Ermittlungen wegen Betrugs NSU-Anwalt soll Opferhilfe kassiert haben
12.10.2015, 16:14 Uhr
Die "Nebenklägerin Merak Keskin" existiert nicht.
(Foto: dpa)
Der Fall des NSU-Anwalts Ralph Willms wird immer bizarrer: Erst wird bekannt, dass seine Mandantin nicht existiert, dann leitet die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein. Jetzt stellt sich heraus, dass Willms offenbar auch Entschädigungszahlungen eingestrichen hat.
Gegen den Rechtsanwalt einer vermeintlichen Nebenklägerin im Münchner NSU-Prozess, die es in Wirklichkeit gar nicht gab, sind Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Aachen mit. Der Anwalt Ralph Willms aus Eschweiler hatte ein vermeintliches Terroropfer namens "Meral Keskin" vertreten, inzwischen aber eingeräumt, dass seine Mandantin nicht existiert.
Gleichzeitig wurde bekannt, dass Anwalt Willms auch eine Entschädigungszahlung der Bundesregierung entgegennahm, die für "Meral Keskin" bestimmt war. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte, der Anwalt sei als Nebenklage-Vertreter im NSU-Prozess "legitimiert gewesen". Das Geld, ein Betrag von 5000 Euro, sei auf ein Anderkonto von Willms überwiesen worden.
Ein Jahr nach dem Auffliegen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" hatte die Bundesregierung Härtefallentschädigungen an alle Opfer und Hinterbliebenen des NSU ausbezahlt. Dieses Geld wurde nach Auskunft des Bundesjustizministeriums nur auf Antrag gewährt.
Verdacht auf Betrug
Die staatsanwaltlichen Ermittlungen wurden durch Presseveröffentlichungen ausgelöst. Weil Willms für die Vertretung des angeblichen NSU-Terroropfers im Münchner Prozess eine Vergütung erhalten habe, hege die Staatsanwaltschaft einen "Anfangsverdacht" auf Betrug, so der Sprecher. Zum Verbleib der von der Bundesregierung überwiesenen Opferhilfe könne er noch nichts sagen.
Gegen Willms läuft auf Antrag der Anwaltskammer außerdem ein standesrechtliches Verfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln. Dabei gehe es um den Verdacht, er habe für das Mandat eine Provision bezahlt, sagte eine Sprecherin. Willms hatte über seinen eigenen Anwalt erklären lassen, er sei von einem anderen NSU-Geschädigten getäuscht worden. Der Mann habe ihm ein Foto der vermeintlichen "Meral Keskin" vorgelegt und für die Vermittlung der Mandantin eine Provision verlangt. Auch gegen diesen Mann ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Betrugsverdachts.
Verantworten muss sich für die Verbrechen des NSU die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe. Sie ist im NSU-Prozess wegen Mittäterschaft an den zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen der Gruppe angeklagt. Als unmittelbare Täter gelten der Bundesanwaltschaft die beiden verstorbenen mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.
Quelle: ntv.de, jgu/dpa