Fußfessel wegen "Notlage" gelöst 80-jähriger Triebtäter muss ins Gefängnis
06.10.2015, 16:39 Uhr
Der 80-jährige ehemalige Sicherungsverwahrte schützt beim Prozess sein Gesicht vor der Öffentlichkeit.
(Foto: dpa)
Für das Entfernen seiner Fußfessel muss ein 80-Jähriger ins Gefängnis. Die Justiz stuft den Mann als gefährlichen Sexualstraftäter mit einer "außergewöhnliche Rückfallgeschwindigkeit" ein. Dabei wollte der Mann dem Gericht nur einen Gefallen tun.
Er humpelt, ist fast taub und wird trotz seiner 80 Jahre noch als gefährlicher Serientäter eingestuft: Weil er seine elektronische Fußfessel durchgeschnitten hat, ist ein ehemaliger Sicherungsverwahrter zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden.
Das Amtsgericht Hannover sah es als erwiesen an, dass der Mann, der sein halbes Leben in Gefängnissen verbrachte, am 30. April das Befestigungsband seines Überwachungsgeräts durchtrennt und damit gegen eine Weisung der Führungsaufsicht verstoßen hat.
Der Angeklagte erschien mit gegelten Haaren und Goldkette im Gerichtssaal. Der schwerhörige Rentner machte einen zurückhaltenden, fast schüchternen Eindruck. Zahlreiche psychiatrische Gutachten bescheinigen ihm allerdings eine anhaltende Gefährlichkeit. "Sie haben eine außergewöhnliche Rückfallgeschwindigkeit trotz Ihres Alters und Ihrer Gebrechlichkeit", sagte Richterin Gesine Irskens in ihrer Urteilsbegründung.
35 Jahre in Sicherungsverwahrung
Der Angeklagte verbrachte bis 2011 unter anderem wegen fünffacher Vergewaltigung 35 Jahre in Sicherungsverwahrung. Die Überwachung mit einer elektronischen Fußfessel wurde vor gut einem Jahr angeordnet. 2012 war er als Spanner auf der Damentoilette eines Krankenhauses aufgefallen und hatte dort ein Klappmesser gezückt, als eine Frau ihn stellen wollte. Im selben Jahr belästigte er wiederholt eine Zwölfjährige, wie die Richterin ausführte.
Der 80-Jährige gestand, dass er die Fußfessel abgemacht hatte, um sie dem Gericht zurückzuschicken. "Ich befand mich in einer Notlage", ließ er durch seine Verteidigerin erklären. Sein Hausarzt habe akutes Nierenversagen erkannt und ihn mit Blaulicht ins Krankenhaus bringen lassen. Die Rechtsanwältin erläuterte, ihr Mandant sei davon ausgegangen, dass er in der Klinik sterben werde. Sein Bewährungshelfer sagte als Zeuge aus: "Er wollte mit dem Gerät nicht ins Spital, weil er dann als Sexualverbrecher identifizierbar ist."
Quelle: ntv.de, kpi/dpa