Ein Blick in die Zukunft der Menschheit "Dredd": Zeit zu vollstrecken!
13.05.2013, 07:08 Uhr
Mit ihm ist nicht zu spaßen: Dredd.
(Foto: Universum Film)
Amerika ist verstrahltes post-apokalyptisches Ödland. Mitten darin liegt eine Stadt. Ein Moloch, in dessen Ruinen der alten Welt und in den Mega-Bauten der neuen Welt hausen 800 Millionen Menschen. Die Angst regiert. Angst vor Verbrechen, Chaos und Tod. Nur eine Instanz sorgt für Ordnung und Gerechtigkeit - und deren Speerspitze ist Dredd. Willkommen in seiner Welt.

Ein Blick auf Metropolis: Kein guter Platz zum Leben, eher ein guter Ort, um zu sterben.
(Foto: Universum Film)
Irgendwann in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft: Amerika ist verstrahlt. Das Leben hat sich in Mega Cities zurückgezogen. Mega City One erstreckt sich über die gesamte ehemalige Ostküste der USA. Hunderte Millionen Menschen fristen dort ihr Dasein. Außerhalb der Stadtgrenzen nur verstrahlte Ödnis, Wüste. Innerhalb der Stadtgrenzen Kriminalität, Chaos, Mord. Der Tod lauert überall: auf den Mega-Highways oder in den Mega-Blocks. Hochhaus-Komplexe, so groß wie heutige Städte. In Mega City One werden jede Minute zwölf schwere Verbrechen gemeldet, mehr als 17.000 am Tag. Es gibt nur eine Instanz, die für Recht und Ordnung sorgt: der Justizpalast und seine Judges. Aber sie können nur auf sechs Prozent aller gemeldeten Verbrechen reagieren. Die Judges verlieren den Kampf um die Stadt.

Anderson: Der typische Judges-Helm beeinträchtigt ihre hellseherischen Fähigkeiten. Deshalb trägt sie keinen.
(Foto: Universum)
Neue Judges sind rar. Es wird daher mit eisernen Gesetzen gebrochen: Auch wenn die Abschlussnote zu niedrig ist, werden neue Judges rekrutiert. Anderson (Olivia Thirlby, "Juno", "Flug 93") ist so ein Rekrut. Allerdings kommt das Okay für sie von ganz oben. Sie wird Dredd (Karl Urban; "Star Trek", "Doom") zugewiesen. Ein voller Tag im praktischen Einsatz. Friss oder stirb. "Lassen Sie sie ins kalte Wasser springen", so die Anweisung. "Das Wasser ist überall kalt", ist Dredds lakonische Antwort. Er weiß: Jeder fünfte Rekrut überlebt den ersten Tag nicht. Egal, ob Mutant oder nicht.
Anderson ist ein Mutant. Sie sieht völlig normal aus. Zwei Arme, zwei Beine, keine Beulen am Kopf oder andere körperlichen Gebrechen. Ihr Verstand macht sie zum Mutanten und zur neuen Waffe des Justizpalastes. Anderson ist Hellseherin. Sie kann in die Gehirne anderer Menschen eindringen, in den Gedanken von Verbrechern lesen wie in einem Buch. Dredd ist das egal. Abschlussnote zu niedrig: "Durchgefallen!" Aber Befehl ist Befehl.
Ein ganz normaler Arbeitstag
Mit wenigen Worten macht Dredd Anderson deren Situation deutlich: "Missachtung eines Befehls deines beurteilenden Offiziers bedeutet automatisch durchgefallen. Falsche Verurteilung bedeutet au tomatisch durchgefallen. Verlust oder Entwendung der Primärwaffe bedeutet automatisch durchgefallen. Bereit, Rekrut? Deine Beurteilung beginnt jetzt!"
Und jetzt heißt: Einsatz in Peach Trees. Einem Mega-Block mit 75.000 Bewohnern. 96 Prozent Arbeitslosenquote, der höchsten Kriminalitätsrate und einem Slum-Bereich, der mehr als 50 Prozent aller Wohnbereiche umfasst. Peach Trees ist ein kriminalitätsverseuchtes Dreckloch, das sich über 200 Stockwerke erstreckt. Aber es ist die Heimat und Schaltzentrale von Ma-Ma (Lena Headey; "300", "Game Of Thrones"). Einst war sie eine der zahllosen Nutten im Block. Doch als ihr Zuhälter ihr das Gesicht aufschlitzt, rächt sie sich. Sie macht ihn kurzerhand erst zur Frau, dann zur Leiche - und übernimmt seine Geschäfte.
Von da an dauert es nicht lange, bis sie das alleinige Sagen in Peach Trees hat. Ihr Motto: Pisst du mir ans Bein, häute ich deins und schneide es ab - aber ganz langsam. Von Peach Trees aus überrollen Ma-Ma und ihr Clan mit einer neuen Droge die ganze Stadt: Slo-Mo. Die Droge suggeriert dem Gehirn, dass alles nur mit einem Prozent der Normalgeschwindigkeit abläuft.
Dredd und Anderson sind in Peach Trees, weil von dort "mehrfache Tötungsdelikte" gemeldet wurden. Die Opfer wurden unter Slo-Mo gesetzt, gehäutet, aus dem zigsten Stock geworden und ihre Leichen dann zur Schau gestellt. Auf gut Deutsch: An ihnen wurde ein Exempel statuiert. Ma-Ma hat an ihnen ein Exempel statuiert, eine Warnung an alle anderen Banden, Bewohner und Judges: Legt euch nicht mit dem Ma-Ma-Clan an!
Doch nun ist Dredd da und schnell hat er einen Verdächtigen geschnappt. Doch die Situation eskaliert. Das Gebäude wird abgeriegelt. Stahlplatten versiegeln es hermetisch, lassen keinen rein - und vor allem: auch keinen raus. Nun heißt es: ein Judge, ein Frischling und ein Verdächtiger auf der einen und Tausende zum Teil bis zu den Zähnen bewaffnete Verbrecher auf der anderen Seite. Mögen die Hatz um Leben und Tod beginnen!
Düster, realistisch, knallhart

"Dredd" ist als 2D- und 3D-Version auf DVD und Blu-ray bei Universum erschienen.
(Foto: Universum Film)
Wow! Wow! Wow! Mal ehrlich: Bei "Dredd" denkt man zuerst unweigerlich an "Judge Dredd" mit Sylvester Stallone. Aber der SciFi-Action-Knaller von 1995 mutet gegen die Neuverfilmung, basierend auf der Comicserie "2000 AD" von Pat Mills aus den 19 70ern wie ein Disney-Kinderfilm an. Der neue "Dredd" ist FSK 18 - und das völlig zu Recht: Kugeln, die in Zeitlupe in Köpfe einschlagen, sie durchpflügen und umrahmt von einer langsam auseinandermäandernden Blutfontäne wieder austreten - das ist nicht jedermanns Sache. Aber mit Hilfe der Aufnahmen von völlig neuen "Phantom"-Kameras, die 4000 Bilder pro Sekunde aufnehmen können, entstehen anmutige, ja fast schon wunderschöne Bilder, deren Tiefe in den Bann ziehen. Gesichter werden zu Landschaften.
Das birgt natürlich die Gefahr der Verharmlosung von Gewalt, von deren Glorifizierung. Bleibt aber gleichzeitig extrem nah an der Comicserie. Das freut die Fans. Auch deshalb, weil es neben Karl Urban, dem typisch wortkargen und knallharten Dredd ("I am the law!") und den beiden weiblichen Protagonisten Ma-Ma und Anderson (die eine ist so böse wie die andere schön ist) noch einen weiteren Hauptdarsteller gibt: Peach Trees.
Der Mega-Block als Heimat für Zehntausende, als Ort der Geburt und des Sterbens, als Zentrum, in dem sich alles abspielt. Peach Trees ist so düster gezeichnet, wie Dredd knallhart ist. Und dennoch ist Peach Trees überaus realistisch. Wenn sich immer mehr Menschen auf immer weniger Wohnraum drängen, sind diese Mega-Blocks der logische Schluss. Und wie "The Raid" oder "Banlieue 13" schon gezeigt haben, auch bereits filmisch treffend aufgegriffen worden.
"Dredd" des Regisseurs Pete Travis ("8 Blickwinkel") ist ein SciFi-Action-Reißer, absolut auf der Höhe der Zeit oder dieser sogar voraus - egal, ob in 2D oder 3D. Er macht Spaß, ist bildgewaltig und lässt es aber mal so richtig krachen. Ein Tipp noch an all jene, deren Wohnzimmer dünne Wände haben und deren Nachbarn hellhörig sind: Fernseher oder Home-Cinema-System voll aufdrehen. Dredd würde sagen: "Zeit zu vollstrecken!"
Quelle: ntv.de