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Oetker geht essen Veronika, der Spargel wächst …

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Der Spargel klassisch mit Schnitzel und Hollandaise, sehr lecker auf dem Spargelhof Kremmen.

Der Spargel klassisch mit Schnitzel und Hollandaise, sehr lecker auf dem Spargelhof Kremmen.

(Foto: Ivo Suchon)

Der Deutschen liebstes Gemüse hat wieder Saison - denn wenn der Spargel wächst, ist endlich der Frühling da. Viele Spargelbauern sind dazu übergegangen, ihren Spargel direkt auf dem Hof zu servieren. Wie das schmeckt? Unser Restauranttester hat sich durchprobiert.

Ich liebe Spargel. So einfach und so klar kann ich das hier aufschreiben. Ich zähle Ende März die Tage, bis die Bauern in der Umgebung endlich wieder ihre Stände aufbauen und es warm genug ist, dass die weißen Stangen unter der Sonnenfolie ihre Köpfe nach oben recken.

Und wie mir geht es so vielen Deutschen - 64 Prozent der Bundesbürger mögen Spargel, ergab eine Umfrage vor zwei Jahren. So sehr, dass Deutschland wohl das einzige Land ist, in dem es das Gemüse der Könige zur Hauptspeise geschafft hat, Kartoffeln und Sauce dazu, fertig.

Ich erinnere mich noch sehr gut an die Zeit, in der ich als Korrespondent in Frankreich arbeitete. Die Spargel-Sehnsucht war groß, der Schreck im Bistro auch. Schließlich ist der Anbau des Gemüses dank Mindestlohn und Co. in unserem Nachbarland doppelt so teuer. So gibt es Spargel dort nur als Vorspeise, als sündhaft teure Vorspeise wohlgemerkt. In meinem liebsten Restaurant in Paris zahlte ich 28 Euro für - wohlgemerkt - drei Stangen plus eine phantastische Sauce Mousseline. Das ist eine Größenordnung, die Deutsche nur preislich sattmacht.

Aber nun bin ich ja im Frühling wieder im Heimatland der Spargelliebe. Längst ist der Spargel deutsches Kulturgut, schließlich ist er der Frühlingsbote, das untrügliche Zeichen, dass der Winter vorbei ist. Grund genug, um mal zu schauen, wie es den Bauern so geht - und zu kosten, was sie ihren Gästen auf den Teller legen. Denn immer mehr Betriebe haben sich gottlob zur Direktvermarktung entschieden, riesige Gastro-Betriebe inklusive.

Die Spargelhochburgen der Republik

Schrobenhausen, Schwetzingen, die Pfalz, die Lüneburger Heide sind Synonyme für den Spargelanbau, in Brandenburg liegt das Epizentrum in Beelitz, eine Fahrstunde südlich von Berlin. Hier gibt es zwei große Höfe genau an den Feldern, den Erlebnishof Klaistow und Jakobs Hof in Beelitz, das Ganze erinnert mittlerweile an eine Spargelindustrie mit Jahrmarktcharakter, es gibt Hüpfburgen und allerlei Krimskrams, die Hauptgastronomie hat allerdings Fast-Food-Charakter, weil der Spargel vorgewärmt im Kochwasser liegt und die Kartoffeln eher Kantinenniveau haben.

Anders sieht es auf dem romantischen Höfchen in Schäpe aus, eine Viertelstunde entfernt. Hier sitzen die Gäste gemütlich auf altem Kopfsteinpflaster in einem Vierseithof, der verwunschen und lauschig wirkt.

Die Servicekräfte stammen hauptsächlich aus Polen, zur Spargelzeit sind die Höfe immer noch fest in polnischer Hand. Die Bauern setzen seit Jahrzehnten auf die Dienste der zuverlässigen Arbeiter aus dem Nachbarland. Auch hier läuft es perfekt: Der Service ist souverän und schnell, obwohl der Hof an diesem Donnerstag gut besucht ist.

Die Qualität ist überzeugend: Das Schnitzel ist dünn und kross, es kommt aus der Pfanne und nicht aus der Fritteuse. Die Kartoffeln mit Petersilie sind frisch gekocht. Einziges Manko: der Spargel. Die Stangen sind groß und fein, die Aromatik überzeugt. Doch obwohl ich durchaus bissfesten Spargel mag, waren diese Exemplare drei Minuten zu kurz im Wasser, im Kern ist das Gemüse noch hart. Was schade ist, weil der Spargel ja der Hauptgrund ist, hier essen zu gehen.

Einige Tage später versuche ich mein Glück auf dem Hof Oelkers südwestlich von Hamburg. Auch hier ist es eine riesige Anlage, das sonntägliche Spargelessen wird besonders für die Familien zelebriert, mit großen Spielplätzen und einer schönen Sommerterrasse.

Auch hier sind Service und Schnelligkeit tadellos, die Kartoffeln schmecken so, wie es sich für einen guten Landwirtschaftsbetrieb gehört, der Spargel ist auf den Punkt gegart. Hier stören zwei Dinge: Die Hollandaise ist offensichtlich selbstgemacht und kein industrielles Produkt. Leider ist sie den Köchen in der Zubereitung zu dünn geraten und bindet nicht richtig, dadurch geht sie mit dem Spargel keine Verbindung ein, sie zerfließt einfach auf dem Teller. Beim Schnitzel war der Koch nicht verliebt, sondern verpfeffert - die Panade enthält so viel Pfeffer, dass das ganze Schnitzel zu scharf und damit absolut untypisch schmeckt - schade.

Alles mit Spargel

Frisch vom Feld, da läuft einem das Wasser im Munde zusammen.

Frisch vom Feld, da läuft einem das Wasser im Munde zusammen.

(Foto: Ivo Suchon)

Zum Schluss zurück nach Brandenburg: Seit gut zehn Jahren versucht Bauer Malte Voigts in Kremmen sein Glück mit dem Spargelanbau, der karge märkische Boden ist auch hier perfekt für das Gemüse. Mittlerweile ist der Hof ein Ganzjahresprojekt: Im Sommer gibt es Gerichte rund um die Heidelbeere, im Herbst rund um den Kürbis, im Winter werden die hofeigenen Gänse geschlachtet und direkt vermarktet oder kommen im lauschigen Kaminrestaurant auf die Teller. Nun aber ist Hoch-Zeit in Kremmen, der Spargel lockt. Und trotz des riesigen Andrangs im Zeltrestaurant, einer Scheune und auf der Terrasse mit zwei Spielplätzen gelingt es dem Team des Hofes, die Qualität hochzuhalten.

Die Karte dreht sich beinahe ausschließlich um den Spargel. Ich beginne mit einer exzellenten Suppe mit sehr vielen kleingeschnittenen Spargelstücken, die Bindung ist so hervorragend wie der Geschmack. Das Frikassee vom Landgockel mit Spargel und Reis funktioniert ebenso gut: Das Gericht ist aromatisch und gut gegart, der Reis hat Biss, genau wie der Spargel, eine sehr feine und süffige Kombination.

Den gemüsigen Protagonisten bietet das Team mit verschiedenen Kombinationen an: mit Lachsforelle, Kräuterrührei, verschiedenen Schinken - und natürlich auch hier mit dem Klassiker: Schnitzel.

Hier stimmt alles: Die Kartoffeln genau wie der Spargel sind perfekt gekocht und direkt serviert, kein Warmhalten, kein Austrocknen, kein Geschmacksverlust. Das Schnitzel ist sehr gut gewürzt und gebraten. Die Sauce Hollandaise kommt auf Wunsch wie die zerlassene Butter in kleinen Saucieren an den Tisch - so kann der Gast verhindern, dass der Teller zu einem saucigen Schlachtfeld wird.

Trotz vieler Gäste sind alle Teller frisch und hervorragend gemacht.

Trotz vieler Gäste sind alle Teller frisch und hervorragend gemacht.

(Foto: Ivo Suchon)

Immer dienstags gibt es hier Spargel satt, alles kommt dann vom Buffet, für weniger als 30 Euro können die Gäste so lange essen, bis sie wirklich genug haben vom Königsgemüse. Noch so eine Idee, bei der Bauer Voigts Vorreiter war.

Frust eines Spargelbauern

Weil es sehr kalt war im Winter, hatte der große Mann, der gebürtig aus Niedersachsen stammt, viel Zeit, um mit anderen Bauern aus der Region zu protestieren, gegen die Subventionskürzungen der Ampelkoalition, besonders aber gegen die ausufernde Bürokratie. "Der Widerspruch ist so riesig: Alle wollen kleine bäuerliche Betriebe und Nachhaltigkeit und Exzellenz und Bio", sagt Voigts, "und doch tut die Politik alles dafür, dass es bald nur noch riesige Betriebe gibt, weil es anders gar nicht mehr geht".

Das liegt gar nicht so sehr am Geld: Voigts verliert bei der Agrardieselerstattung nun 60.000 Euro, dafür muss er vielleicht jemanden entlassen, mal sehen. Doch der größte Nervfaktor sind all die kleinen Beschränkungen und diese riesige Bürokratie-Maschine, die jeden Tag absurder wird. Für die Biogasanlage muss er beweisen, wie viel Gülle, Silomais und Mist dort landen, Tagebücher für drei Zertifizierungen müssen geführt werden, minutiös aufgeschrieben, wann der Gülle-Traktor den Hof verlassen und bei der Biogasanlage angekommen ist.

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Das Landesamt für Arbeitsschutz kommt nach seinen Angaben mehrfach im Jahr, genau wie die Berufsgenossenschaft, Erste-Hilfe-Kurse für die Mitarbeiter und Gesundheitspässe für die Köche muss er ebenso beantragen und bezahlen wie drei Zertifizierungen für das Gütesiegel des Spargels. Die Ackerschlagdatei wird täglich geführt, wann ist wo was gesät und geerntet? Bringt er Pflanzenschutzmittel auf die Felder auf, muss das Tagebuch seit Kurzem auch enthalten, wie das Wetter einen Tag vorher und nachher war, möglichst mit Temperatur und Windstärke. Dazu kommen monatlich Steuern, Subventionsanträge und und und.

"Ich hab' 3000 Hektar Land und Angestellte nur für diesen ganzen Papierkram. Aber wenn du einen kleinen Betrieb hast, dann musst du entscheiden: Will ich melken oder Aktenordner bearbeiten? Beides zusammen geht nicht. Und dann gibst du eben einfach auf." Voigts gibt nicht auf, zum Glück. Bis zum 24. Juni gibt's bei ihm noch Spargel, am Johannistag endet dann die traditionelle Erntezeit.

Quelle: ntv.de

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