Virologe zu Astrazeneca-Stopp Streeck: Nächste Woche impfen wir wieder
16.03.2021, 13:13 Uhr
Die gestoppte Vergabe des Astrazeneca-Vakzins ist unter Experten umstritten und sorgt für hitzige Diskussionen. Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hält die Entscheidung eindeutig für richtig. Gleichzeitig rechnet er bereits in Kürze mit einer Wiederaufnahme der Impfungen.
ntv: Das Impfen mit Astrazeneca ist jetzt auch in Deutschland ausgesetzt. Finden Sie die Entscheidung richtig?
Hendrik Streeck: Wenn die Ständige Impfkommission (STIKO) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) im Moment mehr Zeit brauchen um diese Fälle zu überprüfen - die wenigen Fälle, 7 auf 1,6 Millionen - dann sollen sie sich die Zeit nehmen. Wir wollen ja ausschließen, dass wir gehäuft schwere Nebenwirkungen in Deutschland haben.
Also war der Astrazeneca-Impfstopp richtig?
Ich find es richtig, dass diese Entscheidung getroffen wurde.
Es gibt ja etliche Experten, die von Einzelfällen sprechen. Hätte man weiter impfen und währenddessen untersuchen sollen, ob die Risiken wirklich so schlimm sind, dass man Astrazeneca nicht mehr verwendet?
Im Grunde haben beide Seiten einen Punkt, man hätte beide Wege gehen können. Aber ich habe da volles Vertrauen in die Kollegen der STIKO und vom PEI. Das sind ja Institutionen, die die Impfstoffe überwachen und sehr genau beobachten.
Astrazeneca ist sowieso schon umstritten. Was macht das mit den Leuten, wenn jetzt das Impfen mit dem Vakzin ausgesetzt wird?
Ich denke, dass so ein Schritt von der STIKO und dem PEI eigentlich Vertrauen schaffen sollte. Man sieht, dass das Institutionen sind, die ein sehr genaues Auge darauf haben, dass hier alles gut läuft, keiner zu Schaden kommt und wir am Ende keine gehäuften Nebenwirkungen haben.
Wird Deutschland denn die Impfungen mit Astrazeneca zeitnah wieder aufnehmen?
Ich bin überzeugt davon, dass wir am Ende der Woche oder Anfang nächster Woche wieder mit Astrazeneca impfen werden, weil sich zeigen konnte, dass dieser Impfstoff eben nicht gehäuft zu Nebenwirkungen führt. Das sollte Vertrauen schaffen.
Nicht nur die Europapolitikerin Barley hat getwittert, dass das Thrombose-Risiko bei der Anti-Baby-Pille um ein Vielfaches höher ist als möglicherweise bei Astrazeneca, aber dass bei der Anti-Baby-Pille das Interesse weitaus geringer ist. Wie schätzen Sie diesen Vergleich ein?
Das sind vollkommen unterschiedliche Mechanismen.
Warum?
Da ist zum einen die durch die Anti-Baby-Pille entstehen könnende Thrombose, in diesem Fall geht es aber um eine Hirnvenenthrombose. Das kann man nicht zusammenwerfen. Ich finde, man muss den Experten der STIKO zugestehen, dass sie sich sehr genau damit beschäftigen und keine leichtfüßigen Entscheidungen treffen. Die kommen zusammen, beraten sich und prüfen alle Daten sehr genau.
Mit Hendrik Streeck sprach Ilka Eßmüller. Es handelt sich um ein gekürztes und sprachlich leicht angepasstes Skype-Interview.
Quelle: ntv.de