Proteste gegen Polizeigewalt Obama: Rassismus tief in USA verwurzelt
07.12.2014, 20:37 Uhr
In Berkeley setzte die Polizei Tränengas gegen die Demonstranten ein.
(Foto: REUTERS)
Die Gewalt weißer Polizisten gegen schwarze Bürger löst in den USA nicht nur tagelange Proteste aus, sondern auch eine Rassismus-Debatte. Die Demonstrationen bleiben derweil nicht überall friedlich.
Rassismus gegenüber Afroamerikanern ist nach Einschätzung von US-Präsident Barack Obama tief in der amerikanischen Gesellschaft und Geschichte verwurzelt. Das sagte Obama dem TV-Sender BET, der sich vor allem an ein schwarzes Publikum wendet. Das Interview soll am Montag in voller Länge ausgestrahlt werden.
Angesichts wiederholter Fälle von übermäßiger Gewalt weißer Polizisten gegenüber Schwarzen wird derzeit darüber diskutiert, ob Rassismus in den USA Teil des Problems ist. Die Vorfälle und ihre juristischen Folgen hatten zuletzt für landesweite, teilweise heftige Proteste gesorgt.
"So schmerzhaft diese Vorfälle sind, ist es wichtig, dass wir das jetzige Geschehen nicht mit den Vorfällen von vor 50 Jahren gleichsetzen", sagte Obama weiter. Die massive Ungerechtigkeit gegenüber Afroamerikanern hatte Mitte der 50er Jahre zur Bürgerrechtsbewegung in den USA geführt. "Wenn Sie mit Ihren Eltern, Großeltern, Onkeln sprechen, werden sie Ihnen sagen, dass die Dinge besser sind - nicht gut, aber besser."
Rechtliche Schritte geplant
Man müsse in der Rassismus-Debatte auch bisherige Errungenschaften erkennen, um weiter Fortschritte machen zu können. Obama hatte in der vergangenen Woche angekündigt, gemeinsam mit dem scheidenden, schwarzen Justizminister Eric Holder Schritte zu unternehmen, um Rassismus-Probleme zwischen Polizei und Anwohnern im ganzen Land anzupacken. In der Debatte hatte er sich lange eher zurückgehalten - auch, um Wähler von jeder Hautfarbe und Herkunft gleichermaßen anzusprechen.
Nach tagelangen Protesten gegen Polizeigewalt in New York sagte Bürgermeister Bill de Blasio, dass die Kluft zwischen Polizei und Bevölkerung ein "fundamentales Problem" der USA sei. Es gebe "nicht nur jahrzehntelang Probleme", sondern eine "jahrhundertealte Geschichte des Rassismus", so de Blasio. "Wir müssen offen über die historische Rassendynamik sprechen, die dem Problem zugrunde liegt", sagte er dem TV-Sender ABC.
De Blasio, der mit einer Schwarzen verheiratet ist, äußerte sich aber optimistisch darüber, dass eine Verständigung zwischen weißen Polizisten und schwarzen Mitbürgern hergestellt werden könne. In dem Interview sagte er aber auch, dass sei "traurig" sei, dass er sich um die Sicherheit seines 17-jährigen Sohns Dante im Umgang mit der Polizei sorge. "Wir haben ihm gesagt, wenn ein Polizist Dich anhält, mache alles, was er von Dir verlangt und bewege Dich nicht unerwartet", fügte der Bürgermeister hinzu.
Es müsse erörtert werden, warum Eltern die Polizei als Gefahr für ihre Kinder empfänden, "obwohl die Polizei dazu da ist, uns zu beschützen", sagte de Blasio. Als Teil der Lösung bezeichnete er Schritte, die New York inzwischen eingeleitet habe: Lehrgänge für die Polizei im friedlicheren Umgang mit verdächtigen Personen und die Ausstattung mit Kameras an ihrer Uniform.
Zusammenstöße in Kalifornien
Die Proteste in New York waren am Wochenende abgeebbt. Einige Dutzend Demonstranten legten sich am Samstag erneut zum "Die-In" auf den Boden der Wartehalle im Grand Central Bahnhof. Der symbolische Akt soll an die letzten Minuten von Eric Garner erinnern, der im Würgegriff der Polizei auf einer Straße gestorben war.
Bei Protesten gegen Polizeigewalt in Kalifornien setzte dagegen die Polizei Tränengas und Gummigeschosse ein. Der Einsatz sei das Ergebnis einer lauten, von Randale geprägten Nacht in Berkeley bei San Francisco gewesen, berichtete die Zeitung "San Francisco Chronicle". Bei den mehr als fünfstündigen Protestmärschen sei es teils zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen, berichtete die "San Jose Mercury News". Ein Polizist wurde verletzt, mindestens sechs Menschen wurden festgenommen.
Nach Schätzungen eines Reporters standen zeitweise mindestens 1500 Demonstranten rund 100 Polizisten gegenüber. "Protestler haben Sandsäcke, Rohre, Steine, Autospiegel und Rauchgranaten auf Polizisten geworfen", twitterte die Polizei. Zudem wurden mehrere Geschäfte nahe dem Campus der Universität Berkeley geplündert und Polizeiautos beschädigt.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP