Vor allem junge Straftäter anfällig Islamisten radikalisieren Häftlinge
02.03.2015, 20:49 Uhr
Vor allem junge Straftäter ohne berufliche Perspektiven sind anfällig für die Anwerbungsversuche.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Attentäter von Paris lernten sich im Gefängnis kennen, der Todesschütze von Kopenhagen war kurz zuvor aus der Haft entlassen worden - auch in Deutschland suchen Dschihadisten in Gefängnissen nach geeigneten Kandidaten für einen Glaubenskrieg
Islamisten versuchen nach Erkenntnissen von Justizexperten verstärkt, auch in deutschen Gefängnissen potenzielle Kandidaten für einen Glaubenskrieg anzuwerben. "In der Haft treffen ideologisierte Dschihadisten häufiger auf eine anfällige Klientel", sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback bei einer Fachtagung in München. Radikalisierte Häftlinge zu erkennen, aber nicht alle Häftlinge muslimischen Glaubens unter Generalverdacht zu stellen, sei ein "regelrechter Drahtseilakt", sagte Inken Gallner, Amtschefin im baden-württembergischen Justizministerium.
Spätestens seit den Anschlägen von Paris und Kopenhagen sei die Anwerbung in den Haftanstalten in den Fokus gerückt, sagte Gallner. Die Attentäter von Paris hatten sich im Gefängnis kennengelernt, der Attentäter von Kopenhagen war kurz vor der Tat aus der Haft entlassen worden. Eine generelle Isolation von Islamisten hinter Gittern lehnten Vertreter der Bundesländer ab.
Vor allem junge Straftäter seien gefährdet, hieß es bei der Tagung. Sie hätten niedrige Bildungsabschlüsse, seien gewaltbereit und suchten einfache Erklärungen für ihr Leben sowie Anerkennung. Viele Syrien-Ausreisende sind zuvor straffällig gewesen.
Nach Angaben von Thomas Beck, Bundesanwalt und Terrorismusexperte beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, ist zwischen den Kämpfern des Islamischen Staates (IS) und der Terrororganisation Al-Kaida ein Wettbewerb um die Vorherrschaft unter den Dschihadisten entbrannt. Die Propagandamaschinerie in den sozialen Netzwerken laufe auf Hochtouren. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis in Deutschland ein Anschlag verübt werde. "Die Perspektive ist nicht erfreulich."
Quelle: ntv.de, jve/dpa