Politik

TV-Duell vor Wahl in New York Clinton und Sanders liefern sich Showdown

Hillary Clinton und Bernie Sanders schenkten sich nichts.

Hillary Clinton und Bernie Sanders schenkten sich nichts.

(Foto: REUTERS)

Bereits zum neunten Mal treten Hillary Clinton und Bernie Sanders im US-Vorwahlkampf in einem TV-Duell gegeneinander an. Die Zeit der freundlichen Worte ist vorbei. Immerhin geht es um New York, das beide als ihr Revier ansehen.

Hillary oder Bernie? Für die Demokraten in New York gibt es zurzeit kein spannenderes Thema. Am kommenden Dienstag wählen sie ihren Favoriten für das Präsidentenamt. Seit Tagen fetzen sich die Kandidaten Clinton und Sanders, der einst freundschaftliche Wahlkampf ist härter geworden, persönlicher, emotionaler. Es geht nicht nur um 291 Delegierte, sondern vor allem auch ums Prestige. Sanders und Clinton betrachten die Vorwahl in New York als Heimspiel. Der Senator von Vermont wuchs im Stadtteil Brooklyn auf, Clinton war acht Jahre Senatorin für den Staat New York und hat ihre Wahlkampfzentrale in Brooklyn aufgemacht.

Am Donnerstagabend trafen sich die beiden - in Brooklyn - zum mittlerweile neunten TV-Duell. Man konnte sich fragen, was da eigentlich noch Neues herauskommen sollte. Der Ton zum Beispiel: Es ging teils heftig zur Sache, bei der Diskussion um den Mindestlohn musste CNN-Moderator Wolf Blitzer die beiden Diskutanten gar auffordern, sich nicht gegenseitig anzuschreien. Das blieb aber die Ausnahme. Die Rollen in der Debatte waren klar verteilt: Da Sanders, der idealistische und grimmige Kämpfer für die kleinen Leute und den Mittelstand, dort Clinton, die sich kümmernde Landesmutter mit dem Auge für das Mögliche.

Zuletzt gewann das Duell der beiden Kandidaten an Schärfe, nachdem Sanders die Qualifikation Clintons in Frage gestellt hatte, das höchste Amt im Staate auszuüben. "Sie hat natürlich die Intelligenz und die Erfahrung, Präsidentin zu sein", sagte er nun. Dann aber stellte er erneut ihr Urteilsvermögen infrage, weil sie für den Irak-Krieg gestimmt und Millionen Dollar von der Wall Street akzeptiert habe. Clinton blieb betont locker, zählte unter dem Applaus ihrer Anhänger auf, dass die New Yorker sie ja immerhin zweimal zur Senatorin gewählt hätten und Präsident Obama sie zur Außenministerin ernannt habe. Zuvor hatte sie sich mit dem Statement, "Es ist großartig, in New York zu sein!", den ersten Jubel abgeholt.

Schlagabtausch um Reden und Steuererklärung

Sanders versuchte dann, Clinton bei einem seiner Lieblingsthemen zu packen: der Wall Street. Der streitbare Senator aus Vermont wettert seit Jahr und Tag gegen die Börse, die großen Konzerne und Banken, insbesondere die Finanzkrise führt er als Beweis dafür an, dass deren Macht beschnitten werden müsse. Noch immer gibt es eine Handvoll Banken, die als "too big to fail" gelten – Sanders fordert, diese zu zerschlagen, weil sie ein zu großes Risiko darstellten und ein betrügerisches Geschäftsmodell hätten.

Clinton warf ihm vor, gar nicht zu wissen, wie das gehen solle. Sie dagegen habe sich gegen Goldman Sachs ausgesprochen – eine ungewollte Vorlage für Sanders, die dieser genüsslich verwandelte: "War das, bevor oder nachdem Sie riesige Summen für Ihre Reden hinter verschlossenen Türen erhalten haben?", fragte er in Anspielung auf 675.000-Dollar-Honorare, die Clinton für Vorträge bei der Bank erhalten hatte. Der Frage, warum sie die Redemanuskripte nicht offenlege, wich sie zunächst aus und sagte dann, sie sei dazu erst bereit, wenn alle Kandidaten das täten.

Sie ging zum Gegenangriff über, indem sie forderte, dass dann aber auch alle Mitbewerber ihre Steuererklärung veröffentlichen sollen. Doch darauf schien Sanders nur gewartet zu haben. Er kündigte an, am folgenden Tag genau das zu tun – obwohl er das seit Wochen verweigert hatte. Und Reden hinter verschlossenen Türen habe er nie gehalten. Punkt für Sanders. Er blieb allerdings ein Beispiel schuldig, wo Clinton für Gesetze stimmte, die eindeutig die Wall Street begünstigten.

Streit um Mindestlohn

So diskutierten die beiden weiter über Waffenrecht, Umweltschutz, Sozialhilfe – in der groben Richtung stimmten sie überein, Sanders machte die größeren Versprechungen, Clinton gab sich pragmatischer, forderte aber etwa strengere Waffengesetze als Sanders. Für heiße Diskussionen sorgte der Mindestlohn. Sanders will ihn von 7,25 auf 15 Dollar erhöhen, Clinton unterstützt das zwar grundsätzlich, glaubt aber, dass nur 12 Dollar mit den Republikanern machbar seien. Beim Thema Krankenversicherung für alle wirkte Clintons Plan plausibel, auf Obamas Reformen aufzubauen, statt noch einmal von vorn anzufangen. Doch Sanders' Argument, dass es diese in anderen Ländern ja schließlich auch gebe, war ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.

Spannend wurde es bei den Fragen zur Außenpolitik. Neben der Nato, zu der Clinton sich bekannte, während Sanders einen größeren Beitrag von Europa forderte, standen Libyen und Israel im Mittelpunkt. Sanders ist Sohn jüdischer Eltern, verbrachte als Kind viel Zeit im Nahen Osten. Er forderte einen neutralen Standpunkt der USA im Nahostkonflikt. "Wir müssen die Palästinenser mit Respekt und Würde behandeln", sagte er. Man müsse einsehen, dass Premierminister Netanjahu nicht immer recht habe. Den Gaza-Krieg nannte er unverhältnismäßig.

Clinton hielt dagegen, dass Israel die Raketen der Hamas "nicht eingeladen" habe, dass die radikale Palästinenser-Organisation vielmehr ständig mit der Hilfe Irans provoziere. Den Gaza-Streifen bezeichnete sie als Hafen für Terroristen. Sie spielte ihre Erfahrung als Außenministerin aus, als sie einfließen ließ, dass sie im November 2012 den Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas ausgehandelt habe.

IS? Flüchtlinge? Assad?

Beim Thema Libyen wurde es heikel für Clinton. Präsident Obama hatte kürzlich die Entscheidung, den Diktator Gaddafi im Jahr 2011 wegzubomben, als größten außenpolitischen Fehler bezeichnet. Heute gibt es zwei konkurrierende Regierungen in dem Land und der sogenannte Islamische Staat (IS) breitet sich aus. Nach Clintons Worten sieht es gar nicht so schlecht aus. Es gebe keine Chemiewaffen mehr im Land und es habe immerhin zwei Wahlen gegeben. Man habe überdies den Libyern helfen wollen, die hätten nur leider keine fremden Truppen im Land haben wollen. Nicht nur hier verwies Clinton darauf, dass Präsident Obama ja das letzte Wort gehabt habe.

Sanders geißelte die Idee, einen Regime-Wechsel herbeizuführen, ohne einen Plan für den Tag danach zu haben. Wie sie den IS bekämpfen wollen, wie sie zur Aufnahme von Flüchtlingen stehen und in welcher Rolle sie den syrischen Machthaber Assad dabei sehen – dazu sagten beide nichts.

Mehr als zwei Stunden debattierten Clinton und Sanders – am Ende hatten sie ihr Profil bestätigt, aber kaum Zweifel ausgeräumt. Ja, die einstige Außenministerin und Senatorin hat viel Erfahrung in der Innen- und Außenpolitik. Mit ihren geheim gehaltenen Wall-Street-Reden, der Entscheidung zu Libyen sowie ihrem Ja zum Irakkrieg hat sie aber auch Fehler begangen. Sanders Problembeschreibungen treffen ins Schwarze und seine Lösungen hören sich auf dem Papier wunderbar an. Aber ob das alles so einfach umsetzbar ist, bleibt zumindest fraglich. Die pragmatische Hillary oder der idealistische Bernie? Am Dienstag wissen wir mehr.

Quelle: ntv.de

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