Politik

"Dschihadi John" ist tot Der IS verliert ein Instrument

1b5b6f8ddfd2ae073f50e3259584ad68.jpg

Eine US-Drohne tötet den britischen Extremisten "Dschihadi John". Der IS hat damit eine Propaganda-Waffe weniger.

Der Islamische Staat (IS) verliert eines seiner stärksten Propaganda-Instrumente. Eine Drohne der US-Luftwaffe hat in der vergangenen Nacht den Extremisten "Dschihadi John" in der IS-Hochburg Rakka getötet. Das berichten britische und amerikanische Medien und berufen sich auf "hohe militärische Kreise".

Bürgerkrieg in Syrien: Wer kontrolliert welche Gebiete?

Bürgerkrieg in Syrien: Wer kontrolliert welche Gebiete?

(Foto: Christoph Herwartz / n-tv.de)

Mehr als das zu schreiben, ist angesichts der Bedeutung "Dschihadis Johns" bereits eine heikle Angelegenheit. Denn es liegt so nahe, sich am Tag seines Todes noch einmal vor Augen zu führen, wer dieser Mensch war, was er getan hat und dann zu fragen: Wie wurde aus dem Menschen Mohammed Emwazi das Monster, das wir kennen? Für den IS wäre das allerdings ein weiterer Propaganda-Schlag. Denn einen Menschen "Dschihadi John" gibt es in Wirklichkeit nicht.

Scheinbar ist viel über den Mann bekannt: Geboren als Mohammed Emwazi in Kuwait, 1988. Eingewandert nach Großbritannien, 1994. Aufgewachsen in einer Familie, die zur britischen Mittelschicht gehört. Ein unauffälliger Schüler, Informatiker, Hochschulabsolvent. Ein junger Mann, von dem sich Lehrer oder Nachbarn nie vorstellen konnten, dass er Geiseln vor laufender Kamera die Kehle aufschlitzt.

Etliche biografische Eckpunkte, die sich der IS zunutze machte: Seht her, einer von euch wendet sich vom westlichen Lebensstil, von westlichen Werten ab und kommt zu uns, so die Erzählung. "Dschihadi Johns" britischer Akzent, der in den Enthauptungsvideos so deutlich zu vernehmen ist, der Spitzname "John", die Zugehörigkeit zu einer IS-Zelle, die wegen ihrer Staatsangehörigkeit die "Beatles" genannt wurden, all das diente dazu, diese Erzählung zu untermauern.

Die Geschichte des Normalos, der sich dem IS anschließt, sollte nicht nur die Menschen im Westen mit Furcht erfüllen. "Dschihadi John" sollte auch als Vorbild für verirrte junge Männer im Westen dienen, sich dem Kampf der Extremisten anzuschließen.

Ausländische Kämpfer sterben schnell und unbemerkt

Auffällig ist allerdings, dass es für die Gründe für Mohammed Emwazis Radikalisierung keine gesicherten Erkenntnisse gibt. Auch über seine Persönlichkeit, darüber, was in seinem Innersten vorging, ist praktisch nichts bekannt. Woher auch.

Während Menschen im Westen verzweifelt versuchen, das, was über Emwazi bekannt ist, zu deuten, darin Erklärungsmuster zu finden, ist der Mensch Emwazi dem IS vollkommen egal. Anführer Abu Bakr al-Baghdadi fand in ihm schlicht einen Mann, der aus welchen Gründen auch immer bereit war, Menschen zu ermorden und damit eine Faszination auf verwirrte junge Männer auszuüben.

Emwazi war, weil es ein paar Schnipsel seiner Biografie hergaben, ein Instrument und "Dschihadi John" eine Inszenierung. Die verwirrten jungen Männer aus dem Westen, die seinem Vorbild folgen, können nicht einmal darauf hoffen, seinen Bekanntsheitsgrad zu erreichen. Baghdadi setzt sie gern an vorderster Front ein, wo sie schnell und weitgehend unbemerkt sterben.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen