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"Jedes Jahr neue Diskussionen" Länder kritisieren Bund für gebrochenes Versprechen beim Deutschlandticket

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Das (noch) 58 Euro teure Ticket ermöglicht unbegrenzt viele Fahrten im Nahverkehr, etwa in Regionalbahnen.

Das (noch) 58 Euro teure Ticket ermöglicht unbegrenzt viele Fahrten im Nahverkehr, etwa in Regionalbahnen.

(Foto: Michael Nguyen/NurPhoto/AFP)

Millionen Menschen nutzen das Deutschlandticket. Nun stehen Beratungen zur Zukunft des Angebots an. Schon jetzt ist klar: Der Preis steigt. Die Landesminister attackieren deshalb Verkehrsminister Schnieder und Finanzminister Klingbeil, die sich "aus dem Staub machen, wenn es konkret wird".

Millionen von Nutzern müssen sich auf eine Preiserhöhung beim Deutschlandticket einstellen. Die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Katrin Eder von den Grünen sagte: "Wir wollen das Deutschlandticket retten. Leider wird das vermutlich nur über eine Preiserhöhung möglich sein, weil der Bund seine Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag nicht einlöst."

Dem Vernehmen nach könnten die Nutzer im kommenden Jahr 62 bis 64 Euro pro Monat zahlen müssen, wie die Deutsche Presse-Agentur im Vorfeld der Sonderverkehrsministerkonferenz in München am Donnerstag erfuhr. Erst zu Jahresbeginn war der Preis des Tickets, das nach Branchenangaben von rund 14 Millionen Menschen genutzt wird, von monatlich 49 auf 58 Euro gestiegen. Die saarländische Verkehrsministerin Petra Berg von der SPD sagte der "Rheinischen Post", sie "denke, dass mit maximal 62 Euro ab dem kommenden Jahr eine gute Finanzierung für das Deutschlandticket gesichert wäre".

Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Oliver Krischer von den Grünen gab der Bundesregierung die Schuld für eine erneute Preiserhöhung. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil von der SPD habe anscheinend kein Interesse an einer Entlastung von Bahnkunden und sei nicht bereit, eine Finanzierungslücke zu decken, sagte Krischer.

Den Preis setzt die Verkehrsministerkonferenz (VMK) der Länder fest. Der Bund ist Gast. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder von der CDU ist bei den Gesprächen in München nicht dabei, er wird von einem Staatssekretär vertreten. In einer Beschlussvorlage zur VMK wird bei der Frage einer Preisanhebung 2026 keine konkrete Zahl genannt.

Verkehrsverbünden brechen Einnahmen weg

Knackpunkt bei den Verhandlungen ist die Frage, wie erwartete Mehrkosten bei Verkehrsunternehmen ausgeglichen werden sollen - über die drei Milliarden Euro pro Jahr hinaus, die Bund und Länder bisher zusammen bereitstellen und auch für das kommende Jahr geben wollen. Das Deutschlandticket ist im Vergleich zu bisherigen Abos günstiger, das sorgt für Einnahmeausfälle bei den Verkehrsverbünden.

Ohne eine Dynamisierung der drei Milliarden Euro von Bund und Ländern drohe bereits 2026 eine Finanzierungslücke von prognostizierten 800 Millionen Euro, sagte Alexander Möller, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Diese solle im Kern durch eine Preiserhöhung des Tickets und größere Erfolge beim Verkauf, besonders an neue ÖPNV-Kunden, geschlossen werden. "Eine Preisanpassung kann nur moderat erfolgen, da zugleich deutlich mehr Tickets verkauft werden sollen." Ein qualitativ guter und gleichzeitig mit dem Deutschlandticket preislich attraktiver ÖPNV benötige eine klare Finanzierungsperspektive. Eine deutliche Preisanhebung berge die Gefahr, dass für viele Kundinnen und Kunden das Ticket dann nicht mehr attraktiv genug sei.

Dem schloss sich die saarländische Verkehrsministerin Berg in der "Rheinischen Post" an. Der Ticketpreis solle dauerhaft nur moderat steigen, um noch mehr Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen und damit Einnahmen für die Verkehrsunternehmen zu sichern.

Index soll künftigen Ticketpreis regeln

In der Beschlussvorlage ist von einem festen Preismechanismus die Rede. Demnach könnte ab 2027 der Preis des Deutschlandtickets anhand eines bis zur Verkehrs­ministerkonferenz im Herbst 2025 zu erarbeitenden Kostenindex fort­geschrieben werden. Dieser Index solle insbesondere Personal- und Energiekosten abbilden und sei nach Anhörung der Branche festzulegen.

Ein Sprecher Schnieders sagte, Ziel des Bundes sei ein Mechanismus, der längerfristige Planungssicherheit sowohl für die ÖPNV-Kunden als auch für die Verkehrsunternehmen biete.

Brandenburgs Verkehrsminister Detlef Tabbert vom BSW sagte, das Deutschlandticket brauche endlich eine verlässliche Grundlage. "Es muss über mehrere Jahre hinweg finanziell abgesichert sein, damit es nicht jedes Jahr neue Diskussionen über den Preis gibt."

Außerdem könnte es laut Vorlage dazu kommen, dass die Länder sich bereiterklären, von 2026 bis 2030 jährlich 1,5 Milliarden Euro für das Deutschlandticket bereitzustellen - wenn der Bund ebenfalls Bundesmittel in Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr von 2026 bis 2030 zusichert. Bisher hat der Bund dies nur für 2026 zugesagt.

Weder Bund noch Länder wollen mehr Geld bereitstellen

Schnieder hatte mehrfach deutlich gemacht, dass der Bund keine weiteren Gelder über die zugesagten 1,5 Milliarden Euro hinaus zur Verfügung stellt. "Es ist das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik, erst Preisstabilität zu versprechen und sich dann, wenn es konkret wird, aus dem Staub zu machen", sagte NRW-Verkehrsminister Krischer. In ihrem Koalitionsvertrag spreche die schwarz-rote Bundesregierung von Preisstabilität bis 2029. Insbesondere die SPD habe sich dafür stark gemacht.

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD heißt es, der Anteil der Nutzerfinanzierung solle ab 2029 "schrittweise und sozialverträglich" erhöht werden. Der Sprecher Schnieders sagte auf eine Frage, ob die Bundesregierung beim Ziel der Preisstabilität bleibt, es bleibe beim Ziel, das Deutschlandticket zu erhalten.

Die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Eder sagte, die Bundesregierung erhöhe ihren Anteil nicht so, dass der Preis bei 58 Euro bleiben könne. Die Länder hätten sich nach anfänglichem Widerstand aus Bayern inzwischen ebenfalls darauf verständigt, die gleiche Summe von 1,5 Milliarden erneut aufzubringen. Dafür, einen höheren Anteil als der Bund zu bezahlen, gebe es keine Mehrheit.

Quelle: ntv.de, mpa/dpa

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