Mailand, Paris, Lagos Die Zukunft kommt aus Afrika
23.08.2024, 19:33 Uhr Artikel anhören
Der afrikanische Markt hat so viel mehr zu bieten als bekannt ist. Gut, wenn sich das ändert.
(Foto: Jolaoso Wasiu Adebayo für Nichole by Haguanna)
Eine Ledermesse in Lagos, für ntv.de endlich mal wieder die Gelegenheit, in Richtung Afrika zu blicken und von Fortschritt zu erzählen. Unsere Gastautorin hat sich dort umgesehen und ist voller positiver Eindrücke.
Ankunft in Lagos: Zum allerersten Mal bin ich in Nigeria. Und egal, wie oft ich reise, das Gefühl, in einem neuen Land anzukommen, das ich noch nie besucht habe, insbesondere auf diesem Kontinent, bereitet mir Gänsehaut. Während ich in der Schlange für mein Visum stehe, beobachte ich alles um mich herum. Am meisten faszinieren mich die Nigerianer, stolze Menschen, die reibungslos einreisen und an mir vorübergehen. Ich bin sehr gespannt darauf, sie in den Straßen, den Restaurants und auf der Messe zu sehen. Ob sie so sind, wie ich es mir vorgestellt habe? Aber das ist eine andere Geschichte.
Ich bin wegen der Lagos Leather Fair hier. Es ist die siebte Ausgabe der Messe, sie überrascht mich unerwartet und positiv. Die Tage vor Ort sind nicht nur beeindruckend, sondern bringen neues Wissen, präsentieren junge Innovatoren und führende Accessoires-Marken, die bereits von den Einheimischen getragen werden. Nigeria ist der sechstgrößte Lederexporteur der Welt, Edel-Marken wie Prada, Gucci und Louis Vuitton beziehen hier ihre Ware und profitieren vom Luxus des nigerianischen Leders.
Vor 2017 gab es in Nigeria keine Plattform, die ausschließlich den Ledergestaltern gewidmet war, obwohl die Branche das Potenzial hatte, das Bruttoinlandsprodukt des Landes erheblich zu steigern. Als dieser Bedarf endlich erkannt wurde, gründete die Inhaberin einer äußerst erfolgreichen, afrikanischen Marke und eine der führenden Modedesignerinnen und Unternehmerinnen, Femi Olayebi, eine Plattform, um das Talent und das Handwerk der nigerianischen Ledergestalter zu präsentieren und zu fördern. Die Initiative zielte darauf ab, Interessengruppen entlang der Wertschöpfungskette - von Designern und Handwerkern über Hersteller bis zu Einzelhändlern – zusammenzubringen, Diskussionen zu fördern und die Branche voranzutreiben.
Globale Präsenz
Die Lagos Leather Fair (LLF) hat sich mittlerweile zur größten Ledermesse in Westafrika entwickelt. Sie hat die Verbraucherwahrnehmung von in Nigeria hergestellten Lederwaren verändert und Designer dazu ermutigt, mehr Exzellenz und Innovation zu erreichen. Die Angebote wurden um Workshops, Meisterklassen und Laufstege erweitert.
In diesem Jahr habe ich eine auf internationaler Ebene hoch angesehene Messe erlebt. Hier präsentieren aufstrebende Top-Marken ihre Geschäftsideen potenziellen Investoren. "Mit dem Fortschreiten des Projekts streben wir eine breitere Vertretung von Ledergestaltern in ganz Afrika an", sagt Olayebi, "und unsere Designer können sich etablieren." Die Gründerin möchte ihre Plattform nutzen, um mehr Unterstützer und Investoren in Afrika und darüber hinaus anzuziehen. "Damit erreichen wir eine noch nie dagewesene Skalierbarkeit und globale Präsenz für afrikanische Ledermarken", ergänzt Olayebi.
Es ist beeindruckend, wie die Qualität der handwerklichen Produktionsverfahren – Weben, Flechten, manuelles Abziehen - über Generationen weitergegeben wurden. Und werden! Die einzigartige Fähigkeit vieler afrikanischer Lederverarbeiter, diese traditionellen Methoden nahtlos mit modernen Fertigungs- und Nähtechniken zu kombinieren, macht ihre Marken zu etwas ganz Besonderem. Es gibt viel Potenzial, aber vor allem haben drei Marken meine Aufmerksamkeit ganz besonders erregt: Denn es sind nicht einfach nur "ein paar weitere Handtaschen", die da herausstechen, sondern ganz besondere Stücke. Außerdem gibt es drei aufstrebende Designerinnen und Designer, auf die man – auch in Europa - achten sollte.
Jedes Stück ein Kunstwerk
Zum einen sind es die "Femi" Handtaschen, von der LLF-Gründerin selbst entworfen, die mit jedem Stück als Kunstwerk betrachtet werden können. Aus feinsten Ledern gefertigt, von klassischen und Vintage-Silhouetten inspiriert, mit handwerklichen Details wie gewickelten Seiten und handgenähten Henkeln und Riemen versehen, prägen sie eine ganz besondere Ästhetik. Lebhafte Farben und der charakteristische Aso-Oke-Stoff, handgewebt von Handwerkern in Südwest-Nigeria, sind weitere Kennzeichen der Marke. Die Designerin legt großen Wert auf Details und akribisches Handwerk, was das Wesen dieser schnell wachsenden afrikanischen Marke definiert.
Dann ist da Zainab Aliyu, Gründerin und Kreativdirektorin von Aaboux, einer stilvollen luxuriösen Leder-Marke, die sich auf die Herstellung von limitierten Statement-Stücken aus exquisitem und ethisch bezogenem Leder spezialisiert hat. Alle Artikel werden in Lagos von hoch qualifizierten Handwerkern der dritten Generation hergestellt. Aaboux verwendet die markentypische stichlose Technik. Aliyu, die 15 Jahre lang als Wirtschaftsprüferin in London tätig war, kehrte mit dem Wunsch in ihre Heimat zurück, eine kreative Reise im Handwerk anzutreten. Sie erkannte das ungenutzte Potenzial in Nigerias Lederindustrie und füllt seither diese Lücke mit ihren innovativen und dennoch zeitlosen Designs.
Luxus und Erschwinglichkeit
Außerdem: Nicole by Haguana. Sie ist eine Handwerkerin mit über 20 Jahren Erfahrung in der Herstellung von maßgeschneiderten Taschen und anderen Designs. Eine ihrer herausragenden Kreationen sind romantisch verzierte Blumentaschen, die Eleganz ausstrahlen und zusätzlichen Schmuck überflüssig machen, da die Taschen selbst ein einziges, modisches Statement sind.
Perelei ist eine vielversprechende junge Designerin, deren innovative Taschen vom Sport inspiriert sind. Mhose richtet sich an modebewusste Frauen und bietet eine Mischung aus Luxus und Erschwinglichkeit. Blarkmate, eine Schuhmarke, konzentriert sich darauf, einfache, leicht zu tragende und dennoch klassische Schuhoptionen anzubieten.
Abflug aus Lagos: Ich kehre zurück nach Hause mit dem Wissen, dass der afrikanische Markt viel zu bieten hat. In Zukunft werden Produkte, die innovativ sind und eine gewisse zeitlose Eleganz ausstrahlen, nicht mehr nur aus Mailand oder Paris kommen, sondern auch vom einzigartigen und anspruchsvollen Kontinent Afrika. Meinem Kontinent - das macht mir Hoffnung.
Waridi Schrobsdorff stammt aus Kenia, war lange Zeit erfolgreich als Model tätig und ist Gründerin und CEO von FA254/ Bridging Africa - Changing Minds. Sie arbeitet als Autorin, Speakerin und Mentorin. Schrobsdorff lebt in Berlin und Nairobi.
Quelle: ntv.de