Kriegsverbrecher als Präsident Gaddafi-Sohn will in Libyen an die Macht
14.11.2021, 17:15 Uhr
Saif al-Islam (M.) wurde 2015 von einem Gericht in Tripolis wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt.
(Foto: via REUTERS)
Der Internationale Strafgerichtshof wirft Saif al-Islam Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor - als sein Vater Muammar al-Gaddafi vom libyschen Volk gestürzt wird, soll er zum Tod von friedlichen Demonstranten aufgerufen haben. Trotzdem will al-Islam in seiner Heimat Präsident werden.
Sechs Wochen vor der geplanten Präsidentschaftswahl in Libyen will sich ein Sohn des getöteten früheren Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi als Kandidat aufstellen lassen. Saif al-Islam reichte seinen Antrag dafür in der südlichen Stadt Sabha ein, wie die Wahlkommission mitteilte. Sie veröffentlichte bei Facebook auch Fotos davon, wie Al-Islam an einem Schreibtisch die nötigen Dokumente ausfüllt. Er ist mit langem Bart und in traditionellem Gewand zu sehen. Al-Islam habe auch einen Wahlzettel erhalten.
Al-Islam hatte in Libyen die brutale Niederschlagung von Protesten gegen seinen Vater im Jahr 2011 unterstützt. Im wurde vorgeworfen, im Rahmen der Aufstände zur Tötung friedlicher Demonstranten aufgerufen zu haben. Auf der Flucht wurde er dann von einer Miliz gefasst und kam in der westlibyschen Stadt Sintan in Haft. Dort verbrachte er nach eigener Aussage mehrere Jahre mit kaum Kontakt zur Außenwelt. Sonntag markierte seinen ersten öffentlichen Auftritt seit Jahren.
Seit 2014 fordert der Internationale Strafgerichtshof Al-Islams Auslieferung, um ihm wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess zu machen. 2015 wurde er von einem Gericht in Tripolis in Abwesenheit wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt. Die Machthaber in Sintan ließen ihn aber weder nach Tripolis überstellen, noch lieferten sie ihn aus.
Die Präsidentschaftswahl in Libyen ist für 24. Dezember geplant. Die Wahlkommission hatte vor einigen Tagen damit begonnen, Anträge möglicher Kandidaten zu sammeln. Zudem sind Hunderte Beobachter akkreditiert. Wegen anhaltender Auseinandersetzungen zwischen den politischen Lagern ist aber unklar, ob die Wahl überhaupt stattfindet. Ein Streitpunkt ist der Zeitpunkt der Parlamentswahl, die eigentlich am selben Tag stattfinden sollte.
Über eine mögliche Kandidatur Al-Islams war seit Monaten spekuliert worden. Im Sommer hatte er sich zehn Jahre nach seiner Flucht und nach mehrjähriger Gefangenschaft mit einem Interview zurück in die Öffentlichkeit gewagt. Gegenüber der "New York Times" hatte er angedeutet, möglicherweise für das Präsidentenamt zu kandidieren. Er zeigte sich dabei auch überzeugt, dass sich seine rechtlichen Probleme im Fall seiner Wahl ausräumen lassen würden.
Quelle: ntv.de, jhe/dpa