Politik

Opposition gibt Merkel Tipps Details aus Tsipras' Liste sickern durch

Am späten Nachmittag treffen sich Merkel und Tsipras in Berlin

Am späten Nachmittag treffen sich Merkel und Tsipras in Berlin

(Foto: REUTERS)

Der griechische Ministerpräsident Tsipras kommt zu seinem offiziellen Antrittsbesuch nach Berlin. Die Bühne soll die Bundeskanzlerin nutzen, findet die Opposition. Was Tsipras im Gepäck hat, wird in ersten Details schon Stunden zuvor bekannt.

Vor dem Besuch des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras in Berlin sind weitere Details der mit Spannung erwarteten Reformliste durchgesickert. Demnach will die Regierungskoalition mit einem Mix aus Steuererhöhungen, Privatisierungen sowie Rückzahlungen von Steuersündern Geld in die leeren Staatskassen bringen.

Darüber hinaus sollen Arbeitnehmer erst im Alter von 67 Jahren in Rente gehen können. Eine Rente mit 62 Jahren soll es nur für jene geben, die mindestens 40 Jahre lang gearbeitet haben. Zudem wollen die Steuerbehörden in den kommenden Tagen alle Griechen, die Schwarzgeld ins Ausland überwiesen haben, aufrufen, sich beim Finanzamt zu melden. "Wir wissen, wer sie sind, und geben ihnen eine letzte Chance, sich zu retten", sagte ein hoher Beamter im Finanzministerium.

Athen will außerdem die Mehrwertsteuer für Touristeninseln in der Ägäis erhöhen - wie beispielsweise auf Mykonos und Santorin. Auch für Hotels soll die Mehrwertsteuer steigen. Die Steuern auf Tabakwaren und Alkohol sollen ebenfalls angehoben werden.

Tsipras will nach Angaben aus Regierungskreisen Kanzlerin Merkel am Abend die Grundrisse des Regierungsprogramms vorstellen. Tsipras wolle dabei auch seine Entschlossenheit demonstrieren, sich mit jenen Kreisen in Griechenland anzulegen, die seit Jahrzehnten Steuern hinterzogen und Vetternwirtschaft betrieben haben.

Bloß kein Austritt aus der Eurozone

Die Opposition überhäufte die Bundesregierung unterdessen mit guten Ratschlägen kurz vor Tsipras' Ankunft. Bundeskanzlerin Angela Merkel stehe in der Pflicht, ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro zu verhindern, sagte Linken-Chefin Katja Kipping den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Merkel müsse Tsipras unter anderem bei dessen Besteuerungsplänen für Millionäre unterstützen.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Unionsfraktionschef Volker Kauder vor, mit "Schulmeisterei" gegenüber Athen die Eurozone gespalten zu haben. Er rief Merkel dazu auf, die Wogen zu glätten und ein Scheitern des Euro zu verhindern.

Grünen-Chef Cem Özdemir sagte den "Ruhr Nachrichten", Athen werde die Krise "nicht ohne europäische Unterstützung bewältigen können". Ein Austritt des Landes aus der Eurozone hätte auch für Europa "schwerwiegende Folgen". Tsipras müsse auf seinem Reformkurs weiter voranschreiten und Merkel müsse wiederum Schäuble mit auf den Weg geben, "respektvoll statt arrogant" mit den griechischen Partnern umzugehen, sagte Özdemir der Zeitung.

Bofinger für drittes Hilfspaket

Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst forderte die Bundesregierung zudem zu einer nachgiebigen Haltung auf. Er sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", er erwarte, dass Tsipras Merkel "deutlich die Lage in seinem Land" schildere. "Man kann die Leute nicht unendlich quälen", sagte Ernst. Er hoffe, dass in der Folge Vereinbarungen zum Wirtschaftswachstum Griechenlands getroffen würden. Wer den Griechen alles nehme, brauche sich "nicht zu wundern, wenn sie ihre Schulden nicht zahlen können", sagte der Linken-Politiker.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sprach sich für ein drittes Hilfspaket für die Griechen aus. Sollte in Athen die Bereitschaft zu einem vernünftigen Reformprogramm bestehen, "sollte es ein drittes Hilfspaket geben", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Es sei an der Zeit, vernünftige Szenarien zu entwickeln. Die von den internationalen Gläubigern gesetzten Ziele seien "vollkommen unrealistisch" gewesen. "Wir brauchen jetzt ein klares Bild der Lage und eine konservative Schätzung für Wachstum und Haushalt." Daraus lasse sich ableiten, wie viel Geld Athen benötige, sagte Bofinger.

Merkel selbst hatte im Vorfeld betont, eine konkrete Lösung werde es in dieser Runde nicht geben. Auch die deutsch-griechischen Beziehungen dürften ausführlicher besprochen werden. Sie hatten im Zuge des Schuldenstreits zuletzt gelitten.

Quelle: ntv.de, nsc/AFP/dpa

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