Politik

Neue Flüchtlingspolitik der EU Berlin und Paris fordern Quotenregelung

Bisher müssen Flüchtlinge in dem Land registriert werden, in dem sie die EU betreten - wie hier in Ungarn.

Bisher müssen Flüchtlinge in dem Land registriert werden, in dem sie die EU betreten - wie hier in Ungarn.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Die Dublin-Vereinbarungen in der Flüchtlingsfrage sind gescheitert. Deutschland und Frankreich schlagen deshalb ein neues Vorgehen der EU vor. Es geht um verbindliche Quoten und europäisch betriebene Registrierungszentren. Doch es gibt Widerspruch.

Deutschland und Frankreich haben einen gemeinsamen Vorschlag für den Umgang mit Flüchtlingen in der EU gemacht. In einem Telefonat mit Frankreichs Staatspräsidenten Francois Hollande sei eine gemeinsame Haltung in der Flüchtlingsfrage vereinbart worden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Bern.

Merkel äußerte sich bei ihrem Besuch in der Schweiz.

Merkel äußerte sich bei ihrem Besuch in der Schweiz.

(Foto: REUTERS)

Die EU müsse entschlossen und ihren Werten entsprechend handeln, hieß es dazu in einer Mitteilung des Élyséepalastes in Paris. "Europa muss diejenigen schützen, für die es die letzte Hoffnung ist."

Unter anderem forderten beide Länder "verbindliche Quoten" innerhalb der EU für die Aufnahme von Asylanten. "Anders werden wir diese Frage nicht bewältigen", sagte die Kanzlerin. Sie sprach von einem "Prinzip der Solidarität". Die deutsch-französische Position soll nun an die europäischen Institutionen übermittelt werden.

Europäisch betrieben Zentren

Merkel schlug vor, an den Außengrenzen europäisch betriebene Registrierungszentren einzuführen. Dort solle entschieden werden, ob ein Schutzgrund vorliege. Wenn nicht, solle von dort direkt eine Rückführung erfolgen, und ansonsten "eine faire Verteilung".

Deutschland sei bereit, Quotenregelungen zu finden, "die die Möglichkeiten des einzelnen Landes mit einbeziehen", betonte die Kanzlerin. Aber drei Länder wie Schweden, Österreich und Deutschland könnten nicht mit der Bewältigung der Flüchtlingsströme alleingelassen werden. Eine Quotenregelung wird bislang von mehreren Ländern, vor allem in Osteuropa, abgelehnt.

Unterstützung erhält die Kanzlerin von der EU-Spitze. Ratspräsident Donald Tusk verlangte, dass mindestens 100.000 Flüchtlinge unter den 28 EU-Staaten fair verteilt werden müssten. Er forderte von allen Regierungen des Staatenklubs, die Herausforderung nun endlich ernsthaft anzugehen.

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will den Mitgliedstaaten vorschlagen, weitere 120.000 Flüchtlinge auf die EU-Länder zu verteilen. Damit solle auf die "sehr dringliche Situation in Italien, Ungarn und Griechenland" reagiert werden, hieß es aus EU-Kreisen. Die 120.000 Menschen sollten über ein Quotensystem verteilt werden - zusätzlich zu der angestrebten Aufnahme von 40.000 Flüchtlingen, die auf freiwilliger Basis bereits vorgesehen ist.

Nach Angaben der Zeitung "Die Welt" sollen 54.000 Flüchtlinge aus Ungarn, 50.400 aus Griechenland und 15.600 Flüchtlinge aus Italien zusätzlich umverteilt werden. Der Verteilungsschlüssel solle sich nach Bevölkerungszahl (40 Prozent), Wirtschaftskraft (40 Prozent), Arbeitslosenzahl (zehn Prozent) und den bisherigen Leistungen bei der Aufnahme von Asylsuchenden richten, hieß es in dem Bericht weiter. Deutschland müsse im Rahmen dieser Umverteilung rund 26.000 neue Flüchtlinge aufnehmen. Mittelfristig strebe Brüssel auch einen "permanenten Mechanismus" zur Umverteilung von Flüchtlingen an. Darüber hinaus werde die Kommission eine Liste mit "sicheren Herkunftsländern" vorschlagen, hieß es weiter aus EU-Kreisen.

London will mehr Menschen aufnehmen

EU-Länder, sie sich weiter gegen die verbindliche Aufnahme von Flüchtlingen sperren, müssen nach Ansicht des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger notfalls mit Vertragsverletzungsgefahren zur Räson gebracht werden. "Ich glaube, dass eine Mehrheit für eine verbindliche Quote im Rat und im Parlament im Herbst möglich ist", sagte Oettinger im Deutschlandfunk.

Polens Ministerpräsidentin Ewa Kopacz bekräftigte derweil ihre Ablehnung einer Verteilung nach einem Quotensystem. Sie zeigte aber Bereitschaft zu einer Aufnahme auf freiwilliger Basis. "Wir sind gegen automatische Quoten, aber bereit, das Ausmaß unseres Engagements nach dem Prinzip der Freiwilligkeit zu diskutieren", erklärte Kopacz in Warschau. Auch Lettland, Litauen und die Slowakei bekräftigten ihr "Nein" zu Umverteilungsquoten. "Quoten halten keine Migranten auf, sie verhindern nicht, dass sie in Lkw oder auf Schiffen umkommen", sagte der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak der "Bild"-Zeitung.

Großbritanniens Regierung prüft dagegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus Syrien. "Wir haben 5000 Menschen aus dem Konflikt in Syrien aufgenommen, wir werden weiterhin Menschen aufnehmen und prüfen das", sagte Finanzminister George Osborne. Vorrangig sei aber, die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und Schleuserbanden zu bekämpfen. Zuvor waren die Forderungen lauter geworden, mehr Flüchtlinge ins Land zu lassen.

Quelle: ntv.de, mli/DJ/AFP/dpa

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