Politik

Deutlich über dem Grenzwert Grundwasser enthält zu viel Nitrat

Umweltschützer machen die Landwirtschaft für die Nitrat-Belastung des Grundwassers verantwortlich.

Umweltschützer machen die Landwirtschaft für die Nitrat-Belastung des Grundwassers verantwortlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EU-Kommission überwacht die Nitratbelastung des Grundwassers in allen Mitgliedsstaaten. Ergebnis ihres aktuellen Berichts: Deutschland hat die zweithöchsten Werte. Grünenpolitiker und Umweltaktivisten machen die Agrarindustrie verantwortlich.

Das Grundwasser in Deutschland weist im EU-Vergleich die zweithöchste Nitratbelastung auf. Zwischen 2012 und 2015 überschritten 28 Prozent der deutschen Grundwassermessstationen im Schnitt den Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Wasser, wie die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf einen Bericht der EU-Kommission vermeldeten.

Nur auf Malta lag dieser Wert im selben Zeitraum höher, dort lagen 71 Prozent der Stationen über der 50-Milligramm-Grenze. Insgesamt verbesserte sich die Grundwasserqualität in den Mitgliedstaaten leicht. Im Vergleich zum vorigen Bericht sank die Zahl der belasteten Messstellen in der EU von 14,4 auf 13,2 Prozent.

Maximilian Hofmeier, Experte für Düngerecht beim Umweltbundesamt (UBA) sieht angesichts der Werte jedoch keine Gefahr für das Trinkwasser in Deutschland. In Regionen mit zu hohen Nitrat-Werten mischten die Wasserversorger das Trinkwasser etwa mit unbelastetem Rohwasser, um die Grenzwerte einhalten zu können. Allerdings sei das mit höheren Kosten verbunden.

Nitrat gelangt hauptsächlich über organische Düngemittel aus der Landwirtschaft, etwa Gülle, in das Grundwasser. In Gewässern begünstigen hohe Nitratwerte ein übermäßiges Wachstum von Algen und anderen Pflanzen. Der Abbau abgestorbener Pflanzen verschlingt viel Sauerstoff, was ein Fischsterben und ein "Umkippen" des gesamten Ökosystems zur Folge haben kann.

Deutschland verletzt EU-Verträge

Um die Nitratbelastung der Gewässer zu reduzieren schreibt die EU-Nitratrichtlinie Maßnahmen vor, die in den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Deutschland regelt die Umsetzung in der Düngeverordnung, die 2017 überarbeitet wurde. Darin gibt es unter anderem bestimmte Sperrfristen, in denen die Landwirt keine organischen Dünger auf den Feldern aufbringen dürfen. Das gilt zum Beispiel in Zeiten, in denen Pflanzen nicht wachsen und somit kein Nitrat aufnehmen. Die Verordnung enthält auch eine Obergrenze für organische Düngemittel.

"Mit der Novellierung der Düngeverordnung haben wir einige gute Ansätze, um die Nitrat-Belastung des Grundwassers zu senken", sagt Hofmeier vom UBA. Allerdings dauerten die Umsetzungsprozesse insgesamt zu lange, sodass kurzfristig nicht mit einer erheblichen Reduzierung der Belastung zu rechnen sei. Weil hierzulande die Richtlinie nach Ansicht der EU-Kommission nur unzureichend umgesetzt wird, läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.

Im Juni will der Europäische Gerichtshof (EuGH) darüber urteilen. "Die übermäßigen Einträge von Nitrat in unsere Gewässer müssen endlich konsequent reduziert werden, um unsere Trinkwasserressourcen zu schützen", sagte auch Karsten Specht, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), der unter anderem die Interessen kommunaler Wasserversorger vertritt. "Das Dünge-Paket ist dafür ein Schritt in die richtige Richtung, aber eben nicht ausreichend." Es müsse weniger Nitrat auf die Felder gelangen, das gelte insbesondere vor dem Hintergrund der EU-Nitrat-Klage gegen Deutschland.

Sollte es nicht gelingen, die Nitratbelastung der Gewässer zu senken, müssten die Verbraucher unter anderem mit zusätzlichen Kosten bei der Trinkwasseraufbereitung rechnen. Der Gehalt von Nitrat im Trinkwasser wird vor allem deswegen streng kontrolliert, weil hohe Konzentrationen für Säuglinge gefährlich werden können. Das Nitrat kann bei ihnen zu Nitrit umgewandelt werden, was dann letztlich die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigen kann.

Seen sind in schlechtem Zustand

Der Grünen-Politiker Friedrich Ostendorff forderte im Hinblick auf die aktuellen Zahlen ein Umdenken in der Agrarpolitik. "Der EU-Bericht bestätigt die hohe Belastung von Grundwasser durch Nitrate aus der Intensivtierhaltung", sagte der landwirtschaftliche Sprecher der Grünen-Fraktion den Funke-Zeitungen. Die Exportausrichtung der Intensivtierhaltung in Deutschland gehe auf Kosten von bäuerlichen Betrieben, Verbrauchern und Umwelt.

Erst im April war bekannt geworden, dass fast drei Viertel der deutschen Seen ökologisch in einem mittelmäßigen bis schlechten Zustand sind. Der Grund sind demnach unter anderem zu hohe Nährstoffeinträge. Die Umweltorganisation WWF warf "der Agrarindustrie" vor, das Wasser durch Überdüngung mit Nitrat zu belasten.

Quelle: ntv.de, fhe/AFP/dpa

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