Politik

London schickt Ausbilder in Ukraine Berater im Kampf gegen Separatisten

Britische Soldaten, hier beim Nato-Manöver "Iron Sword 2014" in Litauen im vergangenen Herbst.

Britische Soldaten, hier beim Nato-Manöver "Iron Sword 2014" in Litauen im vergangenen Herbst.

(Foto: AP)

Mit einem Ausbildungseinsatz will der britische Premierminister Cameron den ukrainischen Regierungstruppen unter die Arme greifen. Russland müsse Einhalt geboten werden, mahnt er. US-Außenminister Kerry geht Moskau hart an.

Heikler Auftrag für britische Spezialsoldaten: Die britische Regierung bereitet die Entsendung von Militärberatern zur Ausbildung der Regierungstruppen in der Ukraine vor. Das Kontingent aus Großbritannien solle in den nächsten Wochen die Reise in die osteuropäische Konfliktregion antreten, wie Premierminister David Cameron in London bekanntgab.

"Eine bestimmte Anzahl britischer Kräfte wird involviert sein, sie werden nicht in der Kampfzone sein, aber ich denke, das ist es, womit wir helfen sollten", sagte Cameron wörtlich. Bei seiner Ankündigung vermied es der Premier, sich mit Angaben zum Umfang des britischen Engagements festzulegen. Unklar blieb, ob die Ausbilder aus Großbritannien Waffen zum Selbstschutz tragen werden.

Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte schloss Cameron dagegen nicht grundsätzlich aus. Allerdings betonte er: "Wir glauben im Grunde nicht, dass es eine militärische Lösung hierfür gibt. Es muss eine diplomatische Lösung geben." Laut britischer Nachrichtenagentur PA sollen bis zu 75 Soldaten und Militärangehörige in die frühere Sowjetrepublik geschickt werden. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.

Die Ausbilder könnten Mitglieder der regulären ukrainischen Streitkräfte in taktischen, operativen und logistischen Fragen schulen. Unter anderem dürfte es bei den Schulungen auch darum gehen, wie kurzfristig eingezogene Rekruten möglichst schnell und effektiv auf die harten Bedingungen eines realen Kampfeinsatzes vorbereitet werden können.

OSZE-Mandat wird verstärkt

Die vor anderthalb Wochen für die Ostukraine vereinbarte Waffenruhe erweist sich als brüchig. Regierungstruppen und prorussische Aufständische werfen sich gegenseitig Verstöße vor. Auch der Streit um den Abzug schwerer Waffen aus dem Kriegsgebiet Donbass dauerte an. Die Regierung in Kiew fürchtet, dass die prorussischen Kräfte die Zeit nutzen, die Eroberung der strategisch bedeutsamen Hafenstadt Mariupol im Südosten des Landes vorzubereiten.

Die Außenminister aus Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine verständigten sich zuletzt bei einem Krisentreffen am Dienstag in Paris darauf, dass die internationale Beobachtermission angesichts der ständigen Waffenstillstandsverletzungen deutlich verstärkt werden soll. Die Minister riefen zugleich zur Umsetzung der Mitte Februar in Minsk getroffenen Vereinbarungen auf.

Wer versorgt die Separatisten mit Waffen?

Zu diesen Vereinbarungen zähle insbesondere die Einhaltung der Feuerpause und der komplette Abzug schwerer Waffen, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Die proeuropäische Führung der Ukraine und auch der Westen werfen Russland vor, die Separatisten in dem Unruhegebiet unter anderem massiv mit Waffen, Ausrüstung und schwerem Kriegsgerät zu unterstützen.

Der Kreml weist die Anschuldigungen zurück, kann aber zum Beispiel die den prorussischen Kräften offensichtlich zur Verfügung stehende Masse an Artillerie, Raketenwerfern und schweren Kampfpanzern nicht plausibel erklären. Im Gegensatz zu Stiefeln, Helmen oder Schusswaffen sind etwaige "Spenden" oder Lieferungen von privaten Unterstützern bei Großgeräten wie etwa den gefürchteten Raketenwerfersystemen vom Typ BM-21 "Grad" vollkommen ausgeschlossen.

Cameron warnte, Russlands Präsident Wladimir Putin könnte seine Aggression künftig auch gegen baltische Staaten oder gegen die Republik Moldau richten, wenn ihm jetzt nicht Einhalt geboten werde. Das Waffenstillstandsabkommen wirke nicht. Es wäre "wundersam", wenn die Vereinbarungen in vollem Umfang eingehalten würden, sagte Cameron.

Kerry spricht von "Lügen"

Auch in den USA scheint sich die Geduld für das rein diplomatische Vorgehen langsam zu erschöpfen. US-Außenminister John Kerry griff die Regierung in Moskau bei einer Rede vor US-Senatoren scharf an. Er hielt Russland vor, die "umfangreichste Propaganda-Übung" zu betreiben, die er seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges beobachtet habe.

Bei seinen Äußerungen vor dem außenpolitischen Ausschuss des US-Senats bezichtigte er Russland außerdem der Lüge: Die Führung in Moskau habe hinsichtlich ihrer Aktivitäten im Ukraine-Konflikt auf ihren "Falschangaben, ihren Lügen beharrt". Ihm selbst und anderen Menschen habe Moskau mehrfach "ins Gesicht" gelogen, betonte Kerry.

"Ins Gesicht gelogen"

Seit dem Beginn des Konflikts in der Ostukraine im Frühjahr vergangenen Jahres traf sich Kerry bereits mehrfach mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Danach befragt, ob die russische Führung gelogen habe, als sie die Existenz russischer Truppen und Waffen in der Ukraine zurückgewiesen habe, sagte Kerry: "Ja." Er bezeichnete die Separatistenbewegung in der Ostukraine als "de facto Verlängerung der russischen Armee".

In Washington wird seit Wochen intensiv darüber debattiert, ob die ukrainischen Truppen nicht doch mit Waffen unterstützt werden sollen. Dazu äußerte sich Kerry vor dem Senatsausschuss zurückhaltend. Solange Präsident Barack Obama dazu keine Entscheidung getroffen habe, werde er sich dazu nicht öffentlich äußern. In Teilen der US-Öffentlichkeit wird das Beharren Obamas auf eine rein diplomatische Lösung mehr und mehr als gefährliche Nachgiebigkeit ausgelegt.

Der Konflikt im Osten der Ukraine wird dabei von vielen Amerikanern längst nicht mehr als Kampf prorussischer Separatisten gegen die Regierung in Kiew verstanden, sondern vielmehr als Freiheitskampf demokratischer Kräfte in der Ukraine gegen ein zunehmend repressives Russland. Waffenlieferungen für das ukrainische Militär erscheinen den Befürwortern einer harten Linie gegenüber Moskau vor diesem Hintergrund wie eine dringliche Angelegenheit - nicht zuletzt, um einen drohenden Krieg um das Baltikum zu verhindern.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen