Biden-Niederlage hätte Folgen Experte zeichnet düsteres Szenario für Krieg in der Ukraine
02.02.2024, 00:08 Uhr Artikel anhören
Bereits jetzt fehlt der Ukraine dringend notwendige Artilleriemunition.
(Foto: picture alliance / Anadolu)
Der Militärexperte Gustav Gressel skizziert drei mögliche Wege, wie sich der Krieg in der Ukraine in diesem Jahr entwickeln könnte. In einem Szenario zerbricht das westliche Unterstützerbündnis für die Verteidigung des Landes komplett - die Folgen wären drastisch.
Der Militärexperte Gustav Gressel vom European Council of Foreign Relations (ECFR) sieht drei mögliche Szenarien für den Verlauf des Kriegs in der Ukraine. "2024 wird die schwierigste Zeit für die Ukraine seit den ersten beiden Monaten der Invasion sein", schreibt Gressel in einem Artikel für das EFCR.
Dies führt er auf das Zögern des Westens, die Waffenproduktion hochzufahren und die mangelnde Planung für die Zeit nach der Gegenoffensive zurück. Aus seiner Sicht gibt es drei mögliche Szenarien, wie sich die Lage weiter entwickeln könnte.
Im negativsten Szenario wird Donald Trump erneut republikanischer Präsidentschaftskandidat und im US-Kongress wollen die Republikaner Biden unter allen Umständen scheitern sehen und weigern sich, mit dem amtierenden Präsidenten einen Deal zu machen, um die Waffenlieferungen wieder ins Laufen zu bringen. Die Europäer liefern dagegen weiter Waffen, aber schlichtweg zu wenig. Der Ukraine fehlen so weiter Artillerie-Munition und Raketen. In der Folge setzen die Russen die ukrainischen Truppen unter Druck, die sich zurückziehen müssen.
Europäer könnten Hilfe einstellen
Durch fehlende US-Lieferungen hat die Ukraine einen Mangel an Flugabwehrraketen. Russland nutzt dies aus und weitet seine Bombenangriffe auf ukrainische Städte aus. "Die zunehmend düsteren Aussichten veranlassen viele Ukrainer zur Flucht. Bis Ende 2024 werden zehn Millionen Ukrainer in die EU geflohen sein, Tendenz steigend", schreibt Gressel. Die Kosten, die den Europäern durch die Aufnahme von Flüchtlingen entstehen, würden dann bei Weitem die Kosten für die militärische Unterstützung Kiews übersteigen.
Im November siegt Trump bei der US-Wahl gegen Biden und in einer panischen Reaktion, in Erwartung der Einstellung der US-Unterstützung für Europa, stellen auch die europäischen Staaten ihre Lieferungen für Kiew ein und versuchen stattdessen ihre eigenen Truppen aufzurüsten - aus Angst vor einem russischen Angriff. "Der Krieg in der Ukraine wird von den meisten im Westen als verloren angesehen, obwohl die Ukraine selbst gegen alle Widrigkeiten weiterkämpft", so der Militärexperte in dem Negativ-Szenario.
In einem zweiten - ausgewogeneren - Szenario kann sich Biden mit den Republikanern immer wieder auf Hilfspakete einigen und auch die Europäer liefern weiter kontinuierlich Waffen. Gleichzeitig muss die Ukraine aber auch Lücken an der Front füllen und die Rekrutierung neuer Soldaten erweist sich als immer schwieriger, so der Militärexperte. "Kurz gesagt, die Ukraine bleibt in der Defensive und überlebt das Jahr 2024, wobei der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen über den Verlauf des Kriegs entscheiden wird."
Trump wird nicht Kandidat - die Ukraine profitiert
Überdies zeichnet Gressel ein Szenario, in welchem Trump schlichtweg nicht zur Gefahr für die Ukraine wird, da Nikki Haley die republikanische Kandidatin für die Präsidentschaftswahl wird. "Schnell kritisiert sie die Schwäche und Unentschlossenheit der Regierung, woraufhin Joe Biden der Ukraine mehr Hilfe zukommen lässt", schreibt der ECFR-Experte. "Die Stimmung im Land dreht sich, und die USA beginnen, die Ukraine großzügiger zu unterstützen, insbesondere mit moderneren F-16-Kampfflugzeugen, die über geeignete Abstandsmunition und ATACMS-Raketen verfügen".
Damit könnte die Ukraine die russische Luftwaffe weiter von der Front verdrängen und den russischen Truppen "erhebliche Verluste" zufügen. Gleichzeitig schaffe es die Ukraine, die Ausbildung der Truppen zu verbessern und neue Waffensysteme einzuführen.
Auch die Europäer schaffen es, die Entwicklung und Produktion von Waffen und Munition anzukurbeln. "Und obwohl der Schritt der EU viel zu spät kommt, um in diesem Jahr noch etwas zu bewirken, wird er in den Folgejahren spürbar sein. So hat die Ukraine bis Ende 2024 die Voraussetzungen geschaffen, um 2025 wieder die Initiative zu ergreifen und weitere Gebiete zu befreien", so Gressel. In diesem Fall hätte aus seiner Sicht auch der Ausgang der Präsidentschaftswahl nur wenig Einfluss auf den Fortgang des Kriegs.
Quelle: ntv.de, lme