Kino

Terror auf der Leinwand Tom Hanks ist "Captain Phillips"

Fast als wäre es real: der Kapitän der "Maersk Alabama" (Tom Hanks) in der Gewalt von Piraten.

Fast als wäre es real: der Kapitän der "Maersk Alabama" (Tom Hanks) in der Gewalt von Piraten.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Wer bei Piraten an Mantel- und Degen-Romantik denkt, ist falsch gewickelt. Hollywood hat sich eines realen Piratenangriffs angenommen, der sich vor vier Jahren ereignete - beklemmend, bewegend, brutal und oscarverdächtig.

Wer die Nachrichten einigermaßen kontinuierlich verfolgt, könnte sich daran noch erinnern. Es war im April 2009, als das unter US-Flagge fahrende Containerschiff "Maersk Alabama" vor der somalischen Küste von Piraten aufgebracht wurde. Geladen hatte der Frachter vor allem Lebensmittel im Auftrag der Vereinten Nationen. Doch darum ging es den Angreifern nicht. Sie wollten Geld.

Geld, das die 20-köpfige Besatzung unter ihrem Kapitän Richard Phillips nicht so mir nichts, dir nichts beschaffen konnte. Die Situation an Bord drohte zu eskalieren. Erst als es der Crew gelang, einen der Piraten in ihre Gewalt zu bringen, kam es scheinbar zur Wende. Nun erklärten sich die Angreifer bereit, das Schiff gegen Austausch des Gefangenen in einem Rettungsboot zu verlassen. Doch die Lage spitzte sich abermals zu, als es jetzt wiederum den Angreifern glückte, den Kapitän als Geisel zu nehmen. Zusammen mit Phillips starteten sie zu einer mehrtägigen Irrfahrt in Richtung somalischer Küste. Vom Festland aus wollten sie um Lösegeld feilschen. Doch dorthin durften und sollten sie nicht gelangen. Noch auf hoher See stellten sich ihnen US-Verbände mit der geballten Macht aus Marine, Navy SEALs und FBI entgegen …

Für Hanks ist es eine Paraderolle.

Für Hanks ist es eine Paraderolle.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Es ist eine Geschichte, die geradezu wie gemacht für Hollywood scheint. Jedenfalls seit man in der "Traumfabrik" dazu übergegangen ist, den realen Terror und seine Bekämpfung immer schneller auch auf die Leinwand zu bringen. Steven Spielberg ließ sich für seinen Streifen "München", in dem er die Geiselnahme der israelischen Olympia-Mannschaft 1972 in Deutschland thematisierte, noch ordentlich Zeit - der Film erschien 2005. Zwischen den Anschlägen vom 11. September 2001 und dem Streifen "Flug 93", in dem es um den Aufstand der Passagiere in dem Flugzeug mit Washington als mutmaßlichem Anschlagsziel ging, lagen indes gerade mal fünf Jahre. Und darauf, die Exekution von El-Kaida-Führer Osama Bin Laden in "Zero Dark Thirty" nachzuerleben, mussten Kinobesucher nur noch schlappe eineinhalb Jahre warten.

Von "Bloody Sunday" bis "Flug 93"

Für die cineastische Aufarbeitung des Schicksals von Richard Phillips bedurfte es nun rund viereinhalb Jahre. Grundlage der Verfilmung sind die Erinnerungen des Kapitäns selbst, die er in seinem Buch "Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy SEALs" (Originaltitel: "A Captain's Duty: Somali Pirates, Navy SEALs, and Dangerous Days at Sea") niedergeschrieben hat. Philipps stand auch bei den Dreharbeiten mit Rat und Tat zur Seite - nicht bloß Tom Hanks, der ihn in dem Streifen verkörpert, sondern auch Regisseur Paul Greengrass.

Piratenangriff mit einem Klapperkahn - da ist nichts geschönt.

Piratenangriff mit einem Klapperkahn - da ist nichts geschönt.

(Foto: Sony Pictures Releasing GmbH)

Apropos Greengrass. Als Verantwortlicher für "Die Bourne Verschwörung" und "Das Bourne Ultimatum" hat er sich nicht nur als Experte für fiktionale Agententhriller etabliert. Der Brite scheint sich auch anzuschicken, zu einem regelrechten Spezialisten für die Leinwand-Adaption politischer Konflikte und Terrorereignisse mit realem Hintergrund zu werden. Schon 2002 setzte er sich im gleichnamigen Streifen mit dem nordirischen "Bloody Sunday" auseinander. Es folgten ein Film über einen 1998 verübten Anschlag der "Real IRA" (RIRA) im nordirischen Omagh ("Omagh - Das Attentat") sowie der Thriller "Green Zone", der zumindest lose von den Ausführungen eines Journalisten über das US-Regiment im Irak inspiriert war. Und, ja, Greengrass ist tatsächlich auch exakt der Regisseur, der das Schicksal von "Flug 93" für Hollywood auf die Leinwand bannte. Dies brachte ihm 2007 eine Oscar-Nominierung für die "Beste Regie" ein.

Die Trophäe blieb ihm damals verwehrt - sie ging an Martin Scorsese für "Departed". Umso mehr erscheint es in greifbarer Nähe, dass er nun mit "Captain Phillips" eine neue Chance erhält. Der Film bringt in jedem Fall alles Nötige mit, um zu den Oscar-Favoriten zu gehören - ein packendes Drehbuch, eine authentisch wirkende Inszenierung und einen Tom Hanks in Höchstform, dem die Rolle des Kapitäns wie auf den Leib geschneidert ist. Hanks allerdings hat schon zwei Oscars - für "Philadelphia" und "Forrest Gump".

Vor allem aber punktet der Film, weil er nicht in die Falle von Feindbildern und patriotischer Verklärung tappt. Klar, die Piraten um ihren Anführer Muse (Barkhad Abdi) werden nicht gerade als sympathische Gesellen dargestellt - das waren sie jedoch sicher auch tatsächlich nicht. Ebenso nimmt sich der Streifen aber die Zeit, ein unbeschönigtes Schlaglicht auf ihre Situation und Lebensverhältnisse in Somalia zu werfen. In der Summe ergibt sich so ein hochspannender Hollywood-Thriller mit geradezu dokumentarischer Anmutung. Viel besser lässt sich das nicht auf die Leinwand bringen.

"Captain Phillips" läuft ab sofort in den deutschen Kinos

Quelle: ntv.de

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