Junge Union zieht Antrag zurück CDU-Spitze findet Kompromiss mit Kritikern
13.12.2015, 18:12 Uhr
(Foto: REUTERS)
Kurz vor Beginn des CDU-Parteitages in Karlsruhe entspannt sich der Streit um die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. Die Parteispitze einigt sich mit internen Kritikern auf eine Kompromissformel, mit der offenbar alle leben können.
Die CDU-Spitze hat im Streit mit den internen Kritikern des Flüchtlingskurses von Kanzlerin Angela Merkel kurz vor dem Parteitag in Karlsruhe eine Kompromissformel gefunden. Die zentrale Passage im Leitantrag des Bundesvorstandes, die den Streit entschärfen soll, laute nun, die CDU sei entschlossen, den Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch wirksame Maßnahmen spürbar zu verringern. Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft auch in einem Land wie Deutschland dauerhaft überfordern.
Kanzlerin Angela Merkel bleibt damit im CDU-internen Streit um die Flüchtlingspolitik bei ihrem Nein zur Abschottung, macht aber Zugeständnisse an ihre Kritiker. "Mit den Ergänzungen haben wir nun eine deutliche Botschaft im Text: Die CDU weiß, dass wir die Zahl der Asylbewerber spürbar reduzieren müssen, weil wir Deutschland sonst überfordern", sagte das CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn.
Junge Union zufrieden, Merkel auch
Die Junge Union zeigte sich zufrieden mit dem Kompromiss und zog ihren Antrag an den Parteitag zu einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen zurück. JU-Chef Paul Ziemiak sagte: "Das Zeichen, dass unsere Möglichkeiten endlich sind, haben wir erreicht." Damit werde auf dem Parteitag über das Papier des Vorstands diskutiert "und nicht mehr über andere Anträge, die das gleiche beinhalten".
Merkel sieht unterdessen in dem Kompromiss eine volle Bestätigung ihres bisherigen Kurses. Im Leitantrag des Bundesvorstandes für den bevorstehenden Parteitag werde ausdrücklich nicht gefordert, dass die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen sei, sondern zu reduzieren und spürbar zu verringern, sagte Merkel am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Das entspreche genau dem Konzept, "das ich seit Monaten vertrete", sagte Merkel.
Auch CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat den innerparteilichen Kompromiss zur Flüchtlingspolitik begrüßt. "Sorgen und Fragen tragen wir Rechnung mit dem Antrag", sagte Tauber am Sonntag in Karlsruhe nach Sitzungen der Parteigremien. "Wir wollen die Zahl der Flüchtlinge, die zu uns kommen, reduzieren."
"Gutes Papier" vorgelegt
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte zuvor einen Aufnahmestopp von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen ins Spiel gebracht, wenn andere Maßnahmen scheitern. "Die Sicherung der Außengrenzen und die Verhandlungen mit der Türkei hätten jedoch zeitlich und inhaltlich Vorrang", sagte er der "Welt am Sonntag".
Merkel lehnt jedoch die Forderung nach einer deutschen Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen ab und setzt auf eine europäische Lösung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff - der wie die Junge Union zu Merkels Kritikern gehört - sagte aber, er glaube, dass nach den Diskussionen der zurückliegenden Stunden "ein gutes Papier" vorgelegt werde. Es gebe "ganz objektive Begrenzungen", wie viele Jobs, Kindertagesstätten, Wohnungen oder Sprachlehrgänge man anbieten könne.
Die Kanzlerin betonte, die CDU werde deutlich machen: "Es geht um Reduzierung, es geht um die Verringerung der Zahl der Flüchtlinge in europäischer Solidarität und durch Bekämpfung der Fluchtursachen." Sie mahnte, Deutschland müsse im Einklang mit Europa handeln. "Wir müssen unsere Zukunft gestalten, wir müssen wirtschaftlich stark bleiben, wir müssen darauf achten, dass wir die Kraft haben, eben auch Herausforderungen, die uns durch die Globalisierung begegnen, dann auch erfolgreich lösen zu können."
Knapp zwei Drittel der Bundesbürger sind für eine feste Flüchtlingsobergrenze in Deutschland. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für "Bild am Sonntag". Besonders großen Zuspruch findet die Obergrenze mit 78 Prozent bei den SPD-Anhängern. Bei Unions-Anhängern sind es 55 Prozent.
Quelle: ntv.de, fma/mli/dpa/rts