Ukraine: "Alle reden nur" Erdogan ätzt gegen Scholz und Macron
23.02.2022, 15:16 Uhr
Seine Afrika-Reise hat der türkische Präsident Erdogan wegen der Russland-Krise abgebrochen.
(Foto: picture alliance / AA)
Die russische Aggression gegen die Ukraine stürzt die Türkei in einen Konflikt. Auf seine freundlichen Beziehungen zu Putin will der türkische Präsident nicht verzichten. Als NATO-Mitglied verurteilt Ankara die Gewalt. Nun sucht Erdogan einen Ausweg und beschwert sich über die westliche Diplomatie.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich über westliche Diplomatie im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland beschwert. "Alle reden nur, keiner tut etwas", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Erdogan. Der französische Präsident Emmanuel Macron und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz seien in Moskau gewesen, auch US-Präsident Joe Biden rede immer davon, dass man im Gespräch mit Russland sei. "Aber dabei ist nichts rausgekommen", so Erdogan. Nun liege es an der NATO, etwas zu unternehmen. Welche Aktionen er damit meinte, ließ Erdogan jedoch offen.
Das NATO-Land Türkei pflegt sowohl zur Ukraine als auch zu Russland enge Beziehungen. Erdogan sagte, die Türkei werde keinen der beiden Partner aufgeben. Die Türkei habe ein großes Interesse an engen Beziehungen zur Ukraine. Ankara verkauft Kiew etwa Kampfdrohnen. Auch die "sehr fortgeschrittenen" Beziehungen zu Russland wolle man nicht aufgeben. Ankara ist unter anderem wegen Gaslieferungen abhängig von Moskau.
NATO-Mitglied mit Kreml-Connection
Am Dienstag hatte Erdogan vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise eine Afrika-Reise abgebrochen. Erdogan werde seinen geplanten Besuch in Guinea zu einem späteren Zeitpunkt nachholen, teilte die türkische Präsidentschaft mit. Zuvor hatte Erdogan die Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete durch Russland als "inakzeptabel" bezeichnet und Moskau zur Einhaltung des Völkerrechts aufgefordert.
In einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj erklärte Erdogan laut seinem Büro, Ankara lehne "jede Entscheidung ab, die die territoriale Integrität der Ukraine untergräbt". In dem Telefonat am Dienstag sprach sich Erdogan den Angaben zufolge allerdings ebenfalls dafür aus, "alle diplomatischen Wege" auszuloten, "um eine Lösung zu finden".
Erdogan hatte mehrfach seine Vermittlung in dem Konflikt angeboten. Die Türkei gilt als ein Verbündeter der Ukraine. Die russische Annexion der Krim im Jahr 2014 lehnte Erdogan wegen der historischen Präsenz ethnisch-türkischer Tataren auf der Halbinsel entschieden ab.
Erdogan pflegt zugleich enge Beziehungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Trotz unterschiedlicher Positionen unter anderem im Syrien-Konflikt stärkten Ankara und Moskau in den vergangenen Jahren ihre Handels- und Verteidigungsbeziehungen. Der Kauf des russischen Flugabwehrraketensystems S-400 durch die Türkei sorgte für Unmut bei den NATO-Partnern. Ankara bekam jedoch auch den Zorn Moskaus zu spüren, als es Kampfdrohnen an die Ukraine verkaufte.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP