Extremwetterereignisse nehmen zu Darüber wird bei der Klimakonferenz gestritten
29.11.2023, 14:49 Uhr Artikel anhören
In Dubai laufen die letzten Vorbereitungen für die Klimakonferenz.
(Foto: AP)
Mehr als 70.000 Teilnehmer werden zur UN-Klimakonferenz in Dubai erwartet. Die Veranstalter geben sich überzeugt, dass das Mega-Event erfolgreich wird. Doch es droht erheblicher Streit.
Bei der Weltklimakonferenz, die an diesem Donnerstag in Dubai beginnt, prallen Gegensätze aufeinander. Einerseits zeigen nicht nur die neuen globalen Temperaturrekorde in diesem Jahr, dass die Bekämpfung der Klimakrise immer dringlicher wird. Andererseits wird die Weltgemeinschaft derzeit von Konflikten wie dem Gaza-Krieg und dem Ukraine-Krieg von dieser Aufgabe abgelenkt.
Aus Sicht von Klimaschützern, Wissenschaftlern und einiger Staaten müsste jetzt endlich ein weltweiter Ausstieg aus den fossilen Energien auf den Weg gebracht werden. Doch die fossile Lobby ist in Dubai wohl so stark vertreten wie noch nie. Derweil wollen die Vereinigten Arabischen Emirate die "inklusivste" UN-Klimakonferenz überhaupt ausrichten. Dabei gibt es in dem Golfstaat selbst keine unabhängige Zivilgesellschaft.
Mehr als 70.000 Teilnehmer wurden für die 28. UN-Klimakonferenz, kurz COP28, akkreditiert. Bei der COP27 waren es noch etwa 40.000. Knapp 140 Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, legen ihre klimapolitischen Positionen zu Beginn der zweiwöchigen Konferenz am Freitag und Samstag persönlich dar.
CO2-Speicherung wird Debattenpunkt
Martin Kaiser, Vorstand von Greenpeace Deutschland, ist skeptisch, ob Scholz und seine Minister in Dubai wichtige Impulse setzen. Schließlich sei die Bundesregierung "jetzt komplett abgelenkt" von der Haushaltskrise daheim.
Den Konferenz-Vorsitz in Dubai hat Sultan Ahmed al-Dschaber, der zugleich Technologieminister und Klimagesandter seines Landes und Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc ist. Das stieß vorab auf viel Kritik. Zugleich besteht die vage Hoffnung, dass Al-Dschaber andere Öl- und Gasexporteure bei einer Vereinbarung zum Ausstieg oder zumindest zur deutlichen Verringerung der Nutzung fossiler Energien mit ins Boot holen könnte.
Al-Dschaber hat bereits deutlich gemacht, dass er eine Verdreifachung des Ausbaus erneuerbarer Energien und eine Verdopplung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2030 global festschreiben will. Heiß umstritten ist, welche Rolle die noch nicht ausgereiften sogenannten CCS-Technologien zur Abscheidung und Speicherung des Treibhausgases CO2 spielen sollen.
Nahost-Konflikt hat Einfluss auf Klimabewegung
Greenpeace-Vorstand Kaiser betont, da "wir derart schnell zurasen auf den Abgrund der Klimakrise", dürfe es keine Ausflüchte und Feigenblätter geben. Der Ausbau der Erneuerbaren und der Ausstieg aus fossilen Energien müsse "gleichzeitig erfolgen", nicht nacheinander.
Die Emirate wollen einen Vorzeige-Erfolg bei der COP. Die Golf-Monarchie sei "sehr interessiert an einem positiven Medienecho", sagt David Ryfisch, Klimaexperte von Germanwatch. Polarisierungen sollten bei der Klimakonferenz daher "so gering wie möglich" gehalten werden.
In einem Interview versicherte Al-Dschaber am Wochenende, er sei "zuversichtlich, dass die COP28 die multilaterale Plattform" sein werde, um der Welt gute Nachrichten zu bringen.
Die COP-Präsidentschaft dürfte alles in ihrer Macht Stehende tun, damit der weltweit polarisierende Krieg zwischen der Terrororganisation Hamas und Israel die internationalen Klimaverhandlungen nicht beeinträchtigt. Ob ihr dies gelingt, ist fraglich, denn die Konfliktlinien beim Gaza-Krieg laufen nicht nur quer durch die Staaten, sondern auch durch die internationale Klimaschutzbewegung.
Klimaerwärmung steuert auf mindestens 2,5 Grad bis 2100 zu
Die Klimaverhandlungen erfordern jedoch volle Konzentration. Zum einen soll in Dubai der sogenannte Global Stocktake abgeschlossen werden - eine globale Bestandsaufnahme, wo die Weltgemeinschaft derzeit bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens steht.

COP28-Präsident Sultan Ahmed al-Dschaber ist Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Wie sehr sie hinterherhinkt, zeigte vergangene Woche der Emissions-Gap-Report des UN-Umweltprogramms. Statt auf die im Paris-Abkommen festgeschriebenen deutlich unter zwei Grad, möglichst aber 1,5 Grad, steuert die Erde derzeit auf eine Erwärmung um 2,5 Grad bis zum Jahr 2100 zu - und das selbst dann, wenn alle internationalen Klimaschutzzusagen eingehalten werden. Realistischer erscheint eine Erderhitzung um etwa drei Grad.
Schon die bisher eingetretene Erwärmung hat verheerende Folgen. In aller Welt werden Extremwettereignisse wie Hitzewellen und Starkregen heftiger und häufiger und 2023 wurden immer neue Temperaturrekorde gemeldet.
Dauerstreit um Geld bei der Klimakonferenz
Für die bereits eintretenden Klimaschäden wurde bei der COP27 nach jahrelangem Gezerre die Einrichtung eines sogenannten Loss-and-Damage-Fonds vereinbart. Den müssen die COP28-Teilnehmer nun ausgestalten und mit Geld befüllen.
Ein schwieriges Unterfangen angesichts des Dauerstreits, ob weiter nur die traditionellen Industriestaaten wie Deutschland in der Bringschuld sind oder auch wohlhabende große Treibhausgasemittenten wie China oder Saudi-Arabien.
All diese Widerstände sollte die Weltgemeinschaft aus Sicht von Germanwatch-Experte Ryfisch im eigenen Interesse in Dubai überwinden, damit die Erde ein lebenswerter Ort bleibt: "Wir brauchen ein starkes Signal, dass weder Lobbyismus noch kriegerische Auseinandersetzungen den Klimaschutz bremsen können."
Quelle: ntv.de, lme/AFP