Dritter Rettungskredit für Athen Deutschland stellt "sachfremde" Forderung
09.08.2015, 12:09 Uhr
Rettungswesten am Strand der griechischen Ägäis-Insel Kos - rund fünf Kilometer vom türkischen Festland entfernt.
(Foto: REUTERS)
Geld für Griechenland soll es erst geben, wenn Griechenland die Flüchtlingskrise gemeistert hat, soll der deutsche Finanzstaatssekretär gefordert haben. Stimmt nicht, sagt das Ministerium.
Das Bundesfinanzministerium fordert einem Bericht zufolge, dass Griechenland erst sein Flüchtlingsproblem in den Griff bekommt, bevor das dritte Hilfsprogramm beschlossen wird.
Die gewöhnlich gut informierte "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" schreibt, der deutsche Finanzstaatssekretär Thomas Steffen habe diese Forderung am Freitagabend bei einer Telefonkonferenz mit seinen EU-Kollegen erhoben. Andere Staaten hätten dies als "sachfremd" zurückgewiesen. Das Bundesfinanzministerium dementierte den Bericht.
Ein Sprecher des Ministeriums sagte, Steffen habe in der Telefonkonferenz daran erinnert, dass Griechenland gemäß der Vereinbarung des Euro-Gipfels vom 12. Juli seine Verwaltung modernisieren müsse und dies entsprechend im Memorandum of Understanding – dem neuen Kreditabkommen – zu verankern sei. Die Modernisierung erfasse "selbstverständlich" alle Bereiche der griechischen Verwaltung.
Griechenland ist mit der Bewältigung der Flüchtlingskrise völlig überfordert. Allein im Juli kamen nach Zahlen der EU-Grenzschutzbehörde Frontex mindestens 49.550 Flüchtlinge in Griechenland an - das sind so viele im gesamten Jahr 2014. Das UN-Flüchtlingswerk nannte die Situation der Flüchtlinge in Griechenland "absolut beschämend". Der Leiter der Europa-Abteilung des UNHCR, Vincent Cochetel, kritisierte, dass es in Griechenland praktisch keine Infrastruktur für die Aufnahme von Flüchtlingen gebe. Zugleich beklagte er, die finanziellen Hilfen der EU für Griechenland seien zu niedrig und kämen zu spät.
Weitere Differenzen
Bei der Telefonkonferenz der Finanzstaatssekretäre wurden der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge außerdem Differenzen zwischen Berlin und Paris mit Blick auf den neuen Treuhandfonds offenbar. Details nannte das Blatt nicht. Auf den Fonds soll die griechische Regierung Vermögenswerte von bis zu 50 Milliarden Euro übertragen. Laut FAS will die Bundesregierung zunächst nur 20 Milliarden Euro für Griechenland freigeben, die mit Griechenland verhandelnden Institutionen hielten 30 bis 35 Milliarden Euro für richtig.
Trotz der mutmaßlichen Blockade der Bundesregierung berichten die griechischen Medien, dass ein rascher Abschluss der Verhandlungen möglich sei. Bis Donnerstag könne eine Einigung vom griechischen Parlament verabschiedet werden, schreibt die Zeitung "Kathimerini".
Aus Brüssel verlautete, die Gläubiger-Institutionen hätten sich auf einen 27-seitigen Entwurf für ein Abkommen geeinigt. Darin seien die Auflagen für die griechische Regierung im Gegenzug für neue Milliardenhilfen fixiert. Dieser müsse noch mit der Regierung in Athen abgestimmt werden.
Bis zum 20. August muss Griechenland frisches Geld bekommen, um 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen zu können. Der klamme Euro-Staat ist mit 313 Milliarden verschuldet, ein drittes Hilfspaket soll bis zu 86 Milliarden Euro umfassen.
Gelingt eine Einigung, müssten darüber nicht nur das griechische Parlament, sondern auch der Bundestag sowie die Volksvertretungen einiger anderer Staaten der Eurozone abstimmen. Gelingt sie nicht, wäre eine weitere Brückenfinanzierung notwendig, die allerdings ebenfalls noch ausgehandelt werden müsste.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa