Politik

Merkel hat Fraktion nicht im Griff CDU voller Abweichler und Einsiedler

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(Foto: dpa)

Geschlossenheit ist eigentlich eine Stärke der Unionsfraktion. Doch dieses Mal stimmen viele der Abgeordneten nicht für die Regierungsvorlage. Auf Volker Kauder kommt darum ein ganz praktisches Problem zu.

Abgeordnete sitzen mit offenem Hemd im Plenum, einige schieben sogar einen Kinderwagen in den Saal. Eigentlich ist Sommerpause im Bundestag und so ganz lassen sich die Politiker von dieser Sommersitzung nicht aus dem Urlaubsmodus holen. Das gilt vor allem für einige Vertreter von CDU und CSU. 66 von ihnen mangelt es an der Disziplin, den Vorschlag ihrer Regierung zu unterstützen, sie stimmen gegen das dritte Griechenlandpaket oder enthalten sich. 17 sind gar nicht erst erschienen, angeblich haben sie sich über den Sommer in so entlegenen Winkeln dieser Erde verkrochen, dass es ihnen unmöglich war, kurzfristig zurückzukehren.

Dabei hatte der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder öffentlich gedroht, wer nicht mitziehe, könne seinen Ausschussposten verlieren. Das war schon in der Vergangenheit passiert, aber so deutlich noch nie ausgesprochen worden. Finanzminister Wolfgang Schäuble sprach von einem "neuen Anfang", den das Paket möglich mache, und von dem "handlungsfähigen Europa", das Deutschland so dringend brauche. Und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeld attestierte der griechischen Regierung, sie habe "inzwischen offensichtlich den Ernst der Lage erkannt".

Genau so, wie es die SPD wünschte

Interessant dabei: Die Unionsspitze sprach nicht zum Volk und erklärte, warum weitere 86 Milliarden Euro nach Griechenland fließen sollen. Sie sprach auch nicht zur Opposition und versuchte, einen Fehler in deren Argumentation zu finden. Stattdessen wandte sie sich an die eigenen Leute, um ein kleines bisschen mehr Einigkeit herbeizureden – mit mäßigem Erfolg.

Was dem Kollegen Sven Kindler von den Grünen dabei positiv auffiel: Der aggressive Ton, mit dem die Bundesregierung seit Monaten Druck auf Griechenland ausübte, war nicht mehr zu vernehmen. Schäuble hatte mit dem Rauswurf aus der Eurozone gedroht. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, als SPD-Chef eigentlich Vertreter eines diplomatischen Kurses, hatte der griechischen Regierung bescheinigt, "letzte Brücken eingerissen" zu haben.

Der Vizekanzler sprach bei dieser Debatte allerdings ebenso wenig wie die Bundeskanzlerin. Er überließ es seinen Genossen, die SPD als die eigentliche Gewinnerin der Verhandlungen darzustellen. Haushaltspolitiker Johannes Kahrs konnte sagen, dass dieses Hilfspaket genau so sei, wie es die SPD von Anfang an gefordert habe. Tatsächlich hat die linkspopulistische griechische Regierung mehr rausgeholt, als man es zu Beginn der Verhandlungen hätte erwarten können. Nur so lässt sich auch erklären, dass dem Verhandlungsergebnis mehr Abgeordnete zustimmten als dem Mandat, diese Verhandlungen überhaupt aufzunehmen – obwohl damals mehr Mandatsträger anwesend waren als jetzt.

Drohungen im Nachhinein legitimiert

Die Grünen loben den Kompromiss von der Oppositionsbank aus, nur die Union hadert. Für die Wirtschaftsliberalen in der Fraktion ist es zu schmerzhaft, dass sie nun einer linkspopulistischen Regierung Vertrauen entgegenbringen sollen. Trotzdem wird der Erfolg einer Einigung mit Griechenland weniger bei der SPD als bei der CDU verortet werden. Denn sie kann sich mit dem Erfolg brüsten, die widerspenstigen Griechen auf den Reformpfad gezwungen zu haben. "Wenn nicht so hart verhandelt worden wäre, könnten wir nun nicht über dieses Ergebnis abstimmen", sagte der CDU-Politiker Eckhard Rehberg. Damit sind all die Nationalismen, die Griechenland-Klischees und die Grexit-Drohungen im Nachhinein legitimiert.

Für die Union finden die monatelang quälenden Griechenlandverhandlungen damit ein gutes Ende. Nur dass die hohe Zahl an Abweichlern dem Frieden in der Fraktion schadet und Volker Kauder sich nun überlegen muss, wie er über fünf Dutzend Aufmüpfige gleichzeitig bestrafen kann.

Quelle: ntv.de

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