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Völkerrechtliches Verbrechen Kreml-Politiker lässt Baby aus Ukraine entführen und adoptiert es

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Sergej Mironow posiert im Januar mit einem Vorschlaghammer - einem Geschenk der Wagner-Guppe.

Sergej Mironow posiert im Januar mit einem Vorschlaghammer - einem Geschenk der Wagner-Guppe.

(Foto: via REUTERS)

Sergej Mironow ist Chef der Partei "Gerechtes Russland". Im vergangenen Jahr reist die Frau des 70-Jährigen in das damals besetzte Cherson und kehrt mit einem Baby zurück. In Russland bekommt das Kind eine neue Identität und wird von dem Paar adoptiert.

Ein bizarres Foto sorgt Anfang des Jahres für Entsetzen in Russland und der Welt: Sergej Mironow, Vorsitzender der Partei "Gerechtes Russland", posiert mit einem Vorschlaghammer, den er von der Söldner-Gruppe Wagner als Geschenk bekommen hat - wenige Wochen, nachdem diese einen ihrer Kämpfer mit einem Vorschlaghammer ermordet und das Video der Exekution im Internet verbreitet hatte. Dass ein Politiker eines solch hohen Ranges stolz mit einem Symbol für brutale, außergerichtliche Hinrichtungen sich ablichten lässt - das war selbst in Russland für manche zu viel. Jetzt sorgt der 70-jährige Politiker einmal mehr für Schlagzeilen.

Mironow und seine Frau haben einer Investigativ-Recherche des unabhängigen russischen Mediums "Important Stories" zufolge ein Kind aus der Ukraine entführt und adoptiert. Das zum Zeitpunkt der Entführung zehn Monate alte Mädchen bekam demnach eine komplett neue Identität - Mironow und seine 55-jährige Frau Inna Warlamowa ließen die persönlichen Daten wie den Namen und den Geburtsort des Kindes ändern.

"Diese Frau hat sie ausgewählt und wird sie nach Moskau bringen"

Ende August 2022 hatte Warlamowa zusammen mit der Stellvertreterin ihres Mannes im russischen Parlament, Jana Lantratowa, eine Kinderklinik in der damals besetzten Stadt Cherson im Süden der Ukraine besucht. Die letztere postete damals auf Telegram Fotos aus dem Krankenhaus. Begleitet wurden die beiden Besucherinnen von der von den Besatzungsbehörden ernannten Leiterin des örtlichen Kinderheims, Tatyana Sawalskaja. Wie "Important Stories" berichtet, begann diese nach dem Besuch aus Moskau, auf die Entlassung von zwei ihrer Schutzbefohlenen zu drängen - eines zehnmonatigen Mädchens und eines zweijährigen Jungen.

Auf die Frage der Leiterin des Krankenhauses, warum sie kranke Kinder entlassen sollte, antwortete Sawalskaja dem Bericht zufolge: "Diese Frau hat sie ausgewählt und wird sie nach Moskau bringen." Die Ärzte versuchten demnach, die Entlassung der Kinder zu verzögern, doch Sawalskaja bestand darauf, den Prozess zu beschleunigen. Schließlich seien die beiden Kinder zur "Untersuchung, Festlegung weiterer Behandlungstaktiken und Rehabilitation", wie es offiziell hieß, nach Russland gebracht worden.

In Russland stellte Mironows Frau bei einem Gericht der Stadt Podolsk nahe Moskau einen Antrag auf die Adoption des Mädchens. Wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht, wurde der Fall im November 2022 verhandelt. Im Dezember konnten der Politiker und seine Frau dem Bericht zufolge schließlich das aus der Ukraine entführte Mädchen adoptieren. Der leiblichen Mutter sei das Sorgerecht entzogen worden, der Vater des Mädchens sei gestorben, berichtet das Online-Medium unter Berufung auf eine mit der Situation vertraute Quelle.

"Dies gilt als Völkermord"

Das Schicksal des ebenfalls entführten Jungen ist unbekannt. Journalisten von "Important Stories" konnten nach eigenen Angaben nur feststellen, dass ein Jahr nach seiner Entführung, im September 2023, eine neue Geburtsurkunde für ihn ausgestellt worden sei. Aus dieser gehe hervor, dass er in der Region Moskau lebt.

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Die Adoption von deportierten ukrainischen Kindern in Russland ist ein völkerrechtliches Verbrechen. "Dies gilt als Völkermord und verstößt gegen Artikel 2 Absatz e der UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes: 'Gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe", zitiert das Online-Medium die Juristin Maria Tschschilowa. Nach offiziellen ukrainischen Zahlen hat Russland rund 20.000 Kinder aus der Ukraine entführt, wobei die tatsächliche Zahl sehr viel höher sein dürfte.

Sergej Mironow reagierte nicht auf Anfragen des Mediums. In einem Post auf der Plattform X bezeichnete er den Bericht als eine "Fälschung der ukrainischen Geheimdienste und ihrer westlichen Kuratoren". Diese würden diejenigen diskreditieren, die "heute eine unversöhnliche patriotische Position einnehmen", schrieb er. Die "Wahrheit" werde trotzdem siegen. "Und Russland wird die militärische Spezialoperation bis zum vollständigen Sieg führen".

Quelle: ntv.de, uzh

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