Musik

Mozarts atonale Impulse Hélène Grimaud modernisiert und brilliert

(Foto: Mat Henneck)

(Foto: Mat Henneck)

Mit ihrem neuen Album "Resonance" lädt die französische Pianistin Hélène Grimaud Klassikliebhaber zu einer musikalischen Forschungsreise. Was verbindet Mozart, Berg, Liszt und Bartók? Mehr als gemeinhin angenommen.

Wer bei Instantkaffee zur Entspannung leichte Klavierkost hören will, hat die falsche CD ausgewählt: Das neue Album "Resonances" von Hélène Grimaud gehört nicht zu den leicht löslichen Geschmackserlebnissen, denn die französische Pianistin lädt zu einem ausgesprochen eigenwilligen Streifzug durch die Musikwelt der Donauregion ein.

Dabei geht es Grimaud in erster Linie um Alban Bergs Sonata op. 1, von der sie seit ihrer Kindheit fasziniert ist. Gezielt erkundet sie die Verbindungslinien zu berühmten Vorläufern und Zeitgenossen des Schönberg-Schülers. "Ein Stück mit der Opusnummer 1", so Hélène Grimaud, "das muss also ein Jugendwerk sein, denkt man. Doch in Wahrheit ist die Sonate die perfekte Inkarnation dessen, was Berg der Welt bringen konnte. Äußerster Ausdruck, der, wie es scheint, direkt aus der Seele kommt, der keine Berechnung kennt – und doch ein Stück von unfassbar klarer Struktur."

Helene_Grimaud_Album_Resonances_Cover.jpg

Die anspruchsvolle Erkundungsreise beginnt rasant mit Mozarts berühmter Klaviersonate No. 8. Die Pianistin spielt sie so ungewohnt schnell, dass man sich – Instantkaffee hin oder her - nach etwas weniger Virtuosität und mehr Habsburger Kaffeehausgemütlichkeit sehnt. Aber gerade durch diese abenteuerliche Geschwindigkeit erhält die Sonate eine Modernität und innere Unruhe, die sie erstaunlich nah an Alban Bergs atonales Werk heranrückt.

Neue Sicht auf Bekanntes

Das entscheidende Bindeglied zwischen Mozart und Berg sieht Grimaud offenbar in Franz Liszt. Bei den Kompositionen des Paganinis auf dem Klavier kommt ihre enorme technische Brillanz besonders zur Geltung. Von hier führen die "Resonanzen" schließlich im Sinne eines Mitschwingens und Nachhalls wie selbstverständlich zu den Tänzen des Berg-Zeitgenossen Béla Bartók.

Gelegentlich wirkt die Herausarbeitung von Ähnlichkeiten zwischen den Großen der österreichisch-ungarischen Klassik, beziehungsweise klassischen Moderne, ein wenig gewollt. Dennoch bieten sowohl Grimauds Interpretationen als auch die Programmauswahl ohne Zweifel eine neue Sicht auf scheinbar Altbekanntes und stellen Zusammenhänge her, die so bislang nur selten zu hören waren.

Bei einer guten Wiener Melange und mit ein wenig Sinn für die Grundidee ist die CD ein Genuss.

 

Hélène Grimaud, "Resonances" (Deutsche Grammophon/15.10.2010)

 

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen