Schwarze Liste und Strafen G20 sagen Steueroasen den Kampf an
15.04.2016, 22:02 Uhr
Aktivisten demonstrieren vor dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel gegen Steueroasen.
(Foto: REUTERS)
Nach den größten europäischen Staaten wollen auch die führenden Industrie- und Schwellenländer der Welt gegen Steueroasen vorgehen. Diese sollen in einer Liste erfasst - und bestraft werden. Transparency International ist das zu wenig.
Als Konsequenz aus den Enthüllungen der "Panama Papers" fasst die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer Sanktionen gegen Steueroasen ins Auge. Bis Juli sollten jene Länder benannt werden, die bei den Anstrengungen für mehr Steuertransparenz nicht kooperierten, um gegebenenfalls Strafmaßnahmen gegen sie zu verhängen, erklärten die Finanzminister der Staatengruppe nach Beratungen in Washington am Rande der IWF-Frühjahrstagung.
Die Staatengruppe plädiert auch dafür, mehr Transparenz darüber zu schaffen, wer die Profiteure von Briefkastenfirmen in solchen Steueroasen sind. Bis Oktober sollen Vorschläge dafür erarbeitet werden, wie Daten über solche "profitierenden Eigentümer" zwischen den Staaten ausgetauscht werden können. Bessere Informationen über die Nutznießer solcher Konstruktionen seien entscheidend, um den Missbrauch von Steueroasen und Briefkastenfirmen "für Korruption, Steuervermeidung, Terrorismus-Finanzierung und Geldwäsche zu verhindern", heißt es in der Erklärung.
OECD soll Liste erstellen

Bundesfinanzminister Schäuble begrüßt in Washington den Chef der chinesischen Zentralbank (l), dazwischen der chinesische Finanzminister.
(Foto: REUTERS)
Die G20-Gruppe beauftragte die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie die internationale Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche (FATF), Vorschläge für den Datenaustausch über die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen zu erarbeiten. Die Schwarze Liste der Steueroasen soll von der OECD erstellt werden.
Mit ihrer Erklärung knüpfte die G20-Gruppe im Wesentlichen an eine Initiative von Deutschland und vier anderen großen westeuropäischen Ländern an. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien hatten am Vortag in einem gemeinsamen Brief eine Schwarze Liste und die Bestrafung von Steueroasen sowie den globalen Austausch von Daten über die Nutznießer von Briefkastenfirmen verlangt. "Künftig sollte niemand in der Lage sein, seine Aktivitäten hinter komplexen legalen Strukturen zu verstecken", sagte Schäuble. Die Vorstöße der G5 und G20 sind die erste staatenübergreifende Reaktion auf den Panama-Skandal.
"Fliegenklatsche" statt "Hammerschlag"
Die Antikorruptions-Organisation Transparency International bezeichnete die G5-Initiative als "nicht weitgehend genug". Sie werde "als Hammerschlag angepriesen, sei aber nicht mehr als ein Wischer mit der Fliegenklatsche", erklärte Transparency-Europachef Carl Dolan. Der Datenaustausch unter den Behörden reiche nicht, vielmehr müssten die Informationen über die Nutznießer von Briefkastenfirmen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Panama kündigte unterdessen an, die Anwaltskanzleien im Land stärker zu kontrollieren sowie sich am internationalen Austausch von Steuerinformationen zu beteiligen. "Panamas Weg zu mehr Transparenz ist unumkehrbar", erklärte Vizepräsidentin und Außenministerin Isabel De Saint Malo. Ihr Land werde "den automatischen Informationsaustausch auf bilateraler Ebene sofort und komplett umsetzen". Schäuble begrüßte die Kehrtwende Panamas, warnte aber vor überzogenen Erwartungen. "Das will ich nicht überbewerten", sagte er in Washington. Der Schritt zeige aber, dass der Ansatz richtig sei.
Die "Panama-Papers" führten unterdessen zu einem weiteren Rücktritt eines europäischen Regierungsmitglieds. Der spanische Industrieminister José Manuel Soria kündigte seinen vollständigen Rückzug aus der Politik an. Die Zeitung "El Confidencial" hatte berichtet, der Minister sei 1992 zwei Monate lang Geschäftsführer einer Offshore-Firma auf den Bahamas gewesen. Zuvor hatte im Zuge der Enthüllungen bereits der isländische Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson sein Amt abgeben müssen.
Quelle: ntv.de, mli/AFP