Neuer Anlauf für Treffen mit Moskau Nato streitet über Russland-Linie
20.05.2016, 15:41 Uhr
Keine ganz einheitliche Bewertung: Außenminister Steinmeier.
(Foto: dpa)
Nach der Annexion der Krim und angesichts des Ukraine-Konflikts sind die Beziehungen zwischen der Nato und Moskau unterkühlt. Deutschland trifft mit seinem Werben für direkte Gespräche auf Widerstand - bei Bündnispartnern.
Innerhalb der Nato gibt es offenbar keine einheitliche Linie zum Umgang mit Russland. Die Diskussion der Außenminister des Militärbündnisses sei kontrovers verlaufen, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier am Rande des Nato-Treffens in Brüssel. Die Situation werde von den Mitgliedstaaten "nicht ganz einheitlich bewertet". Es gebe auch unterschiedliche Meinungen darüber, ob das Gespräch mit Russland intensiviert werden sollte. Letztlich setzten sich die Befürworter eines neuen Treffens aber durch.
Nun will die Allianz noch vor dem Gipfeltreffen in Warschau erneut das Gespräch mit Russland suchen. Bei einer Debatte der Außenminister habe es breite Zustimmung für die Idee gegeben, den Nato-Russland-Rat einzuberufen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Man werde mit entsprechenden Vorbereitungen beginnen.
Lawrow: Angebot nicht durch Mikrofon
Russland indes reagierte verärgert. In einer Stellungnahme machte Außenminister Sergej Lawrow deutlich, dass der Nato-Russland-Rat nur in beiderseitigem Einverständnis einberufen werden kann. "Wenn sie es besprechen wollen, dann mit uns und nicht durchs Mikrofon", sagte er nach Angaben der Agentur Interfax.
Für das neue Gesprächsangebot an Russland hatte sich vor allem die Bundesregierung eingesetzt. "Ich glaube, das ist der richtige Weg", sagte Steinmeier. Er halte es für wichtig, sich über die unterschiedlichen Sichtweisen auf Probleme auszutauschen - auch wenn diese vorerst nicht gelöst werden könnten. Zudem müsse man sich bei den Gesprächen über die Konflikte in Syrien und Libyen bemühen, Russland als einen Partner zu gewinnen.
Der Nato-Russland-Rat - das wichtigste Gremium für den Dialog des Westens mit Moskau - hatte vor einem Monat auf Botschafterebene getagt. Zuvor lagen die Gespräche im Rat wegen des Ukrainekonflikts fast zwei Jahre lang auf Eis, nachdem der Westen sie eingefroren hatte. Im Ukraine-Konflikt wirft der Westen Moskau die Unterstützung prorussischer Separatisten sowie die völkerrechtswidrige Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim vor.
Polen und Baltikum skeptisch
Kritisch zur Wiederbelebung des Nato-Russland-Rates hatten sich in der Vergangenheit vor allem Polen und Vertreter der baltischen Staaten geäußert. Sie warnen davor, zum "business as usual" zurückkehren, solange der Ukrainekonflikt nicht gelöst sei. Estland und Litauen brachten wieder zum Ausdruck, dass sie nicht daran glauben, die Treffen könnten zu einer Verbesserung der Beziehungen zu Russland beitragen.
Beim Gipfel am 8. und 9. Juli in Warschau will die Nato beschließen, die Aufrüstung in den an Russland grenzenden Mitgliedstaaten weiter voranzutreiben. Die Pläne sind eine Reaktion auf die Ukraine-Krise und die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Vor allem die östlichen Bündnisstaaten wie Polen und die baltischen Länder fühlen sich vom Kurs des Kremlchefs bedroht.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa