Von Schlange gebissen Fotografin überlebt tagelang in australischem Gebirge
29.10.2024, 11:12 Uhr Artikel anhören
Die Snowy Mountains sind das höchste Gebirge in Australien.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
In den Snowy Mountains in Australien verschwindet Mitte Oktober die Fotografin Lovisa Sjoberg. Auf der Suche nach der Vermissten durchkämmen die Rettungskräfte mehr als sechs Tage lang die australische Wildnis. Am Ende entgeht Sjoberg nur knapp dem Tod.
Wegen ihrer schneebedeckten Gipfel sind die Snowy Mountains im australischen Bundesstaat New South Wales beliebt bei Wanderern und Skifahrern. Das an der Südostküste gelegene Gebirge hat die höchsten Berge des Landes. In dieser rauen Wildnis des Kosciuszko-Nationalparks verschwand Mitte Oktober eine Wanderin spurlos. Fast zwei Wochen überlebte Lovisa Sjoberg allein im höchsten Gebirge Australiens.
Für eine Tour durch die Snowy Mountains hatte sich Sjoberg, genannt Kiki, Anfang Oktober bei einer Mietwagenfirma einen grauen Mitsubishi Outlander gemietet. Damit war sie zum Kosciuszko-Nationalpark gefahren, um zu wandern und Wildpferde, die sogenannten Brumbies, zu fotografieren.
Am 8. Oktober hatte die 48-jährige Fotografin zuletzt mit einem Menschen gesprochen. Das letzte Mal gesehen wurde sie beim Fahren des Wagens am 15. Oktober gegen 7 Uhr morgens. Am 21. Oktober lief dann die Frist für die Rückgabe des Mietwagens ab. Nachdem die Mitarbeiter der Mietwagenfirma Sjoberg weder kontaktieren noch ausfindig machen konnten, benachrichtigten sie die Polizei.
Auf der Suche nach der "Nadel im Heuhaufen"
Daraufhin startete die Polizei eine umfangreiche Suchaktion: Der graue Mitsubishi Outlander wurde wenig später an einem ehemaligen Gerichtsgebäude in Kiandra, einer historischen, denkmalgeschützten Goldgräberstadt im Kosciuszko-Nationalpark, gefunden. Doch von der Vermissten fehlte jede Spur. Tagelang durchkämmten einheimische Freiwillige, die Polizei sowie das Team der regionalen Bush Search and Rescue (BSAR) und Vertreter anderer lokaler Behörden das Gebirge.
"Es ist ein riesiges Gebiet", sagte Paul Campbell-Allen, Einsatzleiter der BSAR, dem "Guardian". Campbell-Allen zufolge müssten die Suchmannschaften ein Gebiet von sechs Kilometer Breite und 20 Kilometer Länge durchqueren. "Es kann wirklich die Art von Nadel im Heuhaufen sein", sagte Campbell-Allen.
Demnach versuchten die Rettungsteams zunächst, alle Spuren zu untersuchen, die die Vermisste hinterlassen haben könnte, alle Hütten oder Zeltplätze zu überprüfen und mit anderen Wanderern in der Gegend zu sprechen. "Dann haben sie sich die Spuren angesehen, wo sich alle Brumbies bewegt haben, (...) denn das war ein wahrscheinliches Ziel für sie", sagte Campbell-Allen dem "Guardian".
Vor mehr als 20 Jahren war Sjoberg, die aus Stockholm in Schweden stammt, für ein Studium der Bildenden Künste nach Sydney gekommen. Nach ihrem Abschluss blieb die Schwedin in Australien und arbeitete als Fotografin. 2018 zog sie schließlich in die Nähe der Snowy Mountains. Auch die verheerenden Buschfeuer, die 2019 und 2020 in den Snowy Mountains wüteten, fotografierte Sjoberg. In den sozialen Netzwerken ist sie in Foren aktiv, die sich für den Schutz der Brumbies einsetzen.
Um die wachsenden Populationszahlen der wilden Pferde besser kontrollieren zu können, gab die Landesregierung von New South Wales 2023 bekannt, dass neben Hirschen und Wildschweinen nun auch Brumbies im Park aus der Luft abgeschossen werden dürfen. Diese Entscheidung hatte bei einigen Aktivisten, darunter auch Sjoberg, Empörung ausgelöst. Die Vermisste Sjoberg setzte sich auch mit ihren Fotos für den Schutz der Pferde ein.
Rettung nach Tagen allein in der Wildnis
Doch nach fast einer Woche der Suche auf dem riesigen Areal hatten die Helfer immer noch kein Lebenszeichen von Sjoberg gefunden. Zu Fuß, mit dem Fahrzeug, zu Pferd, mit dem Flugzeug und dem Hubschrauber suchten sie in der rauen Berglandschaft nach Sjoberg - schließlich mit Erfolg.
Die Rettungskräfte entdeckten Sjoberg am vergangenen Sonntag gegen 16:50 Uhr, während sie "benommen und verletzt" auf dem Nungar Creek Trail im Kosciuszko-Nationalpark herumlief. Das teilte die Polizei mit.
Die 48-Jährige war dehydriert und hatte einen verstauchten Knöchel. Zudem soll Sjoberg wenige Tage vor ihrer Rettung von einer Schlange gebissen worden sein. Die Rettungskräfte vermuten den Biss einer Kupferkopfnatter. Das Gift dieser Schlangenart kann ohne medizinische Behandlung zum Tod führen.
Nach der Erstversorgung vor Ort wurde Sjoberg ins Cooma Hospital gebracht, wo sie sich derzeit von den Strapazen erholt. "Sie hatte großes Glück, überlebt zu haben", sagte Campbell-Allen gegenüber dem "Guardian".
Quelle: ntv.de, rwe