachen Stilmittel Grohls Weg fast schon vor. Vordergründig bratzen die Chicagoer, in ihrem Gencode befindet sich jedoch auch die Pop-DNA der Großkopferten vom Schlage Beatles, The Who et al. Eine Soundformel also, die auch Dave Grohls Output durchweg ausmacht.
Für größeres Aufsehen sorgt der am 14. Januar 1969 in Warren, Ohio, geborene David Eric Grohl als Drummer der Washingtoner Hardcore-Combo Scream um 1990 herum. Sein unglaublicher Punch - sein Vorbild ist nicht von ungefähr LedZep-Drummer John Bonham - bleibt auch Kurt Cobain nicht verborgen. Dessen Band Nirvana hat zunächst Chad Channing auf dem Drumhocker, ihm folgt kurzzeitig Mudhoneys Dan Peters, die kurze, goldene Ära der Seattle-Band komplettiert schließlich Dave Grohl.
Fluch des Ruhms
Nachdem "Nevermind" (1991) mal eben den Rockkosmos auf links krempelt, versuchen Cobain, Novoselic und Grohl mit dem Nachfolger "In Utero" (1993) ihre Vorstellung von Punkrock wieder geradezurücken. Hatte Butch Vig Songs wie "Smells like Teen Spirit" auf ein Pop-Fundament gestellt, sollte Steve Albini nun wieder dem naturgegebenen, rotzigen Sound die Tür öffnen. Der Plan geht auf, der Erfolg lässt sich jedoch nicht vertreiben, allein in den USA geht das Album fünf Millionen Mal über die Ladentheke. Für Cobain ist das Ganze nicht mehr auszuhalten. Der Sänger und Songwriter erschießt sich im April 1994.
Dave Grohl verarbeitet den Schock auf seine Weise. Aus den Songs eines alten Demotapes entsteht das Debüt der Foo Fighters, das 1995 erscheint. Grohl trommelt, spielt Gitarre und Bass, singt dazu auch noch. Erst im Anschluss an die Aufnahmen stellt er seine Band zusammen, der Auftakt zu einer fast beispiellosen Karriere. Seine Matura legt er mit dem Nachfolger "The Colour & the Shape" (1997) ab, das mit dem Kracher "Monkeywrench" und vor allem dem atmosphärischen "Everlong" bereits Klassikerformat hat.
Und diesen Weg gehen die Foo Fighters relativ unbeirrt weiter. Mit "There's nothing left to lose" (1999) wird die Band radiotauglicher, "Learn to Fly" erhält, ebenso wie das Album, einen Grammy für das beste Video. Überhaupt werden Clips zur unterhaltsamen Spielwiese des extrovertierten Multitalents. "Big Me" verulkt die Mentos-Werbung, in "Learn to Fly" spielt Grohl diverse Rollen vom bezopften Girlie bis zum dämlichen Flugkapitän und im verwackelten Clip zu "Low" demonstriert er zusammen mit Kumpel Jack Black, was man angeschiggert im Motelzimmer alles anstellen kann. Im legendären "White Limo"-Video verdingt sich gar Motörheads Lemmy Kilmister als Chauffeur.
Dave auf allen Kanälen
Nicht das einzige Mal, dass sich die Wege der beiden kreuzen. Für sein Projekt Probot, einer Allstars-Compilation mit den Lieblingsmusikern Grohls, spielt Lemmy den Song "Shake Your Blood" ein. So wie das Probot-Projekt geraten immer wieder auch Nebenprojekte zu echten Herzensangelegenheiten. Für Killing Joke, deren "Eighties"-Bassline Nirvana einst für "Come as you are" klauten, trommelt er ein ganzes Album ein, bei den Queens of the Stone Age fungiert er als Interims-Drummer und mit deren Kopf Josh Homme und LedZep-Bassist John Paul Jones gründet er die Supergroup Them Crooked Vultures.
Als wäre das alles nicht genug, hat Grohl zuletzt sein Portfolio auch um das Filmformat erweitert. Zur Entstehung von "Wasted Light" (2011) hat er sich von einem Filmteam ganz tief in die Karten schauen lassen. Neben dem gleichnamigen Film zum Album macht er jedoch vor allem mit "Sound City" (2013) von sich reden. Der Film setzt nicht nur dem legendären Studio in Los Angeles ein Denkmal, sondern bringt Grohl auch auf die Idee, wie man das nächste Album der Foo Fighters konzeptionell angehen kann.
Das Ergebnis kann man jetzt via "Sonic Highways" hören, sehen, erleben: Zum gleichnamigen Album, das am 10. November erscheint, zeigen HBO, die BBC und spiegelgeschichte.tv die dazugehörige TV-Serie: acht Teile, acht Musikstudios und ihre Geschichte, jeweils ein Song der Foo Fighters, der in dem jeweiligen Studio unter der Ägide von Butch Vig entsteht. Ein opulenter, zuweilen vielleicht etwas pathetischer, immer jedoch höchst unterhaltsamer Bilderbogen über die Geschichte der US-Musik und darüber, wie Dave Grohl sich darin seinen Platz erspielt hat. Man darf jetzt schon gespannt sein, was das Ideen-Füllhorn des vollbärtigen Mattenträgers als Nächstes hervorbringt.
"Sonic Highways" von den Foo Fighters erscheint am 10. November - bei Amazon bestellen
Quelle: ntv.de