Edathy trifft auf Högl Genosse gegen Genossin
15.01.2015, 22:25 Uhr
Sebastian Edathy und Eva Högl im Untersuchungsausschuss.
(Foto: imago/CommonLens)
Der Edathy-Ausschuss führt zwei alte Bekannte wieder zusammen: Sebastian Edathy und Eva Högl. Bei ihrem Wiedersehen liefern sich die früheren SPD-Kollegen ein unerbittliches Duell. Die Stimmung ist giftig.
Plötzlich interessiert sich niemand mehr für Eva Högl. Die Leiterin des Edathy-Ausschusses steht gerade vor den Mikrofonen und bewertet den Auftritt von Ex-BKA-Chef Jörg Ziercke. Doch mit einem Mal schaut niemand mehr zu ihr. Die Fotografen drängen sich um Sebastian Edathy. Der frühere SPD-Abgeordnete, der wegen Kinderporno-Ermittlungen vor Gericht steht, hat sich zunächst unbemerkt zu den Zuhörern gestellt und lauscht Högls Worten. Mit spitzbübischem Bick und sichtlicher Genugtuung. Es ist so etwas wie das eins zu null für Edathy an diesem Tag.
Einige Augenblicke später fällt im Marie-Lüders-Haus die schwere Seitentür des Raums 3101 ins Schloss. Gemeinsam mit seinem Anwalt Christian Noll betritt Edathy den Saal. Högl steuert auf ihn zu und sagt mit reserviertem Blick: "Hallo Sebastian". Im Dezember waren die beiden im Ausschuss erstmals aufeinandergetroffen und hatten sich ein zähes wie gereiztes Wortgefecht geliefert. Anschließend sagte Högl, Edathy sei "unsachlich und unverschämt". Die zweite Begegnung läuft nicht viel versöhnlicher ab.
Edathy will seiner Erklärung aus dem Dezember nichts Wesentliches hinzufügen. Ein paar Bemerkungen macht er trotzdem. Zu dem Alkoholproblem, das ihm SPD-Kollege Michael Hartmann bescheinigt, sagt er "halbironisch": Nach seiner Beobachtung sei sein Konsumverhalten "im Bundestagsvergleich eher unterdurchschnittlich". Dann beschwert er sich über die lange Speicherfrist der Kommunikationsdaten von Bundestagsabgeordneten.
"Allen was aufs Maul, die das verdienen"
Högl verfolgt die teilweise konfusen Ausführungen ihres ehemaligen Kollegen mit schief gelegtem Kopf. Als Edathy fertig ist, spricht sie ihn auf einen Facebook-Beitrag an. "Allen was aufs Maul, die das verdienen", hatte dieser am Neujahrstag geschrieben. Högl will wissen: Wer muss da Angst haben und Rache befürchten? Edathy erwidert, das habe "nichts mit Rache zu tun", sondern sei "objektiv zutreffend".
Dann geht er zum Gegenangriff über. Der 45-Jährige zitiert aus einem Interview mit Högl. "Da haben Sie gesagt: Die SPD wird da gut rauskommen. Ich gehe davon aus, es geht hier um Wahrheitsfindung und nicht um das Ermitteln eines gewünschten Resultats." Später unterstellt Edathy ihr "interessengeleitete Fragen", Högl verdreht die Augen. Edathy erhebt schwere Vorwürfe gegen ihre SPD. Dennoch muss sie als Ausschuss-Leiterin unabhängigen Aufklärungswillen demonstrieren. Im Dezember gab es bereits Befangenheitsvorwürfe gegen die SPD. Högl ist angreifbar.
Die Stimmung ist vergiftet, beide Seiten sticheln. Man kann nur spekulieren, für wen die Begegnung unangenehmer ist. Die undankbarere Aufgabe obliegt wohl Högl. Jahrelang arbeitete sie eng zusammen mit Edathy. Im NSU-Untersuchungsausschuss traktierten sie die Zeugen gemeinsam, nun hat Högl die undankbare Aufgabe, den früheren Kollegen zu vernehmen. Der Kontext könnte vergnüglicher sein, aber es geht um Kinderporno-Vorwürfe.
Dazu kommt: Edathy wirkt diesmal etwas fahriger als bei seinem ersten Auftritt. Immer wieder macht er Nebenschauplätze auf, weicht den Fragestellern aus und macht ironische Bemerkungen. "Wären Ihnen Zeugen lieber, die 50 vorbereitete DinA4-Seiten vorlegen?", fragt er einmal und spielt auf den Auftritt Zierckes an. Fast alle Ausschussmitglieder schmunzeln über solche Sprüche - Högl und SPD-Kollege Grötsch nicht.
Und auch Grötsch bekommt noch einen Spruch. Als er wissen will, wie Edathy an eine bestimmte Akte kommen konnte, ätzt dieser: "Vielleicht sind Sie noch nicht lange genug dabei." Daraufhin stellt Grötsch klar: "Ich stelle die Fragen, Sie antworten." Einige Minuten später legt Edathy nach. Auf angebliche Rachegelüste gegenüber der SPD angesprochen, droht er, über SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann könnte er "noch ganz andere Sachen erzählen".
Kein klarer Sieger
Edathys wesentliche Aussage steht ohnehin: Allein Hartmann hielt ihn Ende 2013 und Anfang 2014 auf dem neuesten Stand. Ob es auch sein könnte, dass er Informationen aus der niedersächsischen Justiz erhalten habe, fragt Högl. Da blafft Edathy nur zurück: "Das würde Ihnen vielleicht besser gefallen, aber das habe ich nicht."
Einen klaren Sieger kennt das Duell zwischen den Genossen an diesem Tag jedoch nicht. Im Dezember war Högl noch kritisiert worden, sie habe sich zu sehr in den Vordergrund gespielt und ihre Befragung zu viel Raum eingenommen. Diesmal lässt sie früher von Edathy ab. Doch der hat noch eine Episode zu erzählen. Eine, die ihn gut dastehen lässt. Er verrät, dass Högl und er für das Amt des Fraktionsvizes vor eineinhalb Jahren beinahe gegeneinander angetreten wären. Im rechten Seeheimer Kreis habe man ihn zu einer Kampfkandidatur gegen Högl bewegen wollen, aber er verzichtete.
Später erteilt der wortgewandte Edathy noch etwas Unterricht in Sachen niedersächsischer Geografie. Als ein Ausschussmitglied Nienburg und Rehburg verwechselt, wo er Wohnung und Büro hatte, hilft Edathy aus. Nicht ohne süffisant hinzuzufügen: "Immerhin werden Nienburg und Rehburg jetzt mal in einem Protokoll des Deutschen Bundestags erwähnt. Das sind zwei sehr schöne Städte." Da muss sogar Eva Högl grinsen.
Quelle: ntv.de