Politik

Steinmeier fordert Hilfe für Aleppo Lawrow lehnt längere Waffenruhe ab

Steinmeier und Lawrow in Jekaterinburg

Steinmeier und Lawrow in Jekaterinburg

(Foto: dpa)

Steinmeier trifft seinen russischen Amtskollegen in Jekaterinburg. Es geht um Aleppo und die deutsch-russischen Beziehungen. Erfolge kann der Minister aber nicht verbuchen.

Die Bundesregierung hat die Machthaber in Syrien und Russland angesichts der Not in Aleppo aufgefordert, umgehend Hilfen für die Zivilbevölkerung zu ermöglichen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte nach einem Gespräch mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow in Jekaterinburg mit Blick auf den "Dauerbombenhagel" auf die nordsyrische Stadt: "Das kann und darf so nicht weitergehen." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die vom russischen Militär angekündigte tägliche dreistündige Feuerpause sei "eigentlich Zynismus".

Allerdings konnte Steinmeier Lawrow keine Zusage für eine Waffenruhe Aleppo abringen. Zum Abschluss ihrer Gespräche verwies Lawrow auf bisherige russische Initiativen: Vier Fluchtkorridore für die Bevölkerung aus der bedrängten syrischen Stadt sowie täglich dreistündige Feuerpausen. Lawrow räumte aber ein, dass eine dreistündige Feuerpause pro Tag "nicht ausreichend" sei, um die Notlage in Aleppo zu lindern.

Zu den deutsch-russischen Beziehungen gestanden Steinmeier und Lawrow ein, dass diese derzeit schwierig seien. Sie sahen aber durchaus Chancen auf eine Verbesserung. "Ich bin überzeugt, dass unser Verhältnis früher oder später wieder stabiler wird", sagte Lawrow. Deutschland sei für Russland ein Schlüsselpartner.

"Traurige Katastrophe"

In Aleppo ereigne sich eine "traurige Katastrophe", sagte Steinmeier. Drei Stunden Waffenruhe am Tag reichten nicht aus. Sein Vorschlag vom Wochenende, auch eine Versorgung mit medizinischen Hilfsgütern aus der Luft in Betracht zu ziehen, beruhe auf Gesprächen mit dem UN-Sondergesandten Staffan de Mistura und dem Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer. Die "zielgenauere" Versorgung könne aber über einen Straßenkorridor erfolgen. Die UNO habe Unterstützung bei Hilfslieferungen zugesagt.

"Aleppo braucht die ungehinderte Versorgung mit Nahrungsmitteln und mit medizinischem Bedarf", sagte Regierungssprecher Seibert in Berlin. Der syrische Präsident Baschar al-Assad "und sein Partner Russland" dürften sich "diesen humanitären Mindestforderungen nicht verweigern." Russland sei aufgefordert, seinen Einfluss auf Assad geltend zu machen. Gebraucht werde ein zumindest befristeter Waffenstillstand, damit über von der UNO kontrollierte Zugänge die Menschen versorgt werden könnten.

Die Ankündigung einer täglichen dreistündigen Waffenruhe könne das Elend der Menschen in Aleppo nicht mildern, sagte der Regierungssprecher weiter. Die Ankündigung solle "wie ein Entgegenkommen klingen, ist aber eigentlich Zynismus". Russland ist gemeinsam mit der syrischen Luftwaffe an Angriffen auf Aleppo beteiligt.

Verhandlungen mit den USA

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte, derzeit gebe es eine Phase "sehr aktiver Verhandlungen" mit den USA über das weitere Vorgehen in Aleppo. Dabei gehe es darum, militärische Ziele abzustimmen, damit ein "gemeinsamer Kampf für den Frieden" ermöglicht werde. Bei einem Besuch von US-Außenminister John Kerry war im Juli in Moskau grundsätzlich ein gemeinsames Vorgehen gegen dschihadistische Kämpfer verabredet worden.

Die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amts, Sawsan Chebli, betonte, die Hilfe für Aleppo über den Landweg habe "absolute Priorität". Steinmeier sagte seinerseits, die Versorgung aus der Luft sei "nur die zweitbeste Lösung". Er hoffe, "dass wir am Ende zu den Airdrops nicht greifen müssen". Die Türkei solle in "kooperative Lösungen" einbezogen werden. Russland und die USA seien im Gespräch darüber, Versorgungsmöglichkeiten für die Bevölkerung von Aleppo über die sogenannte Castello Road zu verabreden.

Bei Luftangriffen syrischer und russischer Kampfflugzeuge waren allein am Wochenende nach Informationen der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 45 Menschen getötet worden. Aufständische kontrollieren in der zweitgrößten syrischen Stadt seit dem Sommer 2012 mehrere östliche Viertel, in denen noch rund 250.000 Menschen leben. Insgesamt halten sich in der Stadt bis zu zwei Millionen Menschen auf.

Quelle: ntv.de, bdk/dpa/AFP

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