Strafverschärfung aufheben Kabinett justiert beim Thema Kinderpornografie nach
07.02.2024, 17:54 Uhr Artikel anhören
Das Justizministerium reagierte auf Bedenken aus der Richterschaft.
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2021 verschärft die GroKo die Strafen für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornos. Rückblickend schießt sie damit übers Ziel hinaus. Nach massiver Kritik entschärft die Ampel nun einige Regelungen. Davon soll vor allem profitieren, wer eine Tat beenden, verhindern oder darüber informieren wolle.
Die Bundesregierung macht die erst 2021 in Kraft getretene Strafverschärfung für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie teilweise rückgängig. Die Mindeststrafen sollen von einem Jahr auf drei beziehungsweise sechs Monate gesenkt werden, wie aus dem Gesetzentwurf hervorgeht. Die Neufassung ist eine Reaktion auf Forderungen von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten. Der Deutsche Richterbund begrüßte daher den Kabinettsbeschluss. Die Gesetzesverschärfung war im März 2021 von der GroKo unter Führung der Union vom Bundestag verabschiedet worden.
Hintergrund ist, dass mit der geltenden Regelung auch solche Menschen bestraft werden konnten, die sich nichts Strafwürdiges haben zuschulden kommen lassen - etwa jene, die das Material besaßen, um es zu melden und aufzuklären. "Insbesondere droht Menschen, die solches Material ungewollt - etwa im Rahmen einer Whatsapp-Eltern-Gruppe - zugespielt bekommen haben, eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr", erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann.
"Vergleichbares gilt beispielsweise auch im Falle von Lehrerinnen und Lehrern, die bei Schülern kinderpornografisches Material auf dem Handy entdeckt und es weitergeleitet haben, um betroffene Eltern zu alarmieren", sagte der FDP-Politiker weiter. In diesen Fällen handelten die Beschuldigten erkennbar nicht aus eigenem sexuellem Interesse, sondern um eine Tat zu beenden, verhindern oder darüber zu informieren, heißt es in der Vorlage des Ministeriums.
Mit dem neuen Gesetz soll auch die automatische Einstufung als Verbrechen rückgängig gemacht werden. Dies sei "dringend erforderlich, um auf den großen Anteil jugendlicher Täter und Täterinnen angemessen und mit der gebotenen Flexibilität eingehen zu können", heißt es in dem Entwurf. Denn auch diese agierten "in der Regel nicht, um sich durch den kinderpornografischen Inhalt sexuell zu erregen, sondern aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben". Solche Fälle konnten bisher von der Staatsanwaltschaft nicht eingestellt werden.
Union: Ampel verringert Kinderschutz
Anwälte und Richter hatten zuvor die Verhältnismäßigkeit der Strafe in Einzelfällen nicht mehr gewahrt gesehen. "Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Hilferufe aus der Justiz und Betroffener aufnimmt und die gut gemeinten, aber schlecht gemachten Strafverschärfungen gegen Kinderpornografie aus dem Jahr 2021 korrigiert", teilte nun der Deutsche Richterbund mit. Die Justiz müsse seit 2021 "eine Vielzahl von Fällen verfolgen, die eigentlich nicht vor die Strafgerichte gehören." Das binde viel Personal in den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten.
Durch die Senkung der Mindeststrafen will es die Bundesregierung den Strafverfolgungsbehörden nun ermöglichen, Verfahren zu priorisieren, wenn dadurch ein andauernder Missbrauch beendet werden kann. Das Höchststrafmaß von zehn Jahren für besonders schwere Fälle bleibt erhalten.
Die Union lobte zwar, dass die Regierung die Expertise aus der Justiz ernst genommen habe, vermisst aber eine "passgenaue Reform". Die Regierung senke "undifferenziert den Strafrahmen für Kinderpornografie", erklärte Rechtsexperte Günter Krings. Damit sei auch ein Verbreiten von Bildern und Filmen, die einen schweren Missbrauch darstellten, nicht mehr ein Verbrechen. "Die Ampel verringert somit den Kinderschutz."
Quelle: ntv.de, jwu/dpa