Steinmeier: Größe Herausforderung Osteuropa lehnt Flüchtlingsquote ab
11.09.2015, 13:17 Uhr
Ungarns Außenminister Peter Szijjarto vor dem Treffen mit seinem Kollegen Frank-Walter Steinmeier, dem Slowaken Miroslac Lajcak, dem Tschechen Lubomír Zaoralek und Rafal Trzaskowski aus Polen (v.l.n.r.).
(Foto: picture alliance / dpa)
Wenige Tage vor dem Treffen der EU-Innenminister zu Beratungen über die Verteilung von Flüchtlingen stellen sich vor allem die osteuropäischen Länder weiter quer. Sie verweigern sich der Quoten-Regelung der EU.
Die osteuropäischen Länder der Visegrad-Gruppe haben einer EU-Quote zur Verteilung von Flüchtlingen erneut eine Absage erteilt. "Wir sind überzeugt, dass wir als Länder die Kontrolle über die Zahl der Flüchtlinge haben sollten, die wir bereit sind aufzunehmen", sagte der tschechische Außenminister Lubomir Zaoralek in Prag. Zuvor hatte er mit seinen Kollegen aus Ungarn, der Slowakei und Polen sowie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) über die Flüchtlingskrise beraten.
Auch Rumänien hatte die Pläne bereits abgelehnt. "Wir glauben, dass das keine Lösung ist", hatte Präsident Klaus Iohannis gesagt. Es sei "unangemessen, über verpflichtende Quoten zu sprechen, die auf einer extrem bürokratischen Grundlage berechnet werden".
Während Deutschland und andere Länder auf eine "faire" Verteilung von Flüchtlingen in der EU dringen, lehnen die vier Visegrad-Staaten die von Brüssel vorgeschlagenen Quoten vehement ab. Deutschland erwartet im laufenden Jahr etwa 800.000 neue Flüchtlinge.
Wohl größte Herausforderung der EU-Geschichte
Steinmeier bezeichnete die Flüchtlingskrise als "die wahrscheinlich größte Herausforderung für die Europäische Union in ihrer Geschichte". Kein Land könne diese allein lösen. "Wir sind hier auf europäische Solidarität angewiesen." Es müsse nicht nur eine Lösung gefunden werden für Flüchtlinge, die bereits nach Europa gereist seien. "Wir müssen uns auch verständigen über einen gerechten Verteilungsmechanismen für diejenigen, die noch auf dem Weg sind", sagte der SPD-Politiker.
Steinmeier sprach sich außerdem für eine "effizientere Rückführungspolitik auf europäischer Ebene" und einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen aus. Zugleich warnte er vor "radikalen" Lösungen. Durch eine vollkommene Abriegelung der Außengrenzen würde Europa seine Werte verraten, sagte er. Es könne aber auch nicht allen Menschen Zuflucht gewährt werden. "Die Folge davon wäre: Wir würden die Akzeptanz in unseren eigenen Bevölkerungen verlieren."
In den Herkunftstaaten der Flüchtlinge müssten Gerüchte entkräftet werden, wonach "jeder entweder ein Recht auf Asyl oder eine Garantie auf einen Arbeitsplatz hat", sagte Steinmeier. "Schlepperorganisationen arbeiten gezielt mit solchen Gerüchten, um Menschen auf eine gefährliche Reise zu schicken. Wir müssen die Gerüchte richtigstellen, und wir müssen Schlepperorganisationen bekämpfen."
Juncker appellierte an Mitglieder
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte in seiner Rede zur Lage der EU indirekt Ungarn und Tschechien für ihre Haltung in der Flüchtlingsfrage kritisiert und sie dran erinnert, dass Bürger der Länder nach den Aufständen 1946 und 1968 auchSolidarität erfahren hätten.
Die EU will insgesamt 160.000 Flüchtlinge mithilfe eines Quotensystems auf die Mitgliedsstaaten der EU verteilen. Bislang nehmen neben Deutschland Österreich und Schweden die meisten Menschen auf. Am Montag beraten die EU-Innenminister die Lage. Sollte es dabei zu keiner Lösung kommen will Ratspräsident Donald Tusk einen EU-Sondergipfel einberufen.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP