Politik

Gabriels ZDF-Interview sorgt weiter für Diskussionen Die CSU sagt schon mal Ja

Seehofer ist zufrieden mit dem Koalitionsvertrag - vor allem der von ihm vehement geforderten Pkw-Maut.

Seehofer ist zufrieden mit dem Koalitionsvertrag - vor allem der von ihm vehement geforderten Pkw-Maut.

(Foto: dpa)

Keine Gegenstimme und keine Enthaltung - mit eindeutigem Ergebnis stimmt die CSU dem schwarz-roten Koalitionsvertrag zu. Stolz ist Parteichef Seehofer vor allem auf die Pkw-Maut, Kritiker weist er in die Schranken. Eindeutig äußert er sich zum ZDF-Interview von SPD-Chef Gabriel. Aber auch Marietta Slomka stellt etwas klar.

Als erste der drei beteiligten Parteien hat die CSU den schwarz-roten Koalitionsvertrag gebilligt. Parteichef Horst Seehofer verteidigte zugleich den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und wies verfassungsrechtliche Bedenken gegen den SPD-Mitgliederentscheid zurück. Rückendeckung für Gabriel kam auch aus Nordrhein-Westfalen: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schloss eine Kanzlerkandidatur für sich definitiv aus - und machte damit indirekt klar, dass sie im Falle des Scheiterns von Schwarz-Rot bei einer Neuwahl nicht als SPD-Kanzlerkandidatin zur Verfügung steht.

Die CSU segnete das Vertragswerk formell ab. Der Parteivorstand und die CSU-Landesgruppe im Bundestag stimmten der Übereinkunft in einer gemeinsamen Sitzung in München einstimmig zu. "Es gab keine Gegenstimme und auch keine Enthaltung", sagte Seehofer. Als Erfolg wertet die CSU vor allem, dass die angestrebte Pkw-Maut für Ausländer im Vertrag steht - auch wenn wegen der klar formulierten Bedingungen von vielen Seiten bezweifelt wird, dass diese tatsächlich Realität wird.

Über Kritiker am Maut-Kompromiss sagte Seehofer: "Es gibt halt schlechte Verlierer - ob sie von der Opposition kommen, ob sie vom ADAC kommen oder von der Union." Die Maut stehe als "Gesetzesbefehl" im Koalitionsvertrag - "und das wird auch kommen". Klagen der Nachbarländer Österreich oder Niederlande beeindruckten ihn nicht. "Ich bin doch nicht gewählt worden, um die Interessen Österreichs oder der Niederlande zu vertreten, sondern ich bin gewählt worden, um die Interessen Bayerns und Deutschlands zu vertreten."

Ministerraten geht weiter

Die künftigen CSU-Minister wollte Seehofer - wie zwischen Union und SPD vereinbart - zunächst nicht nennen. Er bestätigte aber in der Sitzung nach Teilnehmerangaben erstmals, dass die CSU drei Ministerien bekommt. Als wahrscheinlich galt zuletzt, dass die CSU ihre drei bisherigen Ressorts behalten könnte. Hans-Peter Friedrich würde dann voraussichtlich weiter das Innenministerium führen. Generalsekretär Alexander Dobrindt könnte das Verkehrsministerium übernehmen, der bisherige Verkehrsminister Peter Ramsauer das Verbraucherministerium. Die Verteilung der Ministerposten soll erst nach dem Mitgliedervotum bekannt gegeben werden.

Derweil machten zwei führende CDU-Politiker ihrem Unmut über den Koalitionsvertrag mit der SPD öffentlich Luft. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach und der Wirtschaftsexperte Carsten Linnemann forderten in einem gemeinsamen Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" eine kritische Debatte über den Inhalt des Vertrags. Sie mahnten, nicht den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher und sozialer Leistungsfähigkeit aus den Augen zu verlieren. Viele Verabredungen im Koalitionsvertrag könnten sie - wenn auch mit Stirnrunzeln - unterstützen, betonten beide. "Ein wichtiges Kapitel ist allerdings nicht geschrieben worden. Die Überschrift könnte lauten: So stärken wir den Wirtschaftsstandort Deutschland!"

"Auch wenn man langsam in die falsche Richtung fährt, entfernt man sich stetig vom richtigen Ziel", schreiben Bosbach und Linnemann. "Nur wenn Deutschland auch in Zukunft wirtschaftlich stark und international wettbewerbsfähig ist, werden wir unseren Sozialstaat auf Dauer erhalten oder sogar noch ausbauen können." Sie kritisierten, dass sich die Politik auf dünnes Eis begebe, wenn sie sich bei Versprechen allein auf günstige Wachstumsprognosen verlasse.

Slomka wehrt sich gegen Vorwurf

Derweil sorgt ein ZDF-Interview weiter für Aufregung, in dem sich Gabriel ein scharfes Wortgefecht mit der "heute-journal"-Moderatorin Marietta Slomka geliefert hatte. Der SPD-Chef bezeichnete Bedenken gegen den SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag dabei empört als "Quatsch". Das Parteiengesetz verpflichte zur innerparteilichen Demokratie. In der CDU etwa entscheide nur der Parteivorstand. "Dann entscheiden ja noch weniger Menschen über das Schicksal der deutschen Demokratie."

Slomka wies Gabriels Vorwurf der Parteilichkeit in einem "Bild"-Interview zurück: "Die Vielzahl von Interviews, die ich in den letzten zwölf Jahren geführt habe, belegen, dass dieser Vorwurf jeder Grundlage entbehrt. Ich trage keine parteipolitische Brille. Als Journalistin habe ich die Aufgabe, Politiker mit Kritik zu konfrontieren", sagte Slomka.

Auch Gabriel verteidigte seine harschen Antworten: "Man muss doch auch mal Emotionen zeigen", sagte er in einer Aufzeichnung für das RTL-Magazin "Sonntags live". Wir sind ja keine kalten Fische und manche Journalisten glauben, wir Politiker seien so zum Watschenmann da." Das scheine etwas in Mode gekommen zu sein. Er finde das alles nicht dramatisch. "Man darf sich auch mal streiten."

Gabriel wirbt in Bremen für Zustimmung

In München gab CSU-Chef Seehofer Gabriel Rückendeckung und kritisierte gleichzeitig das ZDF. Er habe sich deshalb an den ZDF-Intendanten gewandt, sagte der CSU-Chef in München und sprach von absurden Fragen. Mit Blick auf die Abstimmungsprozesse in CDU und CSU ergänzte er: "Wenn ein Mitgliederentscheid verfassungsrechtlich fragwürdig ist, dann sind's unsere Veranstaltungen gleich doppelt und dreifach." Bei der CDU entscheidet ein kleiner Parteitag über den Koalitionsvertrag, bei der CSU tun dies der Vorstand und die CSU-Bundestagsabgeordneten.

Der bei der Bundestagswahl im September unterlegene damalige Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nahm Gabriel ebenfalls in Schutz: "Ich kann mich an ein Interview im Wahlkampf mit Frau Slomka erinnern, das mir äußerste Disziplin und Höflichkeit abverlangt hat", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Politiker müssen sich keineswegs alles gefallen lassen. Etwas mehr Respekt im wechselseitigen Umgang täte uns allen gut."

Der Verfassungsrechtler Christoph Degenhart hatte die Frage aufgeworfen, ob es legal sei, wenn SPD-Mitglieder einen größeren Einfluss auf die Politikbildung hätten als Nicht-Mitglieder - also Millionen Wähler. Nach einer Serie von 32 Regionalkonferenzen lässt die SPD ihre etwa 470.000 Mitglieder per Briefwahl über den Vertrag mit der Union abstimmen. Das Ergebnis soll am 14. Dezember feststehen.

Nach einem Treffen in Hessen warb Gabriel nun bei einer Regionalkonferenz in Bremen um Zustimmung zum Koalitionsvertrag. Die SPD habe jetzt die Chance, etwa bei der Rente Fehler der eigenen Regierungszeit und der Agenda 2010 zu korrigieren, sagte der SPD-Chef in Bremen. Auch führende CDU-Landespolitiker wie der nordrhein-westfälische Parteichef Armin Laschet oder seine rheinland-pfälzische Kollegin Julia Klöckner hoben bei Parteiveranstaltungen die Vorteile des Vertrages für ihr Land hervor.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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