Franziskus zum ersten Mal in USA Obama empfängt den Papst
22.09.2015, 23:15 Uhr
Eine seltene Geste: Obama kam mit der ganzen Familie, um Papst Franziskus vom Flughafen abzuholen.
(Foto: imago/UPI Photo)
Papst Franziskus betritt Neuland: Nach seiner viertägigen Reise durch Kuba besucht er die USA - zum ersten Mal überhaupt. Dort erwartet ihn ein politisches Programm mit vielen heiklen Punkten.
Papst Franziskus ist zu seinem ersten Besuch in den USA eingetroffen. In einer sehr seltenen Geste wurde der Papst von US-Präsident Barack Obama, dessen Frau Michelle und beiden Töchtern auf der Luftwaffenbasis Andrews nahe Washington persönlich auf dem Rollfeld abgeholt, außerdem waren Vizepräsident Joe Biden und seine Frau dort. Begeisterte Gläubige jubelten und klatschten, als der 78-jährige Argentinier das Flugzeug verließ. Während Staatsgäste in den USA meist in schweren Limousinen durch die Hauptstadt chauffiert werden, ließ sich der Papst in einem Fiat-Kleinwagen zur Apostolischen Nuntiatur bringen, der diplomatischen Vertretung des Vatikan.
Nach seiner viertägigen Reise durch Kuba führt sein Besuch Franziskus bis einschließlich Sonntag auch nach New York und Philadelphia. Der 78-Jährige war noch nie in den USA. Er ist erst der vierte Papst, der die USA besucht.
Am Mittwoch ist ein offizielles Treffen zwischen Obama und Franziskus im Weißen Haus geplant. Anschließend will sich der Papst den Gläubigen bei einer Fahrt durch die Innenstadt von Washington zeigen, ehe er ein Gebet mit den katholischen US-Bischöfen in der St.-Matthäus-Kathedrale abhält. Am Nachmittag will Franziskus in einer Messe den Missionar Junipero Serra heiligsprechen, der im 18. Jahrhundert den Katholizismus nach Kalifornien brachte. Bei der indianischen US-Bevölkerung stößt die Heiligsprechung wegen der oft gewaltsamen Bekehrung der amerikanischen Ureinwohner auf Kritik.
Erster Pontifex vor dem US-Kongress
Franziskus kam direkt aus Kuba. In dem sozialistischen Land hatte er für die versöhnende Kraft der Kirche geworben. Er wünsche sich eine Kirche, "die aufbricht, um Brücken zu spannen, Mauern zu durchbrechen und Versöhnung auszusäen", sagte der Argentinier in Santiago de Cuba. Bei einem Treffen mit Familien in der Kathedrale von Santiago betonte der Papst, wie wichtig der familiäre Zusammenhalt sei: "Ohne Familie, ohne die häusliche Wärme wird das Leben leer, beginnen die Netze zu fehlen, die uns im Unglück unterstützen, uns im Alltag versorgen und das Ringen um Wohlergehen motivieren." Der Vatikan spielte eine Schlüsselrolle bei der diplomatischen Annäherung zwischen den USA und Kuba, für deren Fortführung Franziskus in Kuba warb.
Mit Spannung wird erwartet, ob sich Franziskus auch zu dem seit 55 Jahren bestehenden US-Handelsembargo gegen Kuba äußern wird. Es soll zwar gelockert, aber nicht komplett aufgehoben werden. Kubas Staatschef Raúl Castro nannte das Embargo im Beisein des Papstes "grausam". Während des Fluges in die USA deutete der Papst jedoch an, er wolle das US-Embargo nicht ansprechen. "Das ist Teil der Verhandlungen", sagte er. In seiner Ansprache vor dem Kongress werde es generell um "binationale und multinationale Vereinbarungen" gehen. Franziskus wird am Donnerstag als erster Pontifex vor dem US-Kongress sprechen.
Der Papst sei mit dem bisherigen Verlauf der Reise "sehr zufrieden", sagte sein Sprecher Federico Lombardi. Franziskus pochte in Kuba auf mehr religiöse Freiheit. Er nannte ideologiegetriebene Politik einen falschen Weg: "Man dient nicht Ideen, sondern man dient den Menschen." Zur Enttäuschung von Oppositionellen gab es jedoch kein Treffen zwischen ihnen und dem Pontifex. Franziskus sei bereit dafür gewesen, aber die Begegnung sei gescheitert, erklärte Lombardi. Zwei oppositionelle Frauen, die von der Kirche zu einer Begegnung mit dem Papst in der Kathedrale von Havanna eingeladen waren, kamen in Gewahrsam. Während des Besuchs wurden nach Angaben von Oppositionellen rund 50 Dissidenten vorübergehend festgenommen oder unter Arrest gestellt.
Quelle: ntv.de, asc/dpa/AFP