Bessere Konditionen für Länder Bund und Länder erwägen Deutschland-Bonds
13.09.2014, 17:15 Uhr
Finanzminister Schäuble erwägt offenbar Länder-Anleihen.
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Können sich die Bundesländer künftig günstiger finanzieren? Über ein neues Verfahren wollen sie von der hohen Bonität des Bundes profitieren. Zudem könnten mit dem Soli Altschulden getilgt werden. Ferner wird das Ende einheitlicher Sozialleistungen erwogen.
Bund und Länder sprechen in den Verhandlungen über eine Reform der deutschen Staatsfinanzen erneut über eine gemeinsame Aufnahme von Schulden am Kapitalmarkt. Reuters berichtet unter Berufung auf entsprechende Unterlagen von einem "Huckepack"-Verfahren: Dabei würden Kredite gebündelt und vom Bund und den teilnehmenden Ländern gemeinsam verbürgt. Die Länder hoffen, so von der Spitzenbonität des Bundes profitieren zu können. Ob das gelingt und die rechtlichen Hürden überwunden werden können, bezweifelt die Bundesregierung allerdings.
Aus dem Kreis der Bundesländer war in den vergangenen Jahren wiederholt die Forderung laut geworden, das Schuldenmanagement zu bündeln. Denn der Bund genießt mit seinem AAA-Rating am Kapitalmarkt höchstes Vertrauen und zahlt derzeit so niedrige Zinsen für seine Staatsanleihen wie nie. Die Länder müssen dagegen für ihre Verschuldung einen höheren Zins anbieten.
Länder uneins
Dass das Thema erneut auf dem Tisch liegt, berichtete auch das "Handelsblatt" mit Bezug auf ein Positionspapier von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der Verstoß von Schäuble und Scholz sei aber umstritten und es gebe noch keinen Beschluss.
In einem Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Finanzverfassung meldet der Bund Zweifel an, ob die Bundeskonditionen bei einer gemeinsamen Kreditaufnahme überhaupt zu erreichen wären. Zudem wäre eine Verfassungsänderung erforderlich.
Drittens besteht der Bund darauf, dass die Autonomie seiner Finanzagentur beim Marktauftritt oder bei der Finanzplanung gewahrt bleiben müsse. Auch die Bundesländer sind der Unterlage zufolge uneins, ob der Vorstoß zielführend ist. So merkten Baden-Württemberg und Thüringen zwar an, die diskutierten Huckepack-Modelle seien akzeptabel, "wenn sie auf freiwilliger Basis durchgeführt werden". Bayern und das Sachsen kritisierten dagegen, die Modelle verstießen gegen das verfassungsrechtliche Prinzip der Trennung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern. Außerdem wäre dies ein Signal für Euro-Bonds auf europäischer Ebene, welche die Bundesregierung ablehnt.
Kommt ein Altschuldenfonds?
Schäuble sei darüber hinaus offen für die Schaffung eines Altschuldenfonds für die Länder, berichtet das "Handelsblatt" weiter. Dazu könnten die Einnahmen des Solidaritätszuschlags verwendet werden, der derzeit rund 14 Milliarden Euro einbringt. Bisher fließt der Soli allein dem Bund zu.
Allerdings verlangt Schäuble im Gegenzug eine Entflechtung bei den bislang geteilten Einnahmen der Umsatzsteuer. So setze eine Verwendung der Einnahmen des Bundes aus dem Solidaritätszuschlag für Zins- und Tilgungszahlungen auf Länder-Schulden die Rückübertragung der sieben Umsatzsteuerpunkte voraus. Schäuble fordert somit, den Anteil des Bundes an der Umsatzsteuer um rund 70 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen.
Neuordnung der Sozialaufgaben
Darüber hinaus wollen Bund und Länder laut dem Bericht die Sozialaufgaben grundlegend neu sortieren. Das Positionspapier von Schäuble und Scholz sehe vor, dass die Länder "eine beschränkte Gesetzgebungskompetenz" bei den Sozialleistungen erhalten sollten, die sie finanzieren. Dadurch könnte es zukünftig in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Sozialstandards geben. Gleichzeitig sei Schäuble bereit, dass der Bund ab 2020 das Wohngeld vollständig übernehme, also die Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger. Im Gegenzug sollten die Länder auf andere Mittel verzichten.
In der Debatte um die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern werden derzeit unterschiedliche Vorschläge diskutiert: Nachgedacht wird offenbar auch über eine Abschaffung des Soli und über eine Erhöhung anderer Steuern zur Gegenfinanzierung sowie über Änderungen der Schuldenbremse für die Länder. Eine Sprecherin des Finanzministeriums hatte am Freitag allerdings deutlich gemacht, dass vor einer Einigung noch eine "Vielzahl von Fragen" zu bearbeiten sei.
Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP