Griechen wählen knappe Spar-Mehrheit Die Qual geht weiter
18.06.2012, 14:34 Uhr
Die Griechen stehen immer noch vor einem langen und beschwerlichen Weg, wenn sie sich aus der Krise befreien wollen.
(Foto: REUTERS)
Die Wahl in Griechenland ist so ausgegangen, wie es sich viele Europäer gewünscht haben. Regierungschefs reagieren erleichtert, die Börsenkurse zeigen nach oben. Ein Befreiungsschlag ist die Wahl darum noch lange nicht.
Nicht nur . Der Riss, der zwischen den Sparern und den Schuldenmachern verläuft, geht durch ganz Europa, er trennt die Ökonomen dieser Welt und geht quer durch die Analystenscharen an den Börsen.

ND-Chef Antonis Samaras: Seine konservative Partei wurde stärkste Kraft, Samaras könnte Ministerpräsident werden.
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Dass die Griechen sich nicht einig über den weiteren Kurs sind, wurde bei der offensichtlich: Die gemäßigt sozialistische Partei Pasok, die am ehesten eine Position der Mitte vertritt, verlor nochmals, nur jeder achte Wähler gab ihr die Stimme - bis November 2011 hatte die PASOK noch eine absolute Mehrheit im Parlament. Zulegen konnten dagegen die konservative "Neue Demokratie" (ND), die sich dem Spardiktat aus Brüssel zumindest im Grundsatz unterwerfen möchte und die , die eher einen Austritt aus der Eurozone in Kauf nähme, als noch weiter in die Taschen der Bürger zu greifen. Die ND wird wohl mit der Pasok eine Regierung bilden können, die weiter umsetzt, doch die Stärke der radikalen Linken verheißt wenig Frieden: Syriza ist in der Lage, die Menschen zu Massenprotesten und Streiks auf die Straße zu bringen. Auch mit der neuen Mehrheit wird Griechenland also nur mit großen Mühen zu kleinen Schritten in der Lage sein.

Pasok-Chef Evangelos Venizelos: Seine gemäßigt sozialistische Partei hatte bis November 2011 die absolute Mehrheit im Parlament, nun könnte sie Juniorpartner in einer Koalition werden.
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Obwohl die europäischen Regierungen und Institutionen und die Börsenkurse zunächst stiegen, halten viele Ökonomen und Politiker den Wahlausgang für das Schlimmste, was hätte passieren können. Der Austritt Griechenlands aus dem Euro wird nur verlangsamt, befürchten sie. Sie glauben nicht, dass sich Griechenland ohne eine eigene Währung retten kann. Das Land leidet unter einer enormen Arbeitslosenquote, schlecht arbeitenden Finanzämtern und an Steuerflucht, die in ihrem Ausmaß dem Staatshaushalt ernsthaft schadet.
Der ND trauen viele nicht

Syriza-Chef Alexis Tsipras: Seine radikal-linke Partei wurde zweitstärkste Kraft. An einer Regierungsbeteiligung ist er nicht interessiert, eher wird er die Massen gegen einen Sparkurs mobilisieren.
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Würde Griechenland aus dem Euro aussteigen und eine eigene Währung einführen, könnte es diese abwerten, um die Exportwirtschaft in Schwung zu bringen. Um unter dem immer noch relativ starken Euro einen ähnlich Effekt zu erreichen, müssten einschneidende Reformen durchgesetzt werden - was aber zum einen durch die Stärke der Linken unwahrscheinlich wird, zum anderen könnte es genauso gut sein, dass sich die Abwärtsspirale durch die Sparmaßnahmen immer schneller dreht: Auch mit niedrigen Löhnen ist in Griechenland an große Investitionen derzeit nicht zu denken. Geringere Renten und Löhne bedeuten darum vor allem eine geringe Nachfrage im Inland, was die Wirtschaft weiter bremst. Solange die griechische Wirtschaft aber nicht gesundet, wird der Staat nicht ohne Hilfe an Geld kommen, muss also unter dem Rettungsschirm bleiben.
Hätten sich die Griechen für die radikal-linke Position entschieden, hätte nun alles schnell gehen können: Die EU hätte vielleicht ein letztes Spar-Ultimatum gestellt, Griechenland dieses nicht eingehalten und Europa die Zahlungen eingestellt. Dann wäre der Euro-Austritt unvermeidbar gewesen. Auch wenn diese Option nach einem schnellen und damit wenig schmerzhaften Ende der Hängepartie klingt, ist sie mit großen Risiken verbunden: Zum einen könnten Länder wie Italien und Spanien in der Bonität abrutschen und in eine ähnliche Situation geraten. Zum anderen würden wohl viele griechische Banken Pleite gehen, was wegen des eng vernetzten Finanzsystems international für eine neue Finanzkrise sorgen könnte.
Griechenland wird sparen, wie es Brüssel verlangt
Ob die nun stärkste Partei ND die richtige ist, um dem griechischen Staat die Sparsamkeit beizubringen, darf bezweifelt werden: Sie war es, die aus der Opposition heraus Einsparungen verhinderte, die von der Pasok angestrebt wurden. ND-Kandidat ist auf der europäischen Bühne darum kein Unbekannter, gilt sogar als Sturkopf. Viele geben ihm eine Mitschuld an der Lage.
Da sich die Griechen für ein "Weiter so" ausgesprochen haben, bleibt zunächst wohl alles beim Alten: Griechenland wird von den das Nötigste umsetzen und die EU wird dafür die Schulden des Landes übernehmen. Noch haben die Geber Hoffnung, dass Griechenland sich mit dieser Rückendeckung irgendwann wieder selbst helfen kann. Die Frage ist: Wie viel Zeit wird Griechenland dafür gegeben? Oder genauer: Wie viel Geduld bringt Angela Merkel auf? Das Wahlergebnis hat es ihr nicht einfacher gemacht. Ein Befreiungsschlag ist es also ganz bestimmt nicht.
Quelle: ntv.de