Politik

Trotz Begnadigung Mannings Assange will zunächst nicht in die USA

Julian Assange war vor mehr als vier Jahren in Ecuadors Botschaft in London geflüchtet und lebt seitdem dort.

Julian Assange war vor mehr als vier Jahren in Ecuadors Botschaft in London geflüchtet und lebt seitdem dort.

(Foto: AP)

Komme Whistleblowerin Chelsea Manning frei, lasse er sich an die USA ausliefern, hatte Julian Assange verkündet. Und tatsächlich wird Manning kurz darauf begnadigt. Sein Versprechen löst der Wikileaks-Gründer vorerst aber nicht ein.

Nach der angekündigten Begnadigung der US-Whistleblowerin Chelsea Manning will Julian Assange zunächst in der ecuadorianischen Botschaft in London bleiben. Zuvor hatte der Wikileaks-Gründer über die Enthüllungsplattform erklärt, er werde einer Auslieferung in die USA zustimmen, sollte Manning freikommen. Es sei noch zu früh zu sagen, ob er sich nun wie angekündigt ausliefern lasse, sagte Assanges schwedischer Anwalt Per Samuelson. Der scheidende US-Präsident Barack Obama hatte Mannings Haftstrafe am Dienstag von 35 auf sieben Jahre verkürzt. Sie soll nun im Mai freikommen.

"Er sieht das als großen Teilerfolg, um nicht nur Manning, sondern auch Wikileaks und sich selbst zu rehabilitieren", sagte Samuelson über Assange. Er fügte hinzu: "So lange es die Bedrohung aus den USA gegen Assange gibt, wird er sein politisches Asyl ausüben." Später teilte ein Wikileaks-Sprecher mit, Assange sei weiterhin bereit, in die USA zu reisen, sofern es notwendig sei, um "dieses deutlich verfassungswidrige Verfahren gegen ihn bald zu beenden".

Assange war vor mehr als vier Jahren in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet, um einer Festnahme zu entgehen. Gegen den Australier liegt ein europäischer Haftbefehl wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs in Schweden vor. Er befürchtet, über Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm eine lange Haft wegen Geheimnisverrates drohen könnte.

Bisher keine US-Anklage bekannt

Das amerikanische Justizministerium hat bislang keine Anklage gegen Assange bekanntgegeben. In den USA kann eine Anklageschrift aber versiegelt werden, damit ihr Inhalt nicht bekannt wird. Es ist unklar, ob das im Fall Assange geschehen ist. Sprecher des Weißen Hauses erklärten der "Washington Post" zufolge, Obamas Entscheidung, Manning zu begnadigen, habe nichts mit Assanges Ankündigung zu tun, sich an die USA ausliefern zu lassen.

Manning hatte - als sie noch als Mann lebte und Bradley Manning hieß - im US-Militär gedient und Wikileaks Hunderttausende geheime Dokumente des US-Militärs und des Außenministeriums zugespielt. Sie gaben Einblick in brisante Botschaftsdepeschen und Fehlverhalten des US-Militärs, wodurch die Regierung schwer unter Druck geriet.

Obama nennt Urteil unverhältnismäßig

Dass Manning erst im Mai freikommt, ist nach einem Bericht der "New York Times" der üblichen Übergangszeit bei Begnadigungen geschuldet. In dieser Zeit solle etwa ein Ort gefunden werden, an dem Manning nach ihrer Freilassung leben könne. Dank der Begnadigung müssten sich die Behörden nun auch nicht mehr mit der schwierigen Forderung Mannings nach einer Geschlechtsumwandlung befassen.

Das ursprüngliche Strafmaß von 35 Jahren Haft sei im Vergleich zu anderen Urteilen gegen sogenannte Whistleblower nicht verhältnismäßig gewesen, sagte Obama am Abend bei seiner letzten Pressekonferenz. "Ich bin guten Mutes, dass der Gerechtigkeit genüge getan ist und trotzdem ein Zeichen gesetzt wurde." Niemand solle glauben, dass der Verrat von Details über die Nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten ungesühnt bleibe.

Auf die Zukunft von Assange wollte Obama nicht näher eingehen. Grundsätzlich müsse aber im Online-Zeitalter eine vernünftige Balance zwischen Informationsfreiheit und dem Schutz sensibler Daten gefunden werden, so der scheidende US-Präsident.

Geteiltes Echo auf Begnadigung

Prominente Republikaner kritisierten die Begnadigung Mannings scharf. Kongress-Sprecher Paul D. Ryan nannte Obamas Beschluss ungeheuerlich. "Präsident Obama hinterlässt einen gefährlichen Präzedenzfall, dass diejenigen, die unsere nationale Sicherheit gefährden, nicht für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden", twitterte Ryan.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen würdigte die Begnadigung Mannings als "lange überfälligen Schritt" und forderte ein Ende der Verfolgung weiterer Whistleblower wie Snowden. Das Vorgehen gegen investigative Vorgehen und Whistleblower habe unter Obama "besorgniserregende Ausmaße angenommen".

Auch der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden begrüßte Mannings Begnadigung und schrieb: "Danke, Obama." An die Whistleblowerin gerichtet fügte Snowden hinzu: "In fünf Monaten bist du frei. Danke für das, was du für alle getan hast, Chelsea. Bleib noch eine Weile stark!" Snowden hatte selbst als Whistleblower die NSA-Abhöraktionen öffentlich gemacht und muss eine hohe Strafe in den USA befürchten, falls er aus seinem Asyl in Russland heimkehrt.

Quelle: ntv.de, hul/dpa

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