Musik

Verdammt, er singt wieder Matthias Reim preist die Leichtigkeit

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Am Anfang reden wir über Kontaktlinsen. Ständig Brille tragen, das ist nichts für Matthias Reim. Und die Altersweitsichtigkeit ist kein Thema, an dem man allzulange festhalten sollte. Er kann alles wieder sehen mit den neuen Kontaktlinsen, die "sein Leben gerettet haben". Und außerdem redet er lieber über Neues. Sein neues Album zum Beispiel oder seine Tour. Darüber hat Matthias Reim mit n-tv.de ausführlich in Berlin - der für ihn geilsten Stadt der Welt - gesprochen.

n-tv.de: Warum lieben Sie Berlin denn so sehr?

Matthias Reim: Ich habe hier mal zwei Jahre gewohnt, und immer wenn ich wieder da bin, dann sauge ich die Atmosphäre auf. Ich muss nur durch die Straßen gehen, und schon fühle ich mich wohl. In Clubs und Bars bin ich ja gar nicht mehr, aber es ist einfach ein tolles Gefühl, hier zu sein. Und ich habe hier die tollsten Konzerte gegeben, aus meiner Sicht. Ja, das ist meine Stadt.

Und warum wohnen Sie dann nicht hier?

Weil es in Radolfzell am Bodensee auch sehr schön ist (grinst).

Alles klar. Jetzt aber zur Musik. Oder nein, eine Frage noch zu Ihrem bisherigen Leben, wenn ich darf. Darf man Sie noch auf all die alten Kamellen ansprechen, oder sagen Sie: Nee, jetzt ist auch mal Schluss?

Wieder da!

Wieder da!

(Foto: picture alliance / dpa)

Du meinst meine Insolvenz? Darüber habe ich tatsächlich genug geredet. Das hat ja jeder mitgekriegt. Ich formuliere das jetzt anders: "Ich hatte mal schwere Zeiten, da muss man durch, fertig, aus." Und dann geht das auch. Es ist kein Geheimnis, aber diese Zeit liegt nun zum Glück hinter mir.

Gut, dann ein anderes Thema.

Das Einzige, worüber ich wirklich nicht sprechen möchte, ist mein Beziehungsstatus.

Wollte ich gar nicht nach fragen ...

Gut ... (lacht)

Ich wollte eigentlich wissen, was einem hilft, wenn man eine harte Zeit hat oder hatte. Egal ob Geld oder Beziehung, was macht einen dann wieder glücklich, wenn was in die Hose gegangen ist?

Arbeit! Nach einer Trennung kannst du jede Emotion in einem Song verarbeiten. Ich habe mir quasi einen Protagonisten für Emotionen genommen ...

... um sich von sich selbst zu entfernen?

Ja, und den habe ich durch ein paar Szenen geschickt. Da kommen dann die besten, gefühlsvollsten Zeilen bei raus. Ich kann dann in meiner Fantasie sowohl derjenige sein, dem was angetan wird, aber auch derjenige, der aktiv einem anderen weh tut. Ich bin ja auch nicht der Einzige, der mal Liebeskummer hatte oder dessen Beziehung gescheitert ist.

Und in diesem Zustand der Traurigkeit sind Sie dann kreativer, nehme ich an.

Ja. Wenn man frei und glücklich ist, dann hat man andere Sachen im Kopf als zu arbeiten. Und für mich ist die Arbeit Therapie. Ich finde, wenn man gerade in einem Zustand der Nachdenklichkeit ist, dann ist der Kopf viel offener.

Jetzt ist Ihr Album fertig - sind Sie durchtherapiert?

Noch nicht. Ich produziere aber gerade zwei andere Künstler, die dasselbe erleiden. (lacht)

Ihr Album ist sehr gefühlvoll. Wenig Sha-la-la-la-la, mehr Herz.

Ja, das sind die Geschichten, die du erzählen musst. Also ich würde auch was über den kaputten Motor auf meinem Boot schreiben, aber das will ja keiner hören.

Das Album heißt ja auch "Die Leichtigkeit des Seins" - was macht diese Leichtigkeit denn für Sie aus?

Wenn man sie endlich findet. Das sind die Momente, für die es sich zu leben lohnt.

Finden Sie die Momente auch manchmal mit Ihren Kindern?

Auf Tour!

Auf Tour!

(Foto: picture alliance / dpa)

Naja, (lacht) eher nicht. Das sind so Momente, die nur dir selbst gehören, die ich damit meine. Die dich spüren lassen, dass du lebst. Das sind kurze Momente, und oft gibt's die auch nicht, aber man ist süchtig danach. Das ist das, was wir suchen. Momente, wie wenn man sich gerade verliebt oder ein besonders tolles Konzert gegeben hat oder seinen Motorradführerschein bestanden hat, das meine ich. Und wenn das dann vorbei ist, dann giert man dem nächsten Moment entgegen.

Ihr Song "1000 Mal" - eine Reminiszenz an "1000 Mal berührt"?

Ja, oder "1000 Mal belogen", man spielt eben gerne mit diesen Wörtern. 

Haben Sie Vorbilder?

Ja, eins, das mich dazu gebracht hat, deutsche Musik zu machen: Udo Lindenberg. Der war für mich eine Offenbarung, da war ich 16 oder 17 Jahre und ich wollte unbedingt Musik machen, aber nicht so wie Tony Marshall (lacht). Und dann kam Udo - und ich war fassungslos. Ohne den wäre ich nicht hier.

Würden Sie denn noch auf Englisch singen wollen?

Nö. Im Deutschen kann ich mich ausdrücken. Das geht nur so, denn mein Publikum fühlt, denkt und verarbeitet deutsch, so wie ich. Und die Texte sind ein großer Teil des Erfolges meiner Songs, deswegen funktionieren sie. Meine Fans sagen mir oft: "Du erzählst meine Geschichte!"

Sind Sie gern allein?

Nein. Ich brauche zwar Momente, in denen ich alleine bin, um etwas zu verarbeiten. Eine halbe Stunde Ruhe. Aber das einsame Allein, das mag ich nicht.

Ein Song wie "Ich sterbe nicht daran" - machen Sie sich damit selbst Mut?

Natürlich! Natürlich! Das muss man manchmal. Nach einer Beziehung sieht man oft nur das Schlechte. Aber das kann ja gar nicht sein, denn es war ja auch mal eine schöne Zeit. Die Erkenntnis, dass man jemanden vermisst, ist dann okay, wenn man sich klar macht, dass etwas Neues kommen wird. Und: Daran stirbt man nicht.

Und was macht man, wenn man merkt, dass die Liebe verschwindet?

Meist kriegt man das gar nicht mit. Am Anfang nimmt man sich doch alles vor. Man will miteinander reden, immer, und sagt sich: Die Fehler vom letzten Mal mache ich nicht wieder. Aber das klappt ja doch nicht.

Das klingt aber frustrierend ...

Na klar, aber so ist es doch. Sich zu trennen ist blöd, man verabschiedet sich von so viel Gutem und Liebgewordenem ... Ich kann schlecht darüber reden. Ehrlich, ich schreibe darüber, und dann singe ich, das geht besser.

Mit Matthias Reim sprach Sabine Oelmann.

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Die aktuellen Tournee-Daten von Matthias Reim.

Quelle: ntv.de

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