Hohe Erwerbstätigenquote OECD lobt Flüchtlingsintegration - mit Abstrichen
04.07.2024, 18:24 Uhr Artikel anhören
Die Bildungserfolge von in Deutschland geborenen Kindern eingewanderter Eltern liegen laut OECD über den Werten in den meisten vergleichbaren Staaten.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Integration funktioniert viel besser als ihr Ruf, sagte die Bundesbeauftragte. Die OECD liefert dazu die Zahlen und verweist auf einen hohen Anteil von Zugewanderten in Lohn und Brot und gute Sprachkenntnisse. Doch vor allem Menschen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen müssten noch besser gefördert werden.
Deutschland ist nach Ansicht der OECD bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt relativ gut. "2022 erreichte ihre Erwerbstätigenquote in Deutschland ein Rekordhoch von 70 Prozent und war damit deutlich höher als in den meisten anderen EU-Vergleichsländern", teilte die Industriestaaten-Organisation mit. "Insbesondere die umfassende Sprachförderung scheint sich positiv auszuwirken: Die Sprachkenntnisse Eingewanderter haben sich in Deutschland stärker verbessert als in den meisten anderen EU-Ländern." Allerdings zeigt der Bericht auch etliche Stellen mit Verbesserungsbedarf - unter anderem beim Thema Diskriminierung. So fühle sich gut jeder fünfte Eingewanderte aus Nicht-EU-Ländern in Deutschland diskriminiert.
In der politischen Debatte über das Thema wird immer wieder beklagt, dass zu wenig Schutzsuchende einen Job finden und stattdessen auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Laut OECD ist dies teilweise auch der Fall: Herausforderungen gebe es vor allem bei Migranten, die höchstens eine Grundschuldausbildung hätten. "Diese Gruppe macht mehr als ein Sechstel der Einwanderungsbevölkerung aus, und ihr Anteil ist in den letzten zehn Jahren gestiegen." Nur die Hälfte dieser Gruppe sei erwerbstätig. Und nur ein Viertel erreiche nach fünf Jahren Aufenthalt fortgeschrittene Deutschkenntnisse. Die OECD bemängelte, dass Deutschland bei der Weiterqualifikation dieser Menschen im Vergleich zu anderen Staaten zurückbleibe.
Fast 16 Millionen Eingewanderte
Deutlich besser sind die Bildungserfolge von in Deutschland geborenen Kindern eingewanderter Eltern. Sie lägen über den Werten in den meisten vergleichbaren Staaten, so die OECD. Unabhängig vom Alter seien die Ergebnisse schlechter als in Vergleichsstaaten, wenn im Ausland geborene Kinder erst im Schüleralter nach Deutschland kommen. Hier seien keine Fortschritte zu verzeichnen. Der bereits bestehende Leistungsabstand zu den im Inland geborenen Schülerinnen und Schülern habe sich in den vergangenen Jahren weiter vergrößert. Die OECD sieht dies als mögliche Folge der Schulschließungen während der Coronapandemie. Handlungsbedarf gebe es auch bei eingewanderten Frauen mit kleinen Kindern, zuletzt oft aus der Ukraine. Sie seien schlechter in den Arbeitsmarkt integriert als anderswo.
2022 lebten mehr als 14 Millionen Eingewanderte in Deutschland. Seitdem sind noch einmal über eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine sowie rund 600.000 weitere Asylsuchende hinzugekommen. In der OECD-Studie hieß es, die Investitionen in die Integration hätten sich offenbar gelohnt. "Die Unterschiede bei den Lebensbedingungen sind häufig kleiner als in anderen Ländern, und die Erwerbstätigenquoten der Eingewanderten sind im internationalen Vergleich hoch. Außerdem sprechen nahezu zwei Drittel der Eingewanderten, die seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, fließend Deutsch."
Jeder Euro in diesem Bereich sei gut investiertes Geld, sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan. "Die Integration in Deutschland funktioniert viel besser als ihr Ruf." Trotzdem bleibe viel zu tun. "Unser Bildungssystem ist noch nicht auf die Einwanderungsgesellschaft ausgerichtet, die wir längst sind."
Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP