Mehr Spielraum mit "ALG Q" Nahles verteidigt Pläne zu Agenda-Reform
06.03.2017, 14:29 Uhr
Arbeitsministerin Nahles formulierte die Ideen ihres künftigen Parteichefs Schulz.
(Foto: dpa)
Mit Korrekturen an der Agenda 2010 will die SPD Wähler zurückerobern. Zentrale Säulen sollen ein längerer Bezug von Arbeitslosengeld und das Recht auf Qualifizierung sein. Kritik daran nennt Arbeitsministerin Nahles "von gestern".
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat mit dem Arbeitslosengeld Q und einem Recht auf Qualifizierung zwei zentrale Säulen des Wahlprogramms der SPD vorgestellt. Nahles sagte: "Es braucht andere und neue Qualifikationen." Zu häufig passten offene Stellen und Fähigkeiten von Arbeitssuchenden nicht zusammen.
Die Bundesagentur für Arbeit soll nach der Vorstellung der Ministerin in Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung umbenannt werden. Die Behörde soll sich um die Umsetzung eines neuen "Rechts auf Weiterbildung" kümmern. Dieses solle greifen, "wenn jemand nach drei Monaten keinen Job gefunden hat", so Nahles.
Parallel dazu soll das sogenannte Arbeitslosengeld Q gezahlt werden. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I soll während der Qualifizierung ruhen. Gemeinsam mit einer maximalen Bezugsdauer des Arbeitslosengelds Q von zwei Jahren ergibt sich so die Möglichkeit, vier Jahre Lohnersatzleistungen ausgezahlt zu bekommen.
Neben diesen beiden "Kernpunkten" schlug Nahles vor, den "Schutz des Arbeitslosengelds I" zu verbreitern. Nach geltendem Recht müssen in den zwei Jahren vor der Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung nachgewiesen werden, um die Leistung zu beziehen. Künftig sollen zehn Monate innerhalb der vorangegangenen drei Jahre reichen. Zudem will Nahles das Schonvermögen beim Hartz IV verdoppeln: Von derzeit 150 Euro soll es auf 300 Euro pro Lebensjahr steigen. Die Gesamtkosten der Pläne bezifferte Nahles auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr.
Parteitag findet Ende Juni statt
Nahles verteidigte das Reformkonzept gegen Kritik, neue Gelegenheiten zur Frühverrentung zu schaffen: "Ziel ist immer die Vermittlung in den Arbeitsmarkt – auch bei einem 60-Jährigen." Schließlich habe die Bundesregierung in den vergangenen Jahren das Renteneintrittsalter auf bis zu 67 Jahre erhöht. "Wer A sagt, muss auch B sagen." Vor diesem Hintergrund könne man ältere Menschen im Fall der Arbeitslosigkeit nicht alleine lassen. Die Kritik sei "von gestern".
Die Pläne der SPD waren bereits am Wochenende bekannt geworden. Sie haben bei Arbeitgeberverbänden, aber auch beim Koalitionspartner Kritik ausgelöst. CDU-Vizechefin Julia Klöckner nannte das Arbeitslosengeld Q als eine "Scheinlösung", die "am Ende zu einer Frühverrentungswelle" führen werde. Lob kam dagegen von den Gewerkschaften. Verdi-Chef Frank Bsirske sagte: "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung." DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte dem "Tagesspiegel": "Die SPD korrigiert damit einen Kardinalfehler der Agenda 2010, bei der die Arbeitslosen immer nur gefordert, aber nie ausreichend gefördert wurden."
Am Rande der Vorstellung der arbeitsmarktpolitischen Reformideen kündigte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley an, bei einem Sonderparteitag am 25. Juni in Dortmund werde das Wahlprogramm der SPD beschlossen. Der Parteitag sollte ursprünglich im Mai stattfinden, Kanzlerkandidat Martin Schulz bat um mehr Zeit, damit das SPD-Angebot an die Wähler stärker auf ihn zugeschrieben werden kann. Bereits am 19. März soll Schulz in Berlin zum SPD-Vorsitzenden gewählt werden.
Quelle: ntv.de, jog/dpa