Politik

Konkurrenz für Putin Oligarch Prochorow tritt an

Prochorow will eine neue politische Bewegung gründen.

Prochorow will eine neue politische Bewegung gründen.

(Foto: dpa)

Schon vor Monaten macht Russlands Regierungschef Putin klar, dass er wieder Präsident werden will und bei der Wahl im nächsten Jahr antritt. Nun allerdings muss er mit Konkurrenz rechnen: Der Milliardär Prochorow will ebenfalls kandidieren. Er möchte mit dem jüngst entlassenen Finanzminister Kudrin eng zusammenarbeiten.

Knapp drei Monate vor der Präsidentenwahl in hat der Oligarch Michail Prochorow überraschend seine Kandidatur angekündigt. Er strebe die Zulassung zum Urnengang am 4. März 2012 an, sagte der 46-Jährige nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Bei der Wahl kandidiert auch Regierungschef Wladimir Putin.

Prochorow gehört zu den reichsten Menschen Russlands.

Prochorow gehört zu den reichsten Menschen Russlands.

(Foto: dapd)

Der Multimilliardär war im September im Streit mit dem Kreml nach nur kurzer Zeit als Vorsitzender der Mittelstandspartei Gerechte Sache abgetreten. Jetzt kündigte er die Gründung einer neuen politischen Bewegung an.

Zugleich sprach sich Prochorow erneut für die Freilassung des Kremlkritikers und Ex-Ölmanagers aus. Außerdem hält er nach eigenen Angaben eine Zusammenarbeit mit dem unlängst entlassenen Finanzminister Alexej Kudrin für möglich. Dieser kündigte eine mögliche Rückkehr in die Politik auf der Seite der Opposition an. Er sei bereit, sich an der Gründung einer liberalen und demokratischen Bewegung zu beteiligen, sagte er der Zeitung "Wedomosti".

Prochorow ist Chef des Investmentfonds Onexim, gilt aber politisch als widersprüchliche Figur. So schrieb er gerade erst in einem Internetblog angesichts der Proteste gegen die umstrittene Duma-Wahl, dass Putin im Moment der einzige Politiker sei, der den "ineffektiven Staatsapparat" lenken könne.

Als Onexim-Chef befasste sich Prochorow bisher mit Aluminium- und anderen Metallgeschäften, Energie und Finanzen sowie mit Medien und Nanotechnologien. Sein Vermögen wird auf 18 Milliarden Dollar (12,7 Milliarden Euro) geschätzt. Nach Angaben des Finanzmagazins "Forbes" belegt er damit Platz drei auf der Liste der reichsten Russen.

Hohn und Spott im Internet

Die Prüfung der Betrugsvorwürfe nach der Parlamentswahl in Russland wird nach Einschätzung des Kreml nichts am Wahlergebnis ändern. Auch die Rechtmäßigkeit der Wahl werde nicht in Frage gestellt, erklärte der Sprecher von Regierungschef Wladimir Putin, Dmitri Peskow.

Die Klagen über Wahlbetrug stellten "in keiner Weise" die Rechtmäßigkeit der Wahl oder das Gesamtergebnis in Frage, sagte Peskow. Selbst wenn alle "angeblichen" Behauptungen über Manipulationen zusammengerechnet und vor Gericht bewiesen würden, seien insgesamt nur rund 0,5 Prozent der abgegebenen Stimmen betroffen.

Die Opposition fordert Neuwahlen.

Die Opposition fordert Neuwahlen.

(Foto: dapd)

Angesichts der größten Demonstrationen seit dem Ende der Sowjetunion am Samstag in Russland hatte Präsident Dmitri Medwedew eine Prüfung der Betrugsvorwürfe zugesagt. Obwohl er mit den Parolen und Erklärungen der Demonstrationen nicht übereinstimme, habe er angeordnet, sämtlichen Berichten über Verstöße nachzugehen, kündigte Medwedew am Sonntag im Internet-Netzwerk Facebook an.

Bis Montagmorgen gab es bereits mehr als 10.000 Antworteinträge auf Medwedews Facebookseite, die von Sarkasmus und Wut geprägt waren. "Feigling, Feigling und nochmal Feigling!", schrieb Blogger Sergej Slaikowski. Viele wiesen ironisch darauf hin, dass zu den von Medwedew zurückgewiesenen Demonstrationsparolen auch der Satz "Für gerechte Wahlen" zählte. "Der russische Präsident findet, dass Wahlen nicht gerecht sein sollten? Das ist schade", schrieb Michail Noskow.

Auch die Opposition wies Medwedews Ankündigung als unzureichend zurück. "Wir trauen Medwedews Worten nicht", sagte Sergej Obuchow von der Kommunistischen Partei. Der liberale Oppositionsvertreter und einstige Regierungschef Boris Nemzow bezeichnete Medwedews Ankündigung als "Farce". Die Chefin der Wahlbeobachtungsgruppe Golos, Lilija Schibanowa, erklärte, die Untersuchung werde "kein Ergebnis" liefern.

Zehntausende auf der Straße

Sicherheitskräfte gingen in Moskau hart gegen Demonstranten vor.

Sicherheitskräfte gingen in Moskau hart gegen Demonstranten vor.

(Foto: dpa)

Das umstrittene Ergebnis der Parlamentswahl vor gut einer Woche hatte am Samstag zehntausende Russen zu Protesten auf die Straßen getrieben. Allein in Moskau forderten nach unabhängigen Schätzungen bis zu 80.000 Demonstranten Neuwahlen und den Rücktritt von Regierungschef Putin. Die Opposition wirft dem Kreml Wahlfälschung zugunsten der Regierungspartei Einiges Russland vor, die trotz schwerer Verluste eine absolute Mehrheit im Parlament erreichte. Am 24. Dezember soll es eine weitere Massendemonstration geben.

Der Gouverneur der nordwestrussischen Region Wologda, Wjatscheslaw Posgalew, reichte unterdessen angesichts des "schlechten" Wahlergebnisses der Regierungspartei in seiner Region von 34,4 Prozent seinen Rücktritt ein.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag beantragte indes eine Aktuelle Stunde zur Situation in Russland. "Sollten diese Untersuchungen die Wahlfälschungsvorwürfe bestätigen, muss es unverzüglich Neuwahlen geben", forderte der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck. Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi sprach sich in der Zeitung "Die Welt" für Neuwahlen aus.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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