Ukraine meldet Erfolge im Süden Kiew: Robotyne befreit, Werbowe vor Augen
29.08.2023, 17:48 Uhr Artikel anhören
"Jetzt haben wir Robotyne befreit. In welche Richtung geht es jetzt?", so könnte das Gespräch zwischen Oberbefehlshaber Saluschnyj (l.) und Verteidigungsminister Resnikow (r.) abgelaufen sein.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
An der Ortschaft Robotyne beißen sich ukrainischen Soldaten lange die Zähne aus, können sie aber befreien. Nun soll es in den nächsten, strategisch wichtigen Abschnitt gehen, Richtung Werbowe. Moskau will alle Angriffe zurückgeschlagen haben und berichtet seinerseits von toten Zivilisten durch ukrainischen Beschuss.
Nach der Rückeroberung des Dorfes Robotyne im Süden des Landes macht die Ukraine eigenen Angaben zufolge weiter militärische Fortschritte in der Region. Ukrainische Streitkräfte seien in der teils von Russland besetzten Region Saporischschja tiefer in Richtung der russischen Verteidigungslinien vorgedrungen, sagte ein Armeesprecher. Wegen des Kampfgeschehens an der südlichen Front sollen Kinder aus fünf Ortschaften in dem Gebiet in Sicherheit gebracht werden.
In der Region Saporischschja verbuchten die ukrainischen Streitkräfte laut Armeesprecher Andriy Kowaljow Erfolge in Richtung der Siedlungen Nowodanyliwka und Werbowe. Zudem halte die Armee zurückerobertes Gebiet weiter unter ihrer Kontrolle und greife die russische Artillerie an. Der Frontabschnitt zwischen den Ortschaften Robotyne und Werbowe im Gebiet Saporischschja ist seit Beginn der ukrainischen Offensive wegen seiner strategischen Bedeutung schwer umkämpft. Kürzlich haben die Ukrainer eigenen Angaben zufolge Robotyne eingenommen und nach Einschätzung von US-Generalstabschef Mark Milley die erste stark gesicherte Verteidigungslinie durchbrochen.
Für die ukrainischen Truppen ist damit ein wichtiger Schritt in Richtung der immer noch 75 Kilometer entfernten Stadt Melitopol geschafft, auch wenn noch unklar ist, wie stark die dahinter liegenden Verteidigungslinien der russischen Besatzungstruppen gesichert sind. Ziel der ukrainischen Offensive ist weiterhin, Richtung Küste vorzustoßen und damit einen Keil zwischen die russischen Besatzungstruppen zu treiben und sie von der Versorgung abzuschneiden.
Moskau: Stellungen bei Bachmut halten
Das russische Verteidigungsministerium erklärte dagegen in seinem täglichen Lagebericht, in der Nähe von Werbowe und in anderen Bereichen der südlichen Frontlinie seien ukrainische Angriffe abgewehrt worden. Auch rund um die umkämpfte Stadt Bachmut in der Ostukraine könnten die russischen Streitkräfte "die Flanken halten", sagte der von Moskau eingesetzte Regierungschef der Region Donezk, Denis Puschilin, im russischen Fernsehen.
In der russisch besetzten Stadt Gorliwka nördlich von Donezk wurden nach Angaben des von Moskau eingesetzten Bürgermeisters drei Zivilisten durch ukrainischen Beschuss getötet. Im Onlinedienst Telegram veröffentlichte Iwan Prichodko Bilder von brennenden Fahrzeugen und blutverschmierten Leichen. "Drei tote Zivilisten, zahlreiche Schäden", schrieb er dazu.
Bislang kamen die ukrainischen Streitkräfte bei der im Juni im Süden und Osten des Landes gestarteten Gegenoffensive gegen die russische Invasion nur langsam voran. Immer wieder stößt die ukrainische Armee in die russischen Verteidigungslinien aus Minenfeldern und Gefechtsgräben vor.
Aufgrund der "schwierigen Sicherheitslage und feindlichen Bombenangriffen" an der südlichen Frontlinie sollen nun aus fünf Ortschaften in der Region Saporischschja die Kinder evakuiert werden. Betroffen seien insgesamt 54 Kinder und 67 Begleitpersonen, erklärte das für die Reintegration russisch besetzter Gebiete zuständige Ministerium.
Kiew will mehr Waffen produzieren
Die ukrainische Regierung teilte zudem mit, dass 84 Leichen von im Kampf getöteten Soldaten geborgen worden seien. Diese würden nach einer Identifizierung an ihre Angehörigen übergeben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj würdigte anlässlich des Tags des Gedenkens der Verteidiger der Ukraine alle seit Beginn der russischen Invasion gefallenen Soldaten. "Worte reichen niemals aus, um auszudrücken, was wir fühlen", erklärte er. "Wir sind all unseren Verteidigern dankbar, deren Leben zum Leben der Ukraine geworden ist."
Bereits am Vorabend hatte Selenskyj eine maximale Erhöhung der Waffenproduktion für den Kampf gegen die russische Invasion angekündigt. Neben Artilleriewaffen und Munition sollten auch Drohnen, Raketen und gepanzerte Fahrzeuge im Land hergestellt werden. "Wir erhöhen den Produktionsumfang auf ein Maximum. Die Ukraine kann das. Die Finanzierung steht. Unsere Verteidigungsindustrie wird gute Ergebnisse bringen", sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft.
Die ukrainische Führung hatte immer wieder angekündigt, das Land zu einem der größten Waffenproduzenten zu machen. Selenskyj traf nach eigenen Angaben mit Vertretern der Rüstungsindustrie zusammen, damit die Produktion weiter hochgefahren wird. Die Ukraine war bereits zu sowjetischen Zeiten ein wichtiger Standort für die Panzer- und Raketenproduktion.
Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP