Musik

Perlen aus dem Archiv Johnny Cash, Jäger und Sammler

Wir haben noch lange nicht alles gehört von Johnny Cash.

Wir haben noch lange nicht alles gehört von Johnny Cash.

Braucht die Welt ein neues Johnny-Cash-Album? Oh ja, und wie! Im Zeitalter von überproduzierten Retorten-Beats und drangsalierenden Autotune-Exzessen bohrt der "Man In Black" sich wieder in unser Gehör. Schön, dass du wieder da bist, Johnny!

Erst vor kurzem enthüllte John Carter Cash, der heute 44-jährige Sohn des legendären "Man In Black", dass noch jede Menge unveröffentlichte Songs seines Vaters in den heimischen Archiven der Familie schlummern. Man könne alleine aus den Rick-Rubin-Sessions noch mehre Box-Sets zusammenbasteln, so der Sänger, Songwriter und Musikproduzent: "Meine Mutter (June Carter) und mein Vater haben alles gesammelt und aufgehoben. Bilder, Zeitungsauschnitte und massenhaft 8-Spur-Bänder: Im Hause Cash ging nichts verloren", sagt John Carter. Allerdings sei nicht alles für die Nachwelt bestimmt.

Wunderbares Gespann: Johnny und seine große Liebe June.

Wunderbares Gespann: Johnny und seine große Liebe June.

(Foto: AP)

Nur um die bereits zum Bersten gefüllte Familienkasse weiter aufzufüllen, werde kein verschollenes Cash-Juwel ausgegraben. Es müsse schon Sinn ergeben und dem Denkmal seines Vaters einen neuen Anstrich verpassen, so wie beispielsweise ein Aufnahme-Marathon aus den frühen achtziger Jahren, der dieser Tage unter dem Titel "Out Among The Stars" erstmals das Licht der Welt erblickt.

Ein glücklicher Mann

Die Rede ist von insgesamt zwölf Songs plus einer von Elvis Costello aufgepeppten Nachbearbeitung, die in einer Zeit entstanden, als sich Johnny Cash, trotz der industriellen Degradierung des Country-Genres, auf dem Höhepunkt seines Schaffens befand. Die Welt um ihn herum rauschte im Schnelltempo an ihm vorbei. Mit archaischen Prärie-Sounds war kaum noch Gewinn einzufahren. Johnny Cash war das egal. Er war ein glücklicher Mann, der seine Musik mehr lebte und liebte als je zuvor. Den Beweis dafür liefert bereits der eröffnende Titeltrack, der den Hörer in beschwingte Whiskey-getränkte Tennessee-Welten entführt. Inmitten sofort ins Ohr gehender Cowboy-Chord-Strukturen präsentiert sich Cashs Organ wie der Fels in der Brandung, der jeder aufschäumenden Welle mit einem süffigen Grinsen gegenübersteht.

Klänge aus dem Garten Cash

Ja, Johnny Cash konnte auch lächeln.

Ja, Johnny Cash konnte auch lächeln.

(Foto: Associated Press)

Wie kein Zweiter suhlt sich der Sänger im Anschluss in selbstironischem Sarkasmus und bitterbösem Humor. Zwischen dem Stinkefinger-Rockabilly seiner Sun-Records-Jahre und den zart gezupften Klängen, die sich Sonntag nachmittags vom Garten des Cash-Anwesens in Hendersonville, Tennessee gen Himmel ausbreiteten, gräbt Cash ein schützendes musikalisches Schlupfloch für Keyboard- und Stromgitarren-Allergiker. An seiner Seite lächeln seine Ehefrau June Carter ("Baby Ride Easy", "Don’t You Think It's Come Our Time") und Outlaw-Kompagnon Waylond Jennings ("I'm Moving On") vergnügt und voller Leben um die Wette.

Es ist vor allem Cashs energiegeladene und hörbar von einer ungewohnt lebensbejahenden Aura ummantelte Stimme, die Songs wie "She Used To Love Me A Lot" oder die aufwühlende Freitodballade "I Drove Her Out Of My Mind" zum Prädikat "besonders wertvoll" verhelfen und jeden Cowboyhut-tragenden Neuzeit-Songwriter auf die Knie sinken lassen.

Natürlich werden dieser Tage auch wieder Stimmen laut werden, die den Sinn und die Daseinsberechtigung eines "neuen" Johnny-Cash-Albums infrage stellen werden. Auch sein Sohn wurde in den vergangenen Wochen des Öfteren von Kritikern und Zweiflern zur Seite genommen. Doch wer würde schon einen unbekannten Van Gogh auf dem Dachboden verrotten lassen, so John Carter. Eine Antwort, bei der sich selbst dickste Fragezeichen in Luft auflösen.

Quelle: ntv.de

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