Politik

Ein Jahr nach geplantem Start EU startet Konferenz zur eigenen Zukunft

Frankreichs Präsident Macron wird die Konferenz mit einer Rede in Straßburg eröffnen, in der er seine Vorstellungen für die Reformdebatte erläutern will.

Frankreichs Präsident Macron wird die Konferenz mit einer Rede in Straßburg eröffnen, in der er seine Vorstellungen für die Reformdebatte erläutern will.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Nach langem Vorlauf startet ein umfassendes Reformprojekt für die Europäische Union. Mit breiter Beteiligung sollen bis 2022 konkrete Vorschläge erarbeitet werden, wie die EU bürgerfreundlicher und effizienter werden könnte.

Wie wird die EU bürgerfreundlich und effizient? Wie viel Macht soll Brüssel haben? Die Reformdebatte geht in eine neue Runde: An diesem Sonntag, dem Europatag, geben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der französische Präsident Emmanuel Macron in Straßburg den Starschuss für eine auf ein Jahr angelegte Konferenz zur Zukunft Europas, bei der Bürger aus allen Mitgliedsstaaten mitreden dürfen.

Bis zum Frühjahr 2022 sollen konkrete Vorschläge erarbeitet werden. Die Erwartungen sind allerdings höchst unterschiedlich. Das Europaparlament möchte den Ausgang offen halten, mit der Möglichkeit tiefgreifender Reformen. So brachte zum Beispiel der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, eine Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten ins Spiel. Die Doppelspitze mit dem Ratspräsidenten solle abgeschafft werden, sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Viele der EU-Mitgliedsstaaten scheuen hingegen weitreichende Korrekturen, für die die EU-Verträge geändert werden müssten. Denn in einigen Staaten müsste es dann Volksabstimmungen geben, die in der Vergangenheit bisweilen scheiterten. Zudem fürchten die EU-Staaten eine Machtverschiebung nach Brüssel.

Über Sinn und Ziele der Konferenz gab es deshalb bis zuletzt Streit. Noch vor wenigen Tagen drohten EU-Abgeordnete damit, die Auftaktveranstaltung am Sonntag platzen zu lassen. Dann gelang ein Kompromiss.

"Europa ist die beste Idee, die wir haben"

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak rief zum Europatag dazu auf, die europäische Idee mit Leben zu füllen. "Der heutige Europatag erinnert uns daran, dass wir europäische Krisen nur gemeinsam lösen können", sagte Ziemiak ntv.de. Die Pandemie habe auch Schwächen der EU offengelegt. "Gleichzeitig wird aber deutlich: Durch jede große Krise kommt man am besten nur gemeinsam. Es gab in den vergangenen Monaten viele Momente europäischer Solidarität, die im Gedächtnis bleiben: etwa die Hilfe der Bundeswehr auf portugiesischen Intensivstationen. Oder die Versorgung europäischer Corona-Kranker in deutschen Kliniken. Das macht Hoffnung und zeigt: Das Prinzip gegenseitiger Unterstützung lebt."

Zugleich müsse die EU mehr als Krisenmanagement sein, so Ziemiak. "Globaler Wettbewerb, Klimapolitik oder die Verfolgung internationaler Kriminalität lassen sich nur in der europäischen Gemeinschaft gestalten und Europa ist die beste Idee, die wir haben."

"Die EU-Reform wird politische Schwerstarbeit"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte in einem Aufruf mit 20 weiteren gewählten Staatsoberhäuptern aus EU-Ländern an die Europäer, sich zu beteiligen. Die Corona-Pandemie habe "Stärken der europäischen Integration aufgezeigt, aber auch ihre Schwächen". Darüber müsse man reden.

Der Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan warnte davor, dass die Zukunftskonferenz zum Debattierklub verkommen könnte. Ziel sei, Bürgern, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und anderen Gehör zu verschaffen. "Das einzige, worauf wir uns bisher einigen konnten, ist das Startdatum", klagte Schirdewan. "Alles andere sieht eher wie ein Trauerspiel aus."

Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte voraus: "Die EU-Reform wird politische Schwerstarbeit." Und weiter: "Beim Vorhaben Europa demokratischer, bürgernäher und handlungsfähiger zu machen, wird uns harter Gegenwind aus Europas Hauptstädten ins Gesicht blasen."

Eigentlich sollte die Zukunftskonferenz schon vor genau einem Jahr anfangen. Doch dann kam die Pandemie dazwischen - und der politische Streit.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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